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Die Erscheinung

Titel: Die Erscheinung
Autoren: Danielle Steel
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Wände schlagen, irgendjemanden schütteln. Warum tat sie ihm das an? Wieso musste dieses Arschloch auftauchen und alles zerstören, was Carole und Charlie jemals erträumt hatten? Aber im Grunde seines Herzens wusste er, dass er Simon nichts verübeln durfte. Also waren er selbst und Carole für das Ende der Beziehung verantwortlich. Und er nahm den Großteil der Schuld auf sich. Irgendetwas musste er getan haben, das Carole in die Arme eines anderen getrieben hatte. Schon vor über einem Jahr sei es geschehen, hatte sie gestanden, in Paris, bei der gemeinsamen Arbeit an einem Prozess.
    Simon St. James war der Seniorpartner in ihrer Anwaltskanzlei, und sie arbeitete sehr gern mit ihm zusammen. Manchmal lachte sie über ihn und erzählte, wie clever er war, wie mühelos er Frauenherzen betörte. Er war schon dreimal verheiratet gewesen und hatte mehrere Kinder. Weltgewandt, attraktiv und charmant, eroberte der 61-jährige Mann die zweiundzwanzig Jahre jüngere Carole. Es war sinnlos, ihr zu erklären, er könnte ihr Vater sein. Das wusste sie, und sie sah auch ein, wie verrückt sie sich benahm, was sie Charlie antat. Sie hatte ihn nicht verletzen wollen - es war einfach geschehen.
    Bei der ersten Begegnung war sie neunundzwanzig gewesen - eine schöne, hochintelligente, erfolgreiche Anwältin, die für eine Kanzlei in der Wall Street gearbeitet hatte - und Charlie zweiunddreißig. Eine Zeit lang trafen sie sich regelmäßig. Doch sie interessierten sich nicht ernsthaft füreinander, als er den Auftrag erhielt, die Londoner Niederlassung des New Yorker Architekturbüros Whittaker & Jones zu leiten. Seit zwei Jahren war er bei dieser Firma angestellt, und nun freute er sich auf seine faszinierende neue Aufgabe.
    Aus einer Laune heraus flog Carole nach London und besuchte ihn. Sie hatte nicht vor zu bleiben. Aber sie verliebte sich in die Stadt und dann in ihn. Hier war alles anders, viel romantischer. Wann immer es möglich war, verbrachte sie ein Wochenende bei Charlie. Manchmal fuhren sie in Davos, Gstaad oder St. Moritz Ski. Während Caroles Vater in Frankreich gearbeitet hatte, war sie in der Schweiz zur Schule gegangen, und sie kannte immer noch viele Leute in ganz Europa, wo sie sich wie zu Hause fühlte. Sie sprach fließend Deutsch und Französisch, passte perfekt zur Londoner Gesellschaftsszene, und Charlie bewunderte sie maßlos. Nachdem sie sechs Monate lang hin und her geflogen war, trat sie einen Job im Londoner Büro einer amerikanischen Anwaltskanzlei an. Sie kauften einen alten Wagenschuppen in Chelsea und führten ein wundervolles Leben. Fast jeden Abend tanzten sie zuerst im Annabel's, und sie entdeckten all die ungewöhnlichen Londoner Restaurants, Antiquitätenläden und Nachtclubs. Es war einfach himmlisch.
    Um den völlig verfallenen Wagenschuppen in Stand setzen zu lassen, brauchten sie fast ein Jahr. Danach sah er spektakulär aus. Liebevoll richteten sie ihn mit den Schätzen ein, die sie inzwischen gesammelt hatten. Immer wieder waren sie aufs Land gefahren, um alte Türen und andere originelle Antiquitäten aufzustöbern. Nachdem sie England erforscht hatten, flogen sie an den Wochenenden nach Paris. Zwischen den verschiedenen Geschäftsreisen fanden sie endlich Zeit, um zu heiraten und die Flitterwochen in Marokko zu verbringen - in einem Palast, den Charlie gemietet hatte. Was immer sie unternahmen, es war stilvoll, amüsant und aufregend. Sie zählten zu den Leuten, die jeder kennen wollte, gaben fantastische Partys und freundeten sich mit vielen prominenten Persönlichkeiten an. Aber Charlie war am liebsten mit Carole allein. Alles an ihr fand er hinreißend - das blonde Haar, den schlanken, wie aus weißem Marmor gemeißelten Körper, das glockenhelle Lachen, die tiefe erotische Stimme. Wenn er hörte, wie sie seinen Namen aussprach, erschauerte er nach zehn Jahren immer noch.
    Mit ihrer Ehe, ihrer Lebensweise und ihren Karrieren waren beide restlos glücklich und zufrieden. Sie wünschten sich keine Kinder. Darüber sprachen sie mehrmals. Denn der Zeitpunkt erschien ihnen immer ungeeignet. Carole hatte zu viele wichtige, anspruchsvolle Klienten, die sie als ihre »Kinder« betrachtete. Ihrem Mann machte das nichts aus. Eine kleine Tochter, die ihr glich, würde ihm zwar gefallen, aber weil er Carole so sehr liebte, wollte er sie eigentlich mit niemandem teilen. Sie hatten niemals definitiv beschlossen, keine Kinder zu bekommen, und das Thema in den letzten fünf Jahren immer seltener
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