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Die Erscheinung

Titel: Die Erscheinung
Autoren: Danielle Steel
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Porzellan und die Couch und die Bettwäsche? Er wollte nur
sie
und alles, was sie gemeinsam besessen hatten, das einstige Glück. Was sie ihm erklärt hatte, verstand er nach wie vor nicht. »Und wenn wir ein Baby hätten?« Irgendwie nahm er an, Simon wäre zu alt, um auch nur daran zu denken. Mit einundsechzig, nach drei Ehen, als Vater mehrerer Kinder würde er sich wohl kaum noch ein Baby wünschen. Also gab es etwas, das er Carole nicht bieten konnte. Im Gegensatz zu Charlie.
    Die Augen geschlossen, schwieg sie sehr lange, bevor sie genug Mut aufbrachte, um zu antworten. Sie wollte kein Baby von ihm. Von niemandem. Der Verzicht auf die Mutterschaft war ihr stets sehr leicht gefallen, weil sie ihre Karriere vorgezogen hatte, und nun gehörte vor allem auch Simon zu ihrem Leben. An ein Baby verschwendete sie keinen einzigen Gedanken. Jetzt strebte sie nur noch ein einziges Ziel an - die Scheidung von Charlie, damit sie endlich getrennte Wege gehen würden, ohne einander noch schmerzlicher zu verletzen. »Dafür ist es zu spät, Charlie. Außerdem wollten wir beide kein Baby.«
    »Vielleicht war das falsch. Wenn wir ein Kind hätten, wären wir enger miteinander verbunden.«
    »Nein, es würde alles noch komplizieren.«
    »Wirst du mit ihm ein Baby bekommen?« Er hasste die Verzweiflung, die in seiner Stimme mitschwang. Verdammt, warum spielte er die Rolle des armen Bittstellers, der die schöne Prinzessin anflehte, sie möge zu ihm zurückkehren? Aber was sollte er ihr sonst sagen? Wenn er sie veranlassen könnte, Simon aufzugeben, würde er sich nur zu gern demütigen.
    »Nein«, erwiderte sie ärgerlich, »ich werde kein Baby von ihm kriegen. Ich versuche mein eigenes Leben zu führen, zusammen mit ihm. Und in deinem Leben möchte ich nicht mehr Unheil anrichten als unbedingt nötig. Warum lässt du mich nicht einfach gehen, Charlie? Solche Dinge passieren nun mal. Wie Todesfälle. Dagegen sind wir machtlos. Wir können die Zeit nicht zurückdrehen, um einen Verstorbenen wiederzubeleben - und unsere Ehe auch nicht. Von jetzt an musst du ohne mich zurechtkommen.«
    »Das kann ich nicht.« Beinahe erstickte er an diesen Worten, und sie ahnte, wie er sich fühlte. Vor einer Woche war sie ihm zufällig begegnet, und er hatte grässlich ausgesehen -erschöpft und bleich, aber seltsamerweise immer noch attraktiv. Sogar in seinem Elend. »Ohne dich kann ich nicht leben, Carole.«
    Was am allerschlimmsten ist, dachte sie, er glaubt daran. »Doch, das kannst du, weil du's musst.«
    »Warum?« In diesen Tagen sah er keinen Grund, wieso er weiterleben sollte. Die geliebte Frau verließ ihn, der Job langweilte ihn, und er wollte nur allein sein. Sogar das Haus, das ihm früher so viel bedeutet hatte, verlor seinen Reiz.
    Trotzdem wollte er es nicht verkaufen. Zu viele Erinnerungen hafteten in diesen Räumen, zu viel von Carole. Niemals würde er das Bedürfnis verspüren, sie zu vergessen. Und was er sich wünschte, blieb ihm verwehrt. Was er einst besessen hatte, was jetzt Simon gehörte, diesem Bastard …
    »Mit deinen zweiundvierzig Jahren bist du zu jung, um dich so aufzuführen, Charlie. Dein Leben liegt noch vor dir. Denk an deine Karriere, dein Talent. Du wirst eine andere Frau kennen lernen und vielleicht Kinder bekommen.« Was für ein sonderbares Gespräch, dachte Carole. Aber irgendwie musste sie ihn beruhigen.
    Wie sie wusste, ärgerte sich Simon über ihre Telefonate mit Charlie. Nach seiner Meinung sollten sie einfach ihr Eigentum aufteilen, sich scheiden lassen und ein neues Leben anfangen. Er hielt Charlie für einen schlechten Verlierer, der überflüssigen Druck auf Carole ausübte, und das machte er ihr unmissverständlich klar. »Irgendwann muss sich fast jeder Mensch mit solchen Problemen herumschlagen. Als mich meine beiden ersten Ehefrauen verließen, lag ich
nicht
ein Jahr am Boden, und ich bekam keinen einzigen Wutanfall. Der Bursche ist viel zu verwöhnt.« Meistens vermied sie es, mit Simon über Charlie zu reden. Sie musste ihre Schuldgefühle und die inneren Konflikte allein verarbeiten. Natürlich wollte sie nicht zu ihrem Mann zurückkehren. Aber er sollte auch nicht mit gebrochenem Herzen im tiefsten Unglück versinken. Sie hatte ihm sehr wehgetan, und nun wusste sie nicht, wie sie sich verhalten musste, um das wieder gutzumachen und einen möglichst sanften Schlussstrich zu ziehen. So sehr sie sich auch bemühte, ihm die Situation zu erleichtern -er weigerte sich ganz einfach, sie
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