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Die Elefanten meines Bruders (German Edition)

Die Elefanten meines Bruders (German Edition)

Titel: Die Elefanten meines Bruders (German Edition)
Autoren: Helmut Pöll
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wochenlang feiern. Und einer hatte einen Elefant dabei. Also er hat wahrscheinlich keinen Elefanten als Haustier so wie Mona das Chamäleon. Wahrscheinlich hat er ihn vom Zirkus ausgeliehen oder vom Zoo oder so. Auf jeden Fall war es ein ganz kleiner Mann mit einem Bart und einem dunkelblauen Turban. Den kleinen Mann habe ich aber gar nicht gesehen, weil der Elefant davor stand. Und den Elefanten habe ich zuerst auch nicht gesehen, weil er hinter einer Strohwand gestanden ist.
    Monas Mutter wollte hinter die Strohwand, weil auf dem Platz dahinter ein paar indische Restaurants Essen verkauften und eine Ausstellung mit indischen Sachen war und so. Wir hörten schon von weitem ganz seltsame, laute Musik. Und überall waren Plakate mit blau angemalten Leuten, mit Goldkronen auf dem Kopf. Mein Vater hatte keine Lust auf indisches Essen und wollte einfach möglichst schnell wieder nach Hause. Aber Monas Mutter sagt dann einfach:
    „Der Weg hier durch ist sowieso kürzer.“
    Das stimmt zwar nicht, weil es gar keinen Weg durch das indische Gelände durch gibt. Man muss also hinterher wieder komplett zurück latschen. Aber das wusste mein Vater nicht und war erstmal zufrieden. Wir Kinder wussten es, weil wir im letzten Jahr schon mal hier waren. Aber wir haben es meinem Vater nicht gesagt, weil wir ja gar nicht nach Hause wollten.
    Ich habe mich hinter Mona gestellt und dann haben wir zusammen versucht, unsere vier Arme so zu verrenken wie die Frau auf dem Plakat. Monas Mutter meinte, dass das gar keine normale Frau ist, sondern eine indische Göttin. Sie heißt Frau Kali. So wie in Kalibergwerk. Kalisalz braucht man für Kunstdünger. Damit Pflanzen schön wuchern. Aber nicht für das Hydrodingszeugs in meinem Zimmer. Da braucht man was Flüssiges. Monas Mutter hat uns erzählt, dass mit Frau Kali nicht gut Kirschen essen ist. Sie ist nämlich die Göttin des Todes und haut mit ihren Armen alles kaputt. Kalikalikalikalikalikalikalikalikali. Ich stelle mir vor, dass Tante Gisela auch vier Arme hätte. Im Ringkampf mit Tante Gisela hätte Frau Kali schlechte Karten. Das habe ich gleich Mona erzählt und wir haben vor Begeisterung herumgeschrien.
    Dann ist Monas Mutter auf die Seite gelatscht und plötzlich stand ich eine Armlänge vor dem Elefanten. Mir ist fast das Herz stehen geblieben. Er ist auf seinen riesigen Füssen ganz leicht hin und her geschwankt wie ein Schiff. Dann hat er den Kopf ganz leicht zur Seite geneigt und hat mich mit so einem Hallo-Blick angesehen. Ich habe auch Hallo gesagt.
    „Hallo Elefant!“
    Der Elefant hat plötzlich einen Pinsel in seinem Rüssel gehalten und mit dem Pinsel einen roten Tupfen auf meine Stirn gemacht. Dann war ich gelähmt und konnte mich nicht mehr bewegen. Ich meine, der Elefant hat mir kein Kobra-Gift oder sowas auf die Stirn getupft. Aber mein System lief wegen dem Elefanten sofort in den roten Bereich. Von einer Sekunde auf die andere. Es war schon alles ganz komisch, als er plötzlich dastand. Aber dann hat Monas Mutter eine Münze in einen Topf geworfen. Und immer wenn jemand eine Münze in den Tempeltopf wirft, dann schnappt sich der Elefant den Pinsel mit der roten Farbe und tupft jemanden auf die Stirne. Das ist ein indischer Segen, hat Monas Mutter geschrien. Aber das war mir egal, weil ich mich nicht mehr bewegen konnte.
    Das hat zuerst keiner gemerkt, weil es sowieso weder vor noch zurück gegangen ist, aber dann hat es Serrano gemerkt und hat mich ganz leicht zur Seite geschoben. Der Elefant hat uns die ganze Zeit beobachtet und dann hat er mit seinem Rüssel plötzlich meine Hand genommen und gedrückt und gesagt:
    „Viele Grüsse von Phillipp.“
    Und dann habe ich plötzlich total zu zittern angefangen. Ich wollte gar nicht, aber es ging nicht anders. Es war so wie ein epileptischer Anfall und hat mich richtig rumgeworfen. Man möchte gar nicht, dass er kommt, aber er kommt einfach und ist dann da. Das haben natürlich alle sofort gemerkt, dass ich Schüttelfrost habe, obwohl es schwülheiß war. Deshalb sind meine Eltern mit mir auch gleich nach Hause gefahren.
    Zuhause bin ich gleich ins Bett gegangen. Es war sowieso schon spät, aber normalerweise hätte ich gelauscht, bis meine Eltern ins Bett gehen und alles ganz ruhig in der Wohnung ist und mir dann noch einen Film angeschaut. Aber ich hatte keine Lust, weil ich dauernd den Rüssel von dem Elefanten in meiner Hand gespürt habe. Ich habe mir extra die rechte Hand nicht gewaschen, weil ich wissen wollte,
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