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Die Eismumie

Die Eismumie

Titel: Die Eismumie
Autoren: Jay Bonansinga
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Schaukelstuhl in der Nähe des Fensters. Er hatte einen Quilt über seinen Schoß gebreitet. Gedankenverloren hatte er in einem Fotoalbum der Geisel-Familie geblättert und Freude dabei empfunden, Bilder von Enkelkindern zu betrachten, die zum Thanks-giving-Essen zusammengekommen waren. Jetzt hob er den Blick und lächelte seiner Mutter zu.
    «Wanawake?», sagte er.
    Vidas Gesicht strahlte vor Freude. «Ja, es ist eine Frau Jinsi gani?»
    Grove grinste. «Ähm… labda… labda yumkini?»
    Vida brach in Gelächter aus. «An deinem Suaheli musst du noch reichlich arbeiten. Es ist Miss County.»
    Grove stand auf und betrachtete sich in dem kleinen ovalen Spiegel über einem Waschbecken aus Porzellan. Er trug ein frisches Unterhemd und Jeans, aber sein Gesicht sah zum Fürchten aus. Wie ein brauner Lappen, den man ausgewrungen hatte. Der Verband um seinen Hals hatte sich scheußlich gelb verfärbt. Du siehst echt beschissen aus, altes Haus.
    Er seufzte und ging langsam zur Tür hinaus.
     
     
    Maura wartete auf der Veranda und betrachtete die knorrigen alten Kastanien, die an der Grenze von Geisels Grundstück Wache standen. Die Sonne stand hoch, und der wolkenlose Himmel spannte sich lichtblau über den Bäumen.
    Maura wirbelte herum, als sie Groves Schritte hinter sich knarren hörte.
    «Ähm…», hob Grove an, verstummte aber, als sich ihre Blicke trafen.
    «Ja… also…» Maura hielt ebenso inne und sah aus, als hätte sie sich eine kleine Rede zurechtgelegt, bekäme sie aber nicht zusammen. Sie trat einen Schritt näher.
    «Ich bin okay», sagte er. «Und Sie anscheinend auch.»
    Dann umarmte er sie.
    Es war eine Umarmung wie nach einer langen Trennung. Und sie sagten nichts. Sie umarmten einander einige wunderbare Momente lang. Und Grove atmete sie ein. Zum ersten Mal seit Jahren konnte er wieder riechen. So kam es ihm zumindest vor. Sie besaß einen unverwechselbaren Geruch – Wintergrün, Rauch, ein Puder –, den Grove nicht identifizieren konnte. Er atmete diesen Geruch ein, und in der Stille auf dieser Holzveranda hielt er sie ganz fest.
    Später würden sie miteinander sprechen, aber jetzt fühlte es sich besser an, einfach nur dazusitzen. Das taten sie auch. Nebeneinander auf zwei Adirondack-Holzsesseln, die so standen, dass man auf die Hickorybäume schaute.
    Sie saßen einfach da und sagten kein Wort und schauten zu, wie der leichte Wind kam und ging.
    Sie ließen der Natur ihren Lauf.
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