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Die Elfen des Sees

Die Elfen des Sees

Titel: Die Elfen des Sees
Autoren: Monika Felten
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gekommen. Jemand möchte dich sehen.« Die Stimme ihrer Mutter klang sehr aufgeregt.
    »Besuch?« Dirair! Die Worte ließen Lya-Numi schlagartig alle Müdigkeit vergessen. Das konnte nur Dirair sein. Er ist zurück!, dachte sie mit klopfendem Herzen. Er lebt!
    »Es ist nicht, wie du denkst.« Ihre Mutter schien ihre Gedanken zu erraten. »Gilraen, die Hohepriesterin aus den Sümpfen von Numark, ist mit ihrem Riesenalp gekommen und verlangt nach dir.«
    »Die Hohepriesterin?« Lya-Numi fühlte, wie sich das Hochgefühl und die jäh aufgeflammte Hoffnung binnen eines Herzschlags in nichts auflösten. Die Welt wurde wieder dunkel. Seufzend sank sie zurück auf ihr Lager. Wozu aufstehen, wenn es nicht Dirair war?
    »Lya-Numi, hast du gehört? Die Hohepriesterin möchte dich sehen.« Ihre Mutter ließ nicht locker. Lya-Numi wusste, dass sie so lange vor der Tür stehen würde, bis ihre Tochter herauskam.
    »Und was will sie von mir?«, fragte sie unwirsch.
    »Steh auf, kleide dich an und frage sie selbst«, erwiderte ihre Mutter mit leicht gereiztem Unterton. »Mir hat sie es nicht verraten. Aber beeile dich. Einen so ehrenwerten Gast lässt man nicht warten.«
    »Wo bleibst du denn so lange, Kind?« Lya-Numi fing einen tadelnden Blick ihrer Mutter auf, als sie nach einer in ihren Augen angemessenen Zeitspanne die Hütte ihrer Eltern betrat. Ihren Vater konnte sie nirgends entdecken. Wie immer war er schon früh auf den See hinausgefahren, um zu fischen.
    Ihre Mutter saß mit der hochgewachsenen Elfenpriesterin allein an dem einzigen Tisch in der Hütte. Gilraen blickte auf und musterte Lya-Numi aufmerksam aus ihren ungewöhnlich hellgrauen Augen. Sie hatte den dunkelblauen Reiseumhang nicht abgelegt. Ihr Gesicht war alterslos, aber ihre schlohweißen Haare zeugten davon, dass sie schon viele hundert Sommer gesehen hatte.
    »Ich kam so schnell ich konnte.« Lya-Numi wusste, dass ihre Mutter und auch die Hohepriesterin die Lüge mühelos durchschauten, aber das war ihr gleichgültig. Sie wandte sich der Hohepriesterin zu, neigte ehrerbietig das Haupt und sagte höflich: »Ich grüße Euch, ehrwürdige Gilraen.«
    »Und ich grüße dich – meine Tochter.«
    … meine Tochter. Schon die Art, wie die Hohepriesterin das sagte, jagte Lya-Numi einen Schauder über den Rücken. Obwohl Gilraen ihr zulächelte, spürte sie das Endgültige, das in den Worten mitschwang. In ihrem Magen schien plötzlich ein Stein zu liegen, und sie fragte sich voller Unbehagen, was nun kommen mochte. Es dauerte einen Augenblick, ehe sie sich so weit gefasst hatte, dass sie äußerlich gelassen die Frage stellen konnte, die auch ihre Mutter bewegte. »Was führt Euch hierher?«
    »Ich bin gekommen, dich zu holen.«
    »… zu holen?« Lya-Numi prallte zurück. Die Offenheit der Hohepriesterin raubte ihr fast den Atem.
    »Ihr … Ihr wollt meine Tochter mit Euch nehmen?« Die bestürzte Frage ihrer Mutter verschaffte Lya-Numi etwas Zeit, um sich wieder zu fassen.
    Gilraen nickte.
    »Aber warum?«
    »Weil sie sieht.« Drei Worte, vorgetragen auf eine Weise, als erkläre dies alles. Worte, die wie ein Sturm aus heiterem Himmel über Lya-Numi hereinbrachen und in ihr eine heftige Abwehr heraufbeschworen. Stumm schüttelte sie den Kopf. Ihre Lippen bebten, während es in ihrem Kopf nur Raum für einen Gedanken zu geben schien: Nein! Niemals! Ich gehe nicht fort.
    Der Hohepriesterin entging ihre abweisende Haltung nicht. »Es überrascht mich, dass du es nicht gesehen hast«, hörte Lya-Numi sie wie aus weiter Ferne sagen. »Ich nahm an, du hättest bereits eine Vorahnung. Es tut mir leid, wenn dich meine Worte erschreckt haben, aber selbst wenn ich sie weniger direkt vorgetragen hätte, würde es nichts an der Tatsache ändern, dass es deine Bestimmung ist, mit mir zu kommen.« Sie machte eine kurze Pause und schien etwas zu überlegen, dann fuhr sie fort: »Du bist die, nach der ich viele Sommer lang gesucht habe, die Einzige im ganzen Land, die würdig ist, meine Nachfolge anzutreten.«
    »Lya-Numi … soll Hohepriesterin werden?« Es war nicht zu überhören, dass die Stimmung ihrer Mutter angesichts dieser Ankündigung abrupt umschlug. Statt Bestürzung und Verwunderung schwangen nun Stolz und Begeisterung in ihrer Stimme mit, als sie sich strahlend an Lya-Numi wandte: »Hast du das gehört, mein Kind? Die ehrwürdige Gilraen hat dich auserwählt, die künftige Hohepriesterin von Thale zu werden. Das ist unglaublich.«
    Lya-Numi hatte es die
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