Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Elfen von New York

Die Elfen von New York

Titel: Die Elfen von New York
Autoren: Martin Millar
Vom Netzwerk:
Alle um sie herum sahen niedergeschlagen aus. Auch wenn ein paar Feen der Sinn vielleicht nach Krieg stand, war doch den meisten überhaupt nicht danach. Und keine einzige, nicht einmal die kampferprobte Ailsa, hatte die geringste Vorstellung einer Strategie im Kopf.
    »Das Ganze erinnert mich an Bannockburn«, sagte Sheilagh MacPherson und spielte damit auf eine berühmte Schlacht an, in der ein kleines schottisches Heer das viel größere englische besiegt hatte.
    »Allerdings«, stimmte Agnes MacKintosh ihr zu. »Ein großartiger Sieg. Hast du irgendeine Ahnung, wie es dazu kam?«
    »Nicht die geringste. Aber damals hatten die Schotten Robert the Bruce als Anführer, was natürlich eine große Hilfe war. Ich persönlich habe mich nie mit taktischer Kriegsführung befaßt.«
    Das hatten sie alle nicht. Um die Wahrheit zu sagen, verbrachten die schottischen Feen ihre Zeit am liebsten damit, in angenehmer Gesellschaft und angenehmer Umgebung zusammenzusitzen, Musik zu machen und Heidekrautbier und Whiskey zu trinken.
    Und das war ganz in Ordnung so, denn bisher schien das auch die Lieblingsbeschäftigung der englischen Feen gewesen zu sein. Ehe Tala an die Macht kam, wäre es undenkbar gewesen, daß sie ein derart riesiges Heer auf die Beine stellten und in den Krieg zogen.
    »Was ist eigentlich mit diesem König los? Er verhält sich überhaupt nicht so, wie es unter Feen üblich ist.«
    »Wenn ihr mich fragt, ich glaube, das Ozonloch ist schuld«, sagte Agnes. »Ich habe doch immer geahnt, daß die Menschen eines Tages unser Untergang sind.«
    »Großartig«, brummelte Maeve Padraig ins Ohr. »Diese Schotten kommen hier an, prahlen mit ihren drei mächtigen Erbstücken, mit denen sie die Engländer in die Flucht schlagen wollen. Und dann? Dann haben sie eins verschlampt und finden es nicht wieder.«
    An diesem Abend lag eine bedrohliche Atmosphäre über dem Park, ganz anders als die friedliche Aura, die die Feen zuvor hier verbreitet hatten. Seit Talas Armee Aufstellung genommen hatte, war die Zahl der Verbrechen schlagartig gestiegen.
    Die Armee aus Cornwall setzte sich in Bewegung. Die Schar der Parkfeen und ihrer Verbündeten wappnete sich.
    »Hilfe in Sicht«, rief eine kräftige menschliche Stimme. Sie gehörte Magenta, die mit einer kleinen Fiedel in der Hand anmarschiert kam.
    »Frisch repariert. Von meinem lieben Freund Hwui-Yin. Warum habt ihr mir nicht schon viel früher gesagt, daß sie so wichtig für euch ist!«
    Es schien wie ein Wunder. Im allerletzten Moment war die MacPherson-Fiedel aufgetaucht.
    Sheilagh MacPherson strich liebevoll über das Instrument und hatte sofort ein Bild seiner langen Geschichte vor Augen. Plötzlich wußte sie, wie die Fiedel nach Amerika gekommen war. Als man MacPherson den Räuber hängte, brach seiner Meerjungfrau-Geliebten das Herz. Ihr einziger Trost war seine Fiedel, die sie mit sich über die Meere trug.
    Jean MacLeod rollte die Fahne aus. Agnes MacKintosh schwang das Schwert. Sheilagh MacPherson küßte die Fiedel und übergab sie Klein-Maggie MacGowan.
    »Los, Maggie. Du bist die beste Fiedlerin Schottlands. Spiel ›Tullochgorum‹ und schlag den Feind in die Flucht!«
    Maggie nahm die Fiedel und trat in ihrem rot-schwarzkarierten Schottenrock stolz nach vorn.
    Dummerweise hatten ihr Heather und Morag die Schuhbänder zusammengeknotet. Sie fiel flach aufs Gesicht, und die Fiedel zerbrach in tausend Stücke.
    »Wenn wir’s bis zum Grand Central schaffen«, flüsterte Heather, »kriegen wir vielleicht noch den Zug nach Kanada.«
    Der Krankenwagen brauchte lange, bis er sich durch den dichten Verkehr gekämpft hatte. Als Kerry hineingetragen wurde, ging es ihr sehr schlecht. Seit Stunden hatte sie sich ständig erbrochen, und obwohl ihr Magen absolut leer sein mußte, stieg ihr immer noch grüne Flüssigkeit in den Mund, die ihr das Kinn hinuntertröpfelte. Schweiß rann ihr von der Stirn, und ihr Gesicht war totenblaß.
    Als sie schließlich ins St. Vincent’s Hospital eingeliefert und untersucht worden war, eröffnete ihr der Arzt, die Krankheit hätte sich auf den Dünndarm ausgebreitet und es bliebe ihnen keine andere Wahl, als ihn rauszunehmen. Kerry begann zu weinen, denn bei einem früheren Krankenhausaufenthalt hatte man ihr gesagt, falls das geschah, wäre nichts mehr zu machen und sie müsse für immer mit den Kolostomiebeuteln leben.
    Mit dickem, blauem Filzstift malte der Arzt einen Kreis auf die rechte Seite ihres Bauches, dort, wo die Chirurgen das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher