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Die Elefanten meines Bruders (German Edition)

Die Elefanten meines Bruders (German Edition)

Titel: Die Elefanten meines Bruders (German Edition)
Autoren: Helmut Pöll
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eigentlich ist das geschwindelt, weil er es morgen ja auch nicht endgültig klären kann. Oder fragt er vielleicht morgen früh jemanden, wer Crêpe Suzette erfunden hat?
    Dafür erklärte mir Serrano mit Eselsgeduld, dass man Crêpe Suzette eigentlich mit Orangensoße isst und nicht mit Erdbeermarmelade. Aber das ist mir egal. Ich esse Crepes Suzette immer mit Erdbeermarmelade oder Nutella. Oder Ahornsirup. Aber Ahornsirup hat es nur bei Tante Gisela gegeben, wo Gerd noch gelebt hat, sonst nicht.
    Ich esse also eigentlich gar nicht richtig Crêpe Suzette, sondern Crêpe Hoffmann. Das ist meine erste Erfindung. Vielleicht werde ich gar nicht Spaziergänger, sondern Erfinder. Mein Vater meinte aber, dass bestimmt schon andere Leute vor mir darauf gekommen sind, Crêpe Suzette mit Nutella zu essen. Aber das glaube ich nicht. Das sagt er vielleicht nur so. Ich werde Monas Mutter fragen, ob es Crêpe Hoffmann schon gibt. Und wenn nicht, dann soll sie ihre Freundin fragen, die mit uns schon mal auf eine Demonstration gegangen ist, von der meine Eltern nichts wissen. Die Freundin von Monas Mutter arbeitet nämlich in einem Kochbuchverlag und kennt sich mit Rezepten aus. Dann mache ich von Mona und mir ein Foto und stelle es neben das Rezept. Dann können in zwanzig Jahren andere Kinder abends Crêpe Hoffmann mit Nutella essen, was viel besser schmeckt wie die französische Kack-Orangensoße.
    Alle anderen haben richtig Crêpe Suzette gegessen. Ich habe Serrano einen halben Crêpe Hoffmann angeboten, aber er hat abgelehnt. Bestimmt nur, weil er so höflich ist und meine Eltern nicht enttäuschen wollte. Er hat ganz tapfer fünf Crêpe Suzette reingeschaufelt.
    Ich dachte zuerst meine Eltern haben ihn nur zum Crêpe-Essen eingeladen. Aber das haben sie gar nicht. Oder schon. Aber er ist gekommen, weil er uns zu einer Akrobaten-Vorführung im Park mitnehmen wollte. Feuerspucker und solche Sachen. Er hat von irgendwoher Karten bekommen oder einfach welche gekauft, weil er uns mag oder weil ich ihn an seinen toten Enkel erinnere.
    Mona darf natürlich auch mitgehen. Und ihre Mutter kommt auch mit. Wahrscheinlich hat es Serrano zuerst meiner Mutter erzählt und meine Mutter hat es dann Monas Mutter erzählt. Ich war schon total hibbelig und habe meinen letzten Crêpe Hoffmann in einer tausendstel Sekunde runtergewürgt, damit wir nicht zu spät zu den Feuerschluckern kommen. Deshalb war mein Vater sauer. Er hat sich vor Serrano geschämt, weil jemand, der einen Crêpe Hoffmann in einer tausendstel Sekunde runterschlingt, natürlich ein halbes Kilo Nutella im Gesicht verschmiert hat. Dann sagt mein Vater:
    „Iss anständig!“
    Und reicht mir seine Serviette rüber. Ich hab aber meine eigene genommen, weil mein Vater mit seiner Serviette vorhin schon Wein aufgewischt hat, den meine Mutter beim Einschenken daneben geschüttet hat. Aber die ganze Aufregung war sowieso umsonst. Serrano hatte nämlich erst Karten fürs Wochenende und gar nicht für diesen Abend. Das ist auch so eine Erwachsenengeschichte. Die Erwachsenen machen manchmal so einen Hokuspokus, als wenn sie in der nächsten Minute mit einem Ballon um die Welt fliegen wollen. Und dann nehmen sie einen doch erst in zwei Wochen nur ins Kino mit.
    Ich habe natürlich gleich Mona angerufen. Sie war auch total aus dem Häuschen. Wegen der Feuerschlucker und so. Carl hat auch mal Feuerschlucken geübt. Aber er hat sich den Mund verbrannt. Also nicht beim ersten Mal oder so. Mona sagte dann aber, dass Carl das Feuer gar nicht geschluckt hat, sondern mit ein paar Freunden gespuckt. Sie haben Spiritus in den Mund genommen. Eeeeekkk, Ackckackckackckackckackackackackack. Und dann in die Flamme gespuckt. Man muss dann aber den Kopf ganz schnell wegnehmen, weil sonst die großen Flammen zurückschlagen. Dazu war Carl aber an dem Abend zu carlish. Deshalb hat es ihm die Augenbrauen abgesengt und den Mund verbrannt. Nicht schlimm, aber Monas Mutter ist erstmal total Amok gelaufen.
    Bis wir dann aber endlich am Samstagabend in den Park zu den Akrobaten sind, mussten wir noch drei Tage Geschichte überleben. Also nicht drei ganze Tage, eigentlich waren es nur zwei Stunden. Aber die Stunden mit unserem Geschichtslehrer sind die längsten Stunden, die man sich vorstellen kann. In den zwei Stunden hat Napoleon oder irgendein anderer Heini zweimal Europa erobert und dann wieder verloren. Wir müssen dann immer hunderttausend Jahreszahlen auswendig lernen. 1810 war dies, 1812 das, 1815 dies
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