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Die erste Nacht - Roman

Die erste Nacht - Roman

Titel: Die erste Nacht - Roman
Autoren: Marc Levy
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die Analyse konfrontiert hat. Alle lebenden Organismen enthalten Zellen, die einfachsten nur eine, der menschliche Körper hingegen rund hundert Billionen, und all jene Zellen sind nach demselben Modell gebaut, das heißt ausgehend vor allem von zwei Grundelementen: Nukleinsäuren und Proteine. Diese Bausteine des Lebens wiederum entstehen durch eine chemische Reaktion verschiedener Elemente - Kohlenstoff, Stickstoff, Wasserstoff, Sauerstoff - im Wasser. Das sind die Gewissheiten über die Entstehung von Leben - aber wie hat alles angefangen? Auf diese Frage geben die Wissenschaftler zwei verschiedene Antworten. Entweder ist das Leben durch eine Reihe komplexer Reaktionen auf der Erde entstanden, oder Elemente aus dem All haben den Prozess des Lebens auf der Erde in Gang gebracht. Alle Lebewesen entwickeln sich weiter und nicht zurück. Wenn die DNA deiner äthiopischen Eva genmanipulierte Allele enthält, ist ihr Körper sozusagen weiter entwickelt als der unsere, was unmöglich ist, außer …«

    »Außer was?«
    »Außer deine Eva wäre auf der Erde gestorben, aber nicht hier geboren worden …«
    »Das ist unvorstellbar!«
    »Wenn Walter hier wäre, würde ihn das, was du da sagst, wütend machen.«
    »Adrian, ich habe nicht zehn Jahre meines Lebens damit verbracht, das fehlende Kettenglied zu finden, um jetzt meinesgleichen zu erklären, der erste Mensch sei von einem anderen Planeten gekommen.«
    »Während wir hier reden, haben sich sechs Astronauten in der Nähe von Moskau in einer Blechkammer einschließen lassen, um die Reise zum Mars zu simulieren. Ich erfinde nichts. Noch ist keine Rakete am Himmel, es handelt sich ausschließlich um ein Experiment, das von der Europäischen Raumfahrtbehörde und dem Russischen Institut für Biomedizin durchgeführt wird, um die Fähigkeit des Menschen zu langen Reisen im All zu testen. Dieses Forschungsprojekt namens Mars 500 soll in vierzig Jahren in die Tat umgesetzt werden. Aber was sind in der Geschichte der Menschheit schon vierzig Jahre? Sechs Astronauten werden im Jahr 2050 zum Mars fliegen, so wie hundert Jahre vor ihnen jene, die als Erste den Fuß auf den Mond gesetzt haben. Jetzt stell dir mal folgendes Szenario vor: Wenn nun einer von ihnen auf dem Mars sterben würde, was täten die anderen deiner Meinung nach?«
    »Seine Essensration verputzen!«
    »Keira, ich bitte dich, sei doch mal zwei Minuten ernst!«
    »Tut mir leid, die Tatsache, eingesperrt zu sein, macht mich nervös.«
    »Ein Grund mehr, dich ablenken zu lassen.«
    »Ich weiß nicht, was die anderen tun würden, ihn begraben vermutlich.«

    »Genau! Ich bezweifele, dass sie Lust hätten, die Rückreise mit einer verwesenden Leiche an Bord anzutreten. Also bestatten sie ihn. Doch unter dem Marsstaub treffen sie auf Eis, wie bei den sumerischen Gräbern auf dem Man-Pupu-Nyor-Hochplateau.«
    »Nicht ganz«, korrigierte Keira. »Die sind zwar dort beerdigt worden, aber es gibt in ganz Sibirien viele Eisgräber.«
    »Also wie in Sibirien … Unsere Astronauten begraben ihren toten Gefährten mit einer Markierung und einer Blutprobe.«
    »Warum das?«
    »Aus zwei bestimmten Gründen. Zum einen, um das Grab lokalisieren zu können, auch falls Stürme die Landschaft verwüsten, zum anderen, um später mit Sicherheit die Identität dessen feststellen zu können, der dort ruht … Das Team fliegt zurück, ganz so wie die Astronauten, die als Erste den Mond betreten haben. Was ich gerade ausgeführt habe, hat in wissenschaftlicher Hinsicht nichts Außergewöhnliches, wir haben ja innerhalb eines Jahrhunderts auch gelernt, immer weitere Strecken im All zurückzulegen. Zwischen Ader, der den ersten motorisierten Flug in der Menschheitsgeschichte durchführte, und Armstrong, der die ersten Schritte auf dem Mond getan hat, liegen nur achtzig Jahre. Der Fortschritt, das technische Wissen, dessen es bedurfte, um vom ersten kleinen Flug zum Start einer Rakete zu gelangen - das heißt mehrere Tonnen der Erdanziehung zu entreißen -, ist unvorstellbar. Gut, zurück zu unserem Fall: Das Team ist auf die Erde zurückgekehrt, ihr Kollege ruht im Eis des Mars. Dem Universum ist das ganz egal, seine Expansion geht weiter, die Planeten unseres Sonnensystems kreisen um ihren Zentralstern, der sie mehr und mehr erwärmt. In einigen Millionen Jahren - was in der Geschichte des Universums nicht viel ist - ist der Mars so warm geworden, dass das Eis schmilzt. Nun beginnt die Leiche unseres
Astronauten zu verwesen. Es heißt,
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