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Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition)

Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition)

Titel: Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition)
Autoren: Jessica Khoury
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die Lippen leicht geöffnet. Seine blauen Augen suchen jeden Zentimeter meines Gesichts ab. Dann breitet sich auf seinem Gesicht langsam ein Lächeln aus. Es ist etwas schief, so als hätte er lange Zeit keine Übung darin gehabt. Plötzlich erscheint ein Grübchen an seinem Mundwinkel.
    Ich habe das Gefühl, mich am Grund eines sehr tiefen Teiches zu befinden. Ich versuche, die Oberfläche zu erreichen, ich schwimme hinauf, zum Licht, zu diesen blauen Augen… Es ist ein langer Weg, aber ich bin entschlossen… Obwohl ich still daliege, habe ich das Gefühl aufzusteigen, sehr schnell und in geschmeidigen Bewegungen, und plötzlich – durchbreche ich die Oberfläche.
    Ich öffne weit den Mund und hole lange und tief Luft. Sauerstoff strömt in meine Lunge und mein Brustkorb hebt sich. Mein erster Atemzug, seitdem ich die Augen geöffnet habe.
    »Eio«, flüstere ich.
    Sein Lächeln wird doppelt so breit. Dann lacht er laut und nimmt meine Hand.
    »Pia! Pia, du lebst!« Seine Augen füllen sich mit Tränen. »Du lebst!«
    Ich erinnere mich an alles. Wie ich das Elysia getrunken habe, wie Paolo tot im Fluss lag und ich in Eios Armen ohnmächtig wurde. Sterben. Die Erinnerungen wirbeln in meinem Kopf herum wie Blätter im Wind, füllen die Leere in mir aus und bringen mich mit ihrem Gewicht auf die Erde zurück.
    Aber wie kann ich hier sein, wenn ich doch gestorben bin? Wie kann es sein, dass ich hier sitze und Eio mich im Arm hält? Er drückt mich an sich, seine Hände streicheln meinen Rücken und mein Haar.
    Die Legende sagt, die Unvergänglichen tranken Elysia und starben. So war es doch, oder? Warum ist es so schwer, die Erinnerungen zu erreichen? Ich habe das Gefühl, als versuchte ich eine Kugel aus Wasser zu formen. Die Worte reihen sich zwar aneinander, doch bevor ich sie fassen kann, zerfallen sie wieder. Das sollte nicht so sein. In meinem Kopf ist immer alles ganz klar, denn ich besitze ein perfektes Gedächtnis.
    »Ich komme mir… seltsam vor.« Ich betrachte meine Finger, lege sie auf meine Lippen, meinen Hals. Meine Kraft kehrt zurück. Ich spüre, wie sie in mir wächst, warm und beständig. »Mir ist wärmer, Eio. Und ich fühle mich kräftiger. Und… leichter.«
    Er rückt ein Stück ab und hält mich auf Armeslänge von sich. Wir sitzen in einer Hängematte in einer der Hütten von Ai’oa. Die Dorfbewohner umringen uns stumm lächelnd. Ami steht hinter Eio. Ihr Goldenes Löwenäffchen thront wie ein lebendiger goldener Hut auf ihrem Kopf.
    »Wie lange ist es her?«, frage ich.
    »Es war gestern. Wir dachten, du seist tot. Du hast nicht mehr geatmet. In meinen Armen hast du aufgehört zu atmen. Ich dachte…« Sein Lächeln erlischt. »Ich dachte, ich hätte dich verloren.«
    »Wir haben versucht dich ihm wegzunehmen«, erzählt Luri auf Ai’oanisch, während sie hinter Ami aus dem Kreis hervortritt. »Aber er hat dich nicht losgelassen. Eine Stunde lang kniete er am Fluss, hat dich festgealten und gewiegt. Wir haben alle gesagt, dass du tot bist, und trotzdem wollte er dich nicht loslassen.«
    Ich schaue Eio an und schüttle den Kopf. »Stur wie immer.«
    »Schließlich haben wir dich ihm mit Gewalt weggenommen«, fährt Luri fort. »Und er hätte genauso gut tot sein können, so reglos, wie er dagesessen und ins Leere gestiert hat.«
    »Dann kam Kapukiri«, nimmt Ami den Faden auf, »und er hat dein Herz gehört.«
    »Mein Herz?«
    »Es hat noch geschlagen«, bestätigt Eio. Er hebt die Hand, als wollte er meinen Herzschlag selbst spüren, doch Luri macht rasch einen Schritt auf uns zu und schlägt ihm auf die Finger.
    »Nichts da«, raunzt sie. »Hier sind Kinder, Weitwanderer.«
    Eio grinst und ich merke, wie ich rot werde.
    »Aber wie kann es sein, dass mein Herz geschlagen hat? Ich habe doch nicht mehr geatmet.« Ich lasse den Blick über den Kreis der Ai’oaner wandern und entdecke schließlich Kapukiri. Er stützt sich auf seinen Stock und schaut mich mit einem kleinen, fast selbstzufriedenen Lächeln an.
    »Wer weiß?« Eio zuckt mit den Schultern. »Wichtig war nur, dass es geschlagen hat. Wir haben dich hierhergebracht und in die Hängematte gelegt und dann… haben wir gewartet.«
    »Und gewartet«, schnaubt Luri. »Nur damit du es weißt, kleines Fräulein, keiner von uns hat ein Auge zugetan in der letzten Nacht.«
    »Wir haben Feuer entzündet und zu den Göttern gebetet«, erzählt Ami vergnügt. »Die ganze Nacht haben wir gebetet.«
    »Und jetzt bist du da«, flüstert
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