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Die Elfen

Die Elfen

Titel: Die Elfen
Autoren: Bernhard Hennen , James Sullivan
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konnte, was geschehen ist.« Sie wandte sich an Farodin. »Gib mir den Sand aus deiner Silberflasche!«
    Er holte das Fläschchen hervor, und Emerelle öffnete den Deckel des Glases. Farodin entleerte das Silberfläschchen über dem Stundenglas, und der feine Sand rieselte hinab. Dann steckte er das Fläschchen fort und sah zu, wie die Königin den Deckel wieder auf das Stundenglas setzte.
    Emerelle sprach: »Es fehlt noch viel Sand. Doch ihr werdet den Rest nicht benötigen, um das Tor zu öffnen. Dies wird die Zauberbarriere brechen. Ihr beiden und Noroelle werdet die letzten Albenkinder in der Anderen Welt sein. Sucht euren Schicksalspfad. Doch handelt nicht töricht. Denn wenn ihr sterbt, werdet ihr nicht bei uns wiedergeboren. Das Mondlicht aber ist für euch in der Anderen Welt erreichbar. Strebt danach! Sucht eure Bestimmung!« Die Königin hielt Farodin das Glas hin.
    Mit zitternden Händen nahm Farodin das Stundenglas entgegen. Er tauschte einen Blick mit Nuramon, der noch immer wie erstarrt war. »Wir danken dir, Emerelle!«, war alles, was Farodin hervorbrachte. Er warf einen letzten Blick zu Giliath und Orgrim, mit dem ihn nicht länger der Wunsch nach Rache verband. Sie lächelten ihm zu, und der Trollkönig winkte gar mit seinen gewaltigen Armen.
    »Geht! Die Pfade in die Andere Welt sind fast verblasst. Ihr müsst jetzt aufbrechen, oder ihr müsst für immer bleiben.«
    Nuramon legte Farodin die Hand auf die Schulter. »Komm!« Sein Gefährte blickte ihn an und nickte mit einem Schmunzeln. Dann schritten sie Seite an Seite voran ins Licht. Nuramon hatte sich vorgenommen, nicht mehr zurückzublicken, doch als er vom Licht umgeben war, konnte er nicht anders, als über die Schulter zu sehen. Da standen sie und lächelten ihnen zu: Emerelle und Yulivee, Obilee, Nomja, ihre Verwandten und Wengalf. An Mandreds Grab war Xern, der ihm würdevoll hinterherschaute. Nuramon wollte all diese Gesichter für immer im Gedächtnis behalten. Langsam verblasste die Lichtung hinter ihm, und damit verschwanden all jene, die er lieb gewonnen hatte. Zurück blieb nur das Weiß des Tores, durch das er schritt. Seine Augen würden Albenmark nie wiedersehen.

DAS MONDLICHT

    Sie warteten auf die Ebbe. Farodin saß an einen Baum gelehnt, Nuramon auf dem Stein, an dem die Königin einst das Stundenglas zerschlagen hatte. Und beide ließen sie die zurückliegenden Jahre an sich vorüberziehen.
    Farodin dachte an das letzte Mal, da er Noroelle gesehen hatte. Sie war so ängstlich gewesen und hatte gefürchtet, ihnen könnte etwas geschehen. Wer hätte damals schon geglaubt, dass sie es war, der etwas zustoßen könnte?
    Nuramon blickte weit zurück auf die Anfänge seines Daseins, das so viele Leben gesehen hatte. Er erinnerte sich daran, ein Kampfgefährte der Königin gewesen zu sein, der Vater von Gaomee und der Freund Alwerichs und Wengalfs. Doch nichts bedeutete ihm mehr als dieses Leben. So glänzend manche der früheren Ereignisse auch schienen, nichts konnte ihn so sehr berühren wie die letzten Jahre.
    Farodin strich mit der Hand über das Stundenglas, das neben ihm ruhte. »Wir waren so wenige Jahre unterwegs, und doch erscheint es mir wie eine Ewigkeit«, sagte er leise.
    Nuramon lächelte. »Ich habe fünfzig Jahre auf dich und Mandred gewartet. Für mich war es eine viel längere Zeit, als du glaubst.«
    »Mandred!«, sprach Farodin und ließ den Blick ins Leere fahren. »Ob die Königin Recht hat mit ihrer Vermutung?«
    »Ich glaube, Mandreds Seele ist wie die eines Baumes ins Mondlicht gegangen. Ich wünschte, er wäre hier, am Ende unseres Weges. Ich vermisse ihn… und sein loses Mundwerk.« Nuramon würde nie vergessen, wie Mandred seinen Sohn Alfadas mit Axtübungen gequält hatte oder wie er in Iskendria den Weinkeller in Beschlag genommen hatte.
    Nuramon seufzte und starrte ins Wasser. »Ich habe Angst. Was wird uns drüben erwarten?«
    »Ich weiß es nicht«, entgegnete Farodin. »Ich kann nur hoffen, dass Noroelle nicht zu sehr gelitten hat, sondern ihr wundervolles Wesen den Ort jenseits des Tores zum Blühen gebracht hat.« Er hatte sich manches Mal ausgemalt, wie Noroelle wohl in ihrer kleinen Scherbe der Zerbrochenen Welt lebte. Gewiss wartete sie nicht auf sie, sondern hatte sich mit ihrer Lage abgefunden.
    Nuramon starrte auf die Muscheln und dachte an das letzte Mal, da sie beide dort gestanden hatten. Sie waren jämmerlich an der Macht der Barriere gescheitert. Nun aber würde sie nichts mehr
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