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Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition)

Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition)

Titel: Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition)
Autoren: Jessica Khoury
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Blick, doch ich hebe sein Kinn, sodass er mich wieder anschauen muss. »Ich liebe dich!«
    »Und ich liebe dich.« Seine Tränen fallen auf meine Wangen. Ich schmecke das Salz auf meinen Lippen.
    Plötzlich kippt die Welt zur Seite und beginnt sich zu drehen und ich denke: Das ist es. Mein Körper krampft und krümmt sich, ich keuche und falle. Eio ist neben mir und versucht, mich wieder aufzurichten. Ich schlinge die Arme um mich, doch der Schmerz ist überall. Ich will schreien und öffne den Mund, aber heraus kommt nur ein ersticktes Wimmern. Meine Stimme versagt; sie kann meinen Schmerz nicht ausdrücken.
    Ich habe das Gefühl, von innen heraus unter Strom zu stehen. Blitze zucken unter meiner Haut. Es tut so entsetzlich weh. Einen solchen Schmerz habe ich noch nie gespürt. Ich brenne nicht – ich bin das Feuer, wild und heiß und unkontrollierbar. Ich will schreien, doch der Schmerz hat mir meine Stimme genommen. Wenn mich doch nur jemand in den Fluss werfen oder in die Erde eingraben würde, irgendetwas, damit der Schmerz aufhört. Ich halte es nicht länger aus. Mir wird schwarz vor Augen. Die Schwärze verschluckt Eio, dann dringt sie in mich ein, verschlingt Herz und Lunge und Gehirn. Ich versinke in schwarzem Wasser und ich spüre, wie die Geisterhände all derer, die jemals meinetwegen starben, nach meiner Seele greifen. Meine Großeltern. Alex und Marian. Die unzähligen Ai’oaner – sie wollen ihr Blut zurück. Ihre Rache ist der Schmerz und mein Körper zahlt den Preis.
    Wenn das Sterben ist, ist es schrecklicher, als ich es mir je hätte vorstellen können.
    Ich greife nach Eios Hand, halte sie ganz fest, klammere mich an ihn und an alles, wofür er steht: Ai’oa, Onkel Antonio, Alai, der Dschungel, alles, was ich liebe, alle, die zurücklassen zu müssen mir unerträglich ist. Er muss die Angst in meinen Augen sehen, denn er drückt mich so fest an sich, dass ich sein Herz in seiner Brust schlagen höre.
    Ich mache mich auf die ewige Dunkelheit, die da kommt, gefasst.

38
    Als ich die Augen öffne, sitzt ein Äffchen mit goldbraunem Fell auf meiner Brust und blickt mich unverwandt an. Im ersten Moment kann ich mich an nichts erinnern. Mein Kopf ist vollkommen leer, und als ich die Augen wieder schließe, ist alles weiß. Ich weiß nicht, wo ich bin. Ich weiß nicht, was mit mir geschehen ist. Ich bin wie eine unbeschriebene Tafel. Wenn ich nach der Vergangenheit greife, finde ich nur Leere, und obwohl ich weiß, dass es etwas geben muss, habe ich das ganz seltsame Gefühl, als hätte mein Leben erst heute begonnen, vor einer Minute. Als sei ich eben erst auf dieser Welt erwacht.
    Ich erinnere mich nicht einmal an meinen Namen.
    Und dann ist da wieder der Affe. Er schnattert und greift nach meinem Kinn und plötzlich ist er verschwunden, von kleinen Händen weggeschubst.
    Jetzt sehe ich andere Augen. Diese sind dunkel und lebhaft und sie werden von langen schwarzen Wimpern eingerahmt. Als sie meinen Blick auffangen, werden sie noch größer.
    »Sie ist wach!«, ruft eine sehr hohe, sehr aufgeregte Stimme. Die Augen verschwinden und ich starre hinauf in ein Dach aus Palmzweigen und Blättern. Ich merke, dass ich leicht hin und her schaukle wie in einer Wiege.
    Plötzlich höre ich ringsum Lärm. Er beginnt leise und wird immer lauter. Stimmen. Affengeschnatter. Vogelgezwitscher. Ich möchte mich aufsetzen, doch mein Körper macht nicht mit. Er ist träge, als sei ich tagelang auf dem Wasser getrieben. Auf dem Wasser getrieben… Eine Erinnerung schlüpft in mein Gehirn und jagt wieder davon. Wasser, unter einem Glasdach.
    Weitere Gesichter. Weitere Stimmen. Viele dunkle Augenpaare und braune Hände. Sie berühren mein Gesicht und meine Arme. Wer sind sie? Und wo bin ich? Ich habe keine Erinnerung, nicht die geringste. Sollte ich nicht schreckliche Angst haben? Stattdessen bin ich erfüllt von einem Gefühl der Zufriedenheit. Ich liege da, still und stumm und lasse mich von diesen Fremden anschauen.
    Dann verschwinden die Gesichter und die Stimmen werden leiser. Ich spüre die Leute noch um mich herum, höre sie aber nicht mehr reden. Sie warten auf etwas.
    Jemand Neues erscheint. Seine Augen sind anders. Lange blicke ich in diese Augen und plötzlich weiß ich wieder, wie die Farbe Blau aussieht. Die Augen dieses Jungen haben diese Farbe. Ein Blau so lebendig und intensiv, dass es gut und gern die einzige Farbe sein könnte, die es gibt.
    Moment mal… ich kenne dich.
    Er schaut mich unverwandt an,
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