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Die Elfen von New York

Die Elfen von New York

Titel: Die Elfen von New York
Autoren: Martin Millar
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er mit dem Lift zu Kerrys Station hoch, um sich nach ihr zu erkundigen, aber die Operation war sehr langwierig, und die Schwestern konnten ihm noch keine Auskunft geben. Dann fuhr Dinnie wieder in die Kantine hinunter, wobei ihn jedesmal das Gefühl beschlich, er hätte ganz anders auftreten müssen – beispielsweise, die Schwestern laut und entschieden auffordern, ihm nicht länger die Wahrheit zu verschweigen und ihm alles zu sagen, was sie wußten. Von nahem wirkten die Schwestern aber leider so, als wären sie ziemliche Drachen. Wahrscheinlich betrachteten sie es als Muskeltraining, die Patienten den ganzen Tag ins Bett und wieder raus zu hieven. Dinnie blieb höflich, war aber sehr unzufrieden mit sich.
    Nie vergeht die Zeit so langsam wie beim Warten im Krankenhaus, und nach einigen Stunden fühlte sich Dinnie so ausgelaugt wie die hoffnungslosen Fälle in ihren Morgenröcken.
    »Einmal haben wir sie abgewehrt, aber ich glaube nicht, daß es uns ein zweites Mal gelingt.«
    Jean MacLeod, ebenso dunkelhaarig, schön und gefährlich wie die MacLeod-Schwestern, nur größer und noch wilder, hielt trotzig die frisch geflickte grüne Fahne hoch, fest entschlossen, deren magische Kraft zu testen.
    »Zum Teufel mit dem ganzen Quatsch«, knurrte Morag mitten in einem der Verteidigungskarrees. »Können wir nicht einfach abhauen?«
    Den gleichen Gedanken hatte Heather auch gehabt, aber da sie von allen Seiten eingekreist waren, gab es kein Entrinnen.
    »Wir müssen wohl einfach hierbleiben und uns abschlachten lassen.«
    »Ich will mich aber nicht abschlachten lassen. Ich will mich in der Stadt amüsieren. Ich liebe diese Stadt. Ich liebe all die Pizzas und Läden, die rund um die Uhr offen sind, die Konzerte und Nachtclubs und grellen Kleider und schrillen Leute und die riesigen Häusern. Abgesehen von den armen Menschen, die auf der Straße sterben, gefällt mir eigentlich alles hier. Ich gewöhne mich sogar allmählich an den komischen süßen Whiskey.«
    »Ich auch«, sagte Heather. »Obwohl er natürlich an den köstlichen Malzwhiskey, den die MacKintoshs brauen, nicht heranreicht. Wir könnten uns prima amüsieren, wenn diese Idioten sich zur Abwechslung mal friedlich verhalten würden. Hat Kerry eigentlich schon mein Indianer-Stirnband fertig?«
    »Ja, und es steht dir bestimmt spitze, falls du je die Chance bekommst, es zu tragen. Was ist denn das?«
    Talas Armee setzte gerade zum zweiten Angriff an, als über den hoch oben am Himmel immer noch sichtbaren Mondbogen noch mehr Feen anmarschiert kamen.
    »Glaubst du wirklich, daß es funktioniert?« fragte Aelric, der in Aelis' Tasche griff und eine Handvoll Flugblätter nach der anderen abwarf.
    »Bestimmt«, meinte Aelis, die an seiner Seite flog. »Ich bin eine äußerst begabte Agitatorin, wenn ich das mal so sagen darf.«
    »ARBEITER, BEFREIT EUCH!« hieß es auf den Flugblättern, die zu Tausenden aus dem Himmel flatterten.
    Nach der Operation wurde Kerry in ein abgeschiedenes Zimmer gerollt. Die Schwestern informierten Dinnie, daß es doch nicht nötig gewesen war, ihren Dünndarm zu entfernen. Als man sie aufgeschnitten hatte, stellte sich heraus, daß sich die Krankheit nicht so weit ausgebreitet hatte wie befürchtet. Das passierte oft bei der Crohnschen Krankheit: Die Attacken wirkten schlimmer, als sie in Wirklichkeit waren. Also konnte Kerry immer noch auf die Operation hoffen, nach der sie keinen künstlichen Darmausgang mehr brauchte.
    »Aber was für ein schreckliches Trauma!« sagte Dinnie. »Ich fühle mich entsetzlich.«
    »Für sie war es schlimmer«, konterte die Schwester.
    »Wird es ihr jetzt besser gehen?«
    Vielleicht ja, vielleicht nein. Schon morgen, vielleicht schon in zehn Minuten, konnte es wieder losgehen.

42
     
    Dinnie nahm ein Taxi zurück in die 4. Straße, um das Nötigste für Kerry zusammenzupacken. Da er sich um sie sorgte, scherte ihn das Fahrgeld nicht. Liebe versetzt eben Berge. Kerry hatte ihm den Schlüssel gegeben, und er stopfte in ihrer Wohnung hastig ein paar Dinge in eine Tasche, bevor er zu sich rüber lief. Genau in dem Moment, als er das Treppenhaus betrat, fing Cals Premiere an. Ohne sich darum zu kümmern, eilte Dinnie die Treppe hinauf.
    Cals Stück lief genauso katastrophal, wie er erwartet hatte. Die Ersatzschauspieler, die kein einziges Mal geprobt hatten, vergaßen ständig ihren Text. Das Band, das er in aller Eile für die Hintergrundmusik aufgenommen hatte, plärrte den Schauspielern mitten ins Wort.
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