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Die Elfen 01 - Vor der Elfendämmerung

Titel: Die Elfen 01 - Vor der Elfendämmerung
Autoren: Jean-Louis Fetjaine
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Zu beiden Seiten der in U-Form aufgestellten und von Pechfackeln erleuchteten Tische brachten zwei Kamine, mannshoch und so breit, dass man einen Ochsen in ihnen braten konnte, die Speisenden, die ihnen den Rücken zuwandten, kräftig ins Schwitzen. An allen Mauern war der Stein hinter Wandbehängen, Fellen und Teppichen verschwunden. Durch die Fenster, die mit Wachstuch verhängt waren, drang nicht der kleinste frische Lufthauch mehr, und der Saal war so heiß wie ein Dampfbad.
    Die drei Stühle am mittleren Tisch, die zur Rechten des königlichen Sitzes für Baldwin und seine Gefolgschaft reserviert waren, blieben leer.
    Dem König Pellehun konnte die Abwesenheit der Zwerge nicht entgehen, aber er ließ sich nichts anmerken. Er dankte seinem Kammerdiener mit einem Blick, entledigte sich seines Mantels aus Eichhörnchenfell und gab dann das Zeichen, sich zu setzen. Der Seneschall Gorlois ließ sich zu seiner Linken nieder, ohne einen Blick auf die Gäste zu werfen, von denen jeder einzelne die ganze Mahlzeit hindurch seinen Blick zu erhaschen suchte, um die Gnade zu erhalten, zum König vorgelassen zu werden und dort sein Gesuch Vorbringen zu können. Die beiden Männer ähnelten sich bei allem Respekt, den sie einflößten, derart im Aussehen und Verhalten, dass es fast schon ko misch war. Man hätte sie für Brüder halten können, so sehr hatten sie sich einander angeglichen, geprägt durch die gemeinsam durchlebten guten wie schlechten Tage der Stadt der Menschen vom See. Alle beide waren sie heute für menschliche Begriffe alt (obwohl ein Zwerg sie vom Alter her zu den Heranwachsenden gerechnet hätte), von bescheidenem Wuchs, aber von einer Stärke, die das menschliche Normalmaß überstieg. Beide waren sie bartlos, ihr graues Haar war zu mehreren Zöpfen geflochten und mit goldenem Faden beim einen, mit roten Lederbändern beim anderen zusammengeschnürt. Hier hörte die Ähnlichkeit allerdings auch schon auf.
    Pellehun verfügte über majestätische Schönheit, und Gor- lois war hässlich. Sein Gesicht war von einer entsetzlichen Narbe gezeichnet und seine rechte Augenhöhle war leer. Diese scheußliche Verletzung war ihm vom Krummschwert eines Dämons zugefügt worden, während er den Prinzen Pellehun den Klauen dieser schrecklichen Krieger entrissen hatte. Am ganzen Körper verletzt, waren die beiden Männer zu Waffenbrüdern geworden, und ihr Blut hatte sich im Schlamm des Schlachtfeldes zu einer einzigen großen Lache vermischt.
    Beim Tod des Königs Ker hatte Pellehun Gorlois zu seinem Seneschall gemacht, und als die Könige der freien Völker, die den Krieg überlebt hatten, ihn wählten, um dem Großen Rat vorzusitzen, übertrug er ihm die Verantwortung eines Hausmeiers des Palastes und ehrte ihn mit dem Titel eines Herzogs von Tintagel.
    »Wo ist die Königin?«, fragte ihn Pellehun jetzt mürrisch.
    Gorlois hob die Brauen, um zu bedeuten, dass er es nicht wisse, und schnippte dann mit den Fingern. Sofort beugte der Mundschenk sich zu ihm, nickte, während er seine Befehle empfing und begab sich rasch zu der Gruppe bewaffneter Ritter, die den König auf Schritt und Tritt umgaben.
    »Die Königin«, sagte er. »Sie hat sich verspätet. Man muss sie holen.«
    Ulfin, der Edelmann, zu dem er gesprochen hatte, maß den Mundschenk mit der ganzen unverhohlenen Geringschätzung seines Standes und deutete mit dem Kinn auf Uther, den Jüngsten aus ihrer Gruppe. Der lief auf der Stelle los, mit einer Eile, über die seine älteren Kameraden schmunzeln mussten. Man murmelte im Palast, dass die junge Königin Igraine für den Charme des Ritters durchaus empfänglich war ... Vielleicht beruhte das ja auf Gegenseitigkeit ...
    Als die Königin Brunehaud im Kindbett gestorben war, und mit ihr ihr einziges, tot geborenes Kind, hatte Pellehun viele Jahre lang Trauer getragen. Die Sorge, einen Nachfolger zu bekommen, war der einzige Grund für seine zweite Heirat gewesen, und die junge Igraine sah ihren Gatten kaum je, umso weniger, als es ihr bislang nicht gelungen war, ihm einen Erben zu schenken. Je mehr Zeit verging und je älter Pellehun wurde, desto seltener teilte er ihr Lager. Die Königin lebte ein tristes Leben abseits des Palastrummels, mit ihren Dienerinnen und ihren endlosen Handarbeiten, und ein Tag glich dem anderen, ohne Liebe, ohne Hoffnung, ohne Zukunft.
    Uther, außer Atem und mit vom Laufen rotem Kopf, begeg- nete ihr auf der Treppe zu ihren Gemächern.
    »Teuerste Herrin, der König verlangt nach
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