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Die Elfen

Die Elfen

Titel: Die Elfen
Autoren: Bernhard Hennen , James Sullivan
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staunten. So mächtig war der Torzauber ihrer Liebsten!
    Noroelle atmete die Luft tief ein. »Es ist wunderschön.« Sie sah das Stundenglas, das im Muschelkreis stand, nahm es auf und ging voraus zur Insel. Am Stein blieb sie stehen und schaute zum Albenstern zurück. »Hier stand die Königin, als sie das Tor öffnete und mich fortschickte.« Sie zerschlug das Stundenglas an dem Stein. Das Glas zerbrach, und der Sand verteilte sich. »Nun schließt sich auch dieser Kreis.« Sie deutete zum Wald. »Dort auf der kleinen Lichtung hat Emerelle mir gesagt, dass ich jede Hoffnung vergessen soll. Ich würde alles verlieren, selbst das Mondlicht. Und sie hat es so liebevoll gesagt, als wäre nicht sie es, die das Urteil über mich sprach. Lasst uns dort hingehen!« Sie schritt voran. Ihre Liebsten nahmen die Taschen auf, die am Waldrand lagen, und folgten ihr.
    Sie erreichten die Lichtung auf der anderen Seite der Insel. Hier hatten Farodin und Nuramon mit ihren Gefährten vor langer Zeit ein Lager aufgeschlagen. Nichts erinnerte mehr daran.
    »Lasst uns hier sitzen«, sagte Noroelle. Sie fasste ihre Liebsten bei den Händen, und gemeinsam ließen sie sich im hohen Gras nieder. »Erzählt mir alles, was ihr erlebt habt. Alles. Ich möchte es wissen.«
    Nuramon holte zwei Barinsteine aus seiner Tasche, die ihm Wengalf letzte Nacht geschenkt hatte, und legte sie ins Gras. Er sah Farodin fragend an, und dieser nickte. Dann begann er mit den Worten: »Als wir durch das Tor bei Atta Aikhjarto schritten und in die Andere Welt kamen, da erkannte ich, wie sehr sich diese Gefilde von unserer Heimat unterscheiden. Die Luft war trübe, und die Dinge schienen auf den ersten Blick nicht zueinander zu passen. Wir fanden die Spur des Mannebers, und als die Nacht kam, da lagerten wir in einem Wald. Und dort begann das Verhängnis .«
    Farodin lauschte den Worten Nuramons und wurde ganz in ihren Bann geschlagen. Sein Gefährte besaß eine Erzählstimme, die mit keiner anderen zu vergleichen war. Er beneidete ihn ein wenig darum. Nuramon schreckte nicht davor zurück, Noroelle die Geschehnisse und Gräuel jener Nacht in allen Einzelheiten zu beschreiben. In Noroelles Gesicht konnte Farodin lesen, wie nahe ihr die Erzählung ging. Sie umfasste den Aquamarin, den sie an der geflochtenen Kette trug, und immer wieder stockte ihr der Atem. Die Erzählung von Farodins Heilung durch Nuramons Hände ließ sie zittern. Und Farodin spürte, wie sehr sein Herz klopfte. Er hatte diese Geschichte so noch nie aus dem Munde seines Gefährten vernommen. Als er von der Rückkehr nach Albenmark sprach und von Obilee und ihrem Empfang auf der Terrasse, fragte Nuramon, wie Farodin diesen Moment wahrgenommen hatte. Und fortan wurde ihre Geschichte ein Wechselspiel zwischen den beiden Gefährten.
    Noroelle hing an jedem Wort, das ihre Liebsten sprachen. Sie lösten einander bald so harmonisch ab, als hätten sie in den letzten Jahrhunderten Tag für Tag ein großes Epos gelernt. Wenn sie von den Leiden erzählten, standen ihr die Tränen in den Augen. Wenn sie von den Eskapaden Mandreds erzählten, da musste sie lachen, selbst wenn sie derb waren und ihre Geliebten Wörter in den Mund nahmen, die sie früher wohl schockiert hätten. Sie erzählten bis spät in die Nacht hinein.
    Nuramon endete mit den Worten: »Die Königin sagte uns, wir drei wären die letzten Albenkinder in der Anderen Welt. Dann schritten wir durch das Tor. Der Pfad nach Albenmark löste sich auf, und mit dem Schritt in die Zerbrochene Welt endete unsere Suche. Und das ist die Geschichte von Noroelle der Zauberin, von Farodin dem großen Recken, von Nuramon der alten Seele und von Mandred Torgridson, dem Menschensohn.«
    Sie schwiegen lange und sahen einander an.
    Noroelle wünschte sich, dieser Augenblick könne ewig währen. Sie ließ die Geschehnisse, die ihre Liebsten geschildert hatten, noch einmal an sich vorüberziehen. »Ich wünschte, ich könnte Mandred danken! Ich habe ihn nur so kurz gesehen, aber eure Worte haben ihn auch zu meinem Gefährten gemacht. Vielleicht steht den Menschen das Mondlicht tatsächlich offen. Und ihr, meine beiden, ihr habt mehr getan, als irgendwer von euch erwarten konnte. Ich gab euch die Steine, um euch vor dem Devanthar zu schützen. Nie und nimmer hätte ich erwartet, dass ihr nach mir suchen und mich befreien würdet.« Sie strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Ich freue mich für euch, denn ihr werdet in Albenmark auf immer Helden sein.
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