Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Eisfestung

Titel: Die Eisfestung
Autoren: Jonathan Stroud
Vom Netzwerk:
genug?«
    »Hör auf. Ich hab hier gar nichts gemacht.«
    Katie Fern zeigte auf Emilys Schlitten. »Er wollte Schlitten fahren«, sagte sie.
    Carl pfiff durch die Zähne. »In dem Ding da?«
    »Wollte ich nicht, ich wollte nicht Schlitten fahren.«
    »Billiges Spielzeugteil«, sagte Carl. »Für Kinder.« Er lachte und die beiden Mädchen antworteten sofort mit einem Kichern.
    »Hast du was gegen unsern Schlitten?«, fragte Carl Simon.
    »Nein.«
    »Solltest du aber. Deirdre hat ihn nämlich mit ihrem Arsch grade kaputt gemacht.« Noch mehr Gekichere. »Aber darum geht es nicht«, sagte Carl, noch näher an Simon heranrückend. »Sondern – was treibst du hier bei dieser blöden Kuh, die sich für was Besseres hält?«
    Emily wurde wütend und warf ihm Schimpfwörter an den Kopf.
    »Wie bezaubernd«, sagte einer der Brüder.
    »Echt schweinisch«, stimmte Katie Fern ihm zu.
    »Oh, darling «, sagte Carl. »Pass auf deine Sprache auf, wenn du mit unserem Simon zusammen bist. Er ist ein so braver kleiner Junge.«
    »Verpisst euch doch.« Emily griff nach der Schlittenleine und wandte sich zum Gehen, aber Carl streckte seinen dicken starken Arm aus und versperrte ihr den Weg. »Sekunde noch«, sagte er. »Ich möchte wissen, was an dem Ding so super ist.« Er riss Emily das Seil aus der Hand und ließ seinen Hintern auf den Schlitten fallen. Ein lautes Knacken war zu hören. Die beiden Mädchen quietschten vor Schadenfreude.
    Wie ein Stromstoß durchzuckte Emily eine spitze, scharfe Wut. Bevor sie überhaupt wusste, was sie tat, hatte sie einen Satz zur Seite gemacht und Carl Allen so heftig, wie sie nur konnte, gegen das Schienbein getreten. Er stöhnte vor Schmerz, fiel auf den Rücken und umklammerte sein Bein.
    Einer der anderen Brüder machte einen Schritt nach vorne und versetzte ihr einen Faustschlag. Durch ihre Benommenheit hindurch fühlte sie, wie sie im Schnee aufschlug. Der Junge war ein bedrohlicher Schatten über ihr; er hob einen Stiefel – oh nein, gleich würde er zutreten! -, da sah sie, wie Simon sich von der Seite auf seinen Bruder stürzte und ihn mit dem Gesicht nach unten hinter den Schlitten zerrte.
    Emily rappelte sich wieder hoch. Der Kampf zwischen Simon und seinem Bruder wogte hin und her, gerade landete Simon bei ihm einen Treffer voll ins Gesicht; Carl Allen hielt immer noch schmerzbetäubt sein Schienbein umklammert, der dritte Bruder kam auch näher – und plötzlich tauchte Katie Fern vor ihr auf, die Fäuste wild schwenkend.
    Im nächsten Augenblick hatten sie sich gepackt, Emily spürte, wie an ihren Haaren gezerrt wurde, und zerrte selbst an Katies Haaren; blind vor Schmerz und verzweifelt schaffte sie es, ihren Fuß hinter Katies Ferse zu setzen, und stieß sie heftig von sich weg. Katie kippte mit einem Aufschrei um und fiel auf den Rücken.
    Emily schaute umher. Simon war wieder auf den Füßen und wehrte zwei Brüder gleichzeitig ab, aber seine Niederlage war nicht mehr aufzuhalten. Mit fürchterlichem Grinsen erhob sich Carl, drückte seine Brüder zur Seite und versetzte Simon mit eiserner Faust einen Kinnhaken. Simon taumelte und Carl holte zu einem weiteren Schlag aus. Da geschah etwas vollkommen Unerwartetes.
    Aus dem Nirgendwo kam plötzlich eine Rakete angeschossen und prallte gegen Carl. Die Rakete hatte die Form einer menschlichen Gestalt, ziemlich schlaksig, die ihre Hände um Carls Hals presste und ihn mit solcher Kraft nach hinten stieß, dass er das Gleichgewicht verlor und in den Schnee fiel. Carl schrie auf und langte sich an den Hals. Marcus setzte sich neben ihm auf und blickte benommen in die Runde.
    »Gut gemacht, Marcus!«, rief Emily, und dann: »Pass auf!... Oh weh!«
    Carl Allen schlug ihm hart ins Gesicht. Marcus sank in den Schnee. Carl kam auf die Füße, trat einmal mit dem Stiefel fest zu, dann, vorsichtig seinen Hals betastend, drehte er sich um und begann, durch den Burggraben fortzuhumpeln.
    Sein Rückzug war das Zeichen für das Ende des Kampfes. Die anderen folgten ihrem Anführer, Katie Fern warf Emily noch einen bösen Blick zu. Deirdre Pollard, die die ganze Zeit zugeschaut und gekreischt hatte, bildete die Nachhut.
    »Was, ihr gebt auf?«, brüllte Simon ihnen atemlos nach.
    Ein Bruder blickte zurück. »Wir sehen uns zu Hause.«
    Einer nach dem anderen verschwanden sie um die Biegung des Burggrabens. Ihre Schritte und ihr Husten verklangen in der Luft. Drei Gestalten blieben auf dem Schlachtfeld zurück und pflegten ihre Wunden.

2
    S imon
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher