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Die Elfen des Sees

Die Elfen des Sees

Titel: Die Elfen des Sees
Autoren: Monika Felten
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alles bereit ist.«
    Während Lya-Numi wartete, versank die Sonne im Westen als glutrote Scheibe hinter dem Horizont. Von dem Hügel aus war es ein atemberaubendes Schauspiel, das den Himmel in allen Rottönen entflammte. Der feurige Schein brach sich an den Schneeflächen des Ylmazur-Gebirges und ließ die Hänge wie Feuer erglühen, während in den tiefer gelegenen Tälern schon die Schatten der Nacht Einzug hielten.
    Lya-Numi!
    Die junge Elfe zuckte zusammen, als sie ihren Namen hörte. Sie war so in das Farbenspiel vertieft, dass sie alles um sich herum für einen Moment vergessen hatte. Unverzüglich wandte sie sich um und eilte zur Hohepriesterin, die schon im Sattel saß und sie lächelnd erwartete. »Du lernst wirklich sehr schnell«, sagte sie. »Ich bin beeindruckt.«
    »Wie … wie meint Ihr das?« Lya-Numi blieb stehen und schaute Gilraen verwundert an.
    »Ehrlich.« Die Hohepriesterin lachte und deutete auf den freien Platz in ihrem Rücken. »Komm herauf und setz dich. Wir haben noch einen weiten Flug vor uns.«
    Lya-Numi runzelte die Stirn und tat, wie ihr geheißen. Nach den Erlebnissen aus dem Grasland fürchtete sie sich ein wenig vor dem Abflug, aber diesmal schien Rukh nicht darauf aus zu sein, sie zu ängstigen. Er trat an die Kante, breitete die Flügel aus und stieß sich so kräftig vom Boden ab, dass ihm zwei Schläge mit den mächtigen Schwingen genügten, um den Aufwind zu finden, der vom warmen Boden kommend den Steilhang hinaufstieg. In weiten Kreisen gleitend, gewann er an Höhe. Und während Lya-Numi noch ihre Gedanken darauf verwendete, warum die Hohepriesterin sich von ihr beeindruckt gezeigt hatte, trug Rukh sie hinauf in den Sonnenschein und ließ den Hügel und die Sümpfe von Numark weit unter sich zurück.
    Mit kräftigem Flügelschlag brachte der Riesenalp seine Reiterinnen in die Berge und weiter zu den höchsten Gipfeln des Ylmazur-Gebirges. Die Yunktun-Ebene mit ihren ausgedehnten Wiesen und den Wäldern von Daran blieb weit unter ihnen zurück; ein grüner Flickenteppich, durchwirkt von einem schillernden Silberfaden, der den Flusslauf kennzeichnete. Bald tauchten sie in die Wolkendecke ein, die sich am Abend zwischen den Felswänden bildete. Doch ehe Lya-Numi die feuchte Kälte auf der Haut richtig spürte, durchbrach der Riesenalp die Wolken wieder, um den Flug im Licht der letzten Sonnenstrahlen jenseits der Wolken fortzusetzen. Der Anblick, der sich Lya-Numi bot, war atemberaubend. Rotgoldenes Sonnenlicht setzte die schneebedeckten Gipfel in Flammen und ließ die Gletscher in den Tälern wie flüssiges Gold erscheinen.
    Und weiter ging es hinauf, so hoch, dass Lya-Numi in der dünnen Luft Schwierigkeiten mit dem Atmen hatte. Das Gefühl ängstigte sie. Weil aber die Hohepriesterin keine Schwäche zeigte, riss sie sich zusammen und versuchte sich selbst zu beruhigen, indem sie sich sagte, dass Gilraen sie gewiss nicht in Gefahr bringen würde. Nun war sie froh über jedes Kleidungsstück, das ihren Körper vor der beißenden Kälte schützte, die hier oben herrschte. In der mit weichen Federn gefüllten Mulde zwischen den Flügeln des Riesenalps war es zudem angenehm warm, und Rukhs breiter Nacken hielt den schneidenden Wind ab. Obwohl im Westen noch die Reste des Sonnenuntergangs am Himmel zu sehen waren, wurde sie schläfrig. Ihre Gedanken flossen träge, die Augen fielen ihr zu, und nach einigen vergeblichen Versuchen, sie offen zu halten, lehnte sie sich an Gilraens Rücken und überließ sich dem Schlaf.
    Als sie erwachte, zog im Osten der Morgen herauf. Sonnenstrahlen strichen sanft über ihr Gesicht, während das Land unter ihr noch in tiefe Schatten gehüllt lag. Rukh flog etwas tiefer, und Lya-Numi stellte erleichtert fest, dass sie wieder besser atmen konnte. Die schroffen Felsformationen des Ylmazur-Gebirges mit ihren Gipfeln, Graten und Schneefeldern schienen zum Greifen nah, und als die Sonne höher stieg, erstrahlten die schneebedeckten Hänge so gleißend hell, dass Lya-Numi geblendet die Augen schloss.
    Rukh nutzte die Aufwinde, die die Sonne in den Tälern weckte, geschickt aus. Mit Leichtigkeit glitt er durch Täler und Felseinschnitte, überwand Grate, umrundete Felsnadeln und schien dabei einem genau festgelegten Kurs zu folgen.
    Der berauschende Flug und die Schönheit der Landschaft zogen Lya-Numi in den Bann, und sie wünschte, ewig so weiterfliegen zu können. Von der Furcht, die sie noch auf ihrem ersten Flug zum Tempel gespürte hatte, war
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