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Die Eingeschworenen Raubzug

Die Eingeschworenen Raubzug

Titel: Die Eingeschworenen Raubzug
Autoren: Low Robert
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ich sterben würde, im Schnee, auf dem Weg zu Freydis’ Hof.«
    Er strich sich den Bart, runzelte die Stirn und nickte. »Ja, Gunnar erwähnte es, als er mir die Nachricht schickte.«
    Das war der Tag, an dem meine Welt zerbrach. Ein Tag, der damit angefangen hatte, dass Gudleif auf seinem Thron saß, mit den Schiffsrümpfen zu beiden Seiten und in kostbare Pelze gehüllt. Er wollte sich als großer Jarl aufspielen und sah doch nur aus wie ein mürrischer alter Kater.
    Bjarni war letztes Jahr gestorben und Halldis das Jahr davor. Jetzt schimpfte Gudleif über die Kälte und vermied es, viel hinauszugehen. Er saß da, düster und in sich zusammengesunken, nur der alte Caomh war bei ihm, der Thrall, den er in einem Christentempel in Dyfflin aufgegriffen und zu seinem Sklaven gemacht hatte. Etwas entfernt saß die ebenso alte Helga an ihrem Webstuhl, schickte das Webschiffchen hin und her und grinste mich mit ihren beiden letzten Zähnen an, während Gunnar Raudi, den man in dem düsteren, verräucherten
Raum kaum ausmachen konnte, an einem Lederriemen arbeitete.
    »Ich traue mir den Weg zu den oberen Weiden dieses Jahr nicht zu«, hatte Gudleif zu mir gesagt. »Aber die Herde muss heruntergebracht werden, außerdem wartet Freydis auf wichtige Vorräte.«
    Der Winter war früh gekommen, der Schnee wirbelte um Snaefjel und der Frost hatte dem Land alle Farbe genommen, so dass nur die schwarzen Skelette der Bäume aufragten, auf grauem Hintergrund und unter einem grauen Himmel. Selbst das Meer war schiefergrau.
    »Es hat schon geschneit«, erinnerte ich ihn. »Der Schnee ist womöglich schon zu tief, um die Pferde herunterzubringen. « Ich verkniff es mir, zu bemerken, dass ich ihn schon vor Wochen daran erinnert hatte, als die Hänge noch frei gewesen waren.
    Stille, bis auf das Klappern des Webstuhls und das Zischen des viel zu feuchten Holzes im Feuer. Bei Halldis hätte es das nicht gegeben.
    Endlich hatte Gudleif sich geregt und gesagt: »Schon möglich. In dem Fall musst du dort überwintern und sie im Frühjahr herunterbringen. Freydis wird schon damit zurechtkommen.«
    Das war keine verlockende Aussicht. Freydis war etwas sonderbar. Um ehrlich zu sein, die meisten hielten sie für eine Volva, eine Hexe. Ich hatte sie in all den Jahren noch nie gesehen, obwohl ihr Hof nicht weiter als einen Tagesmarsch über die niedrigsten Hänge entfernt lag. Sie kümmerte sich um Gudleifs beste Hengste und Stuten auf den oberen Weiden, und sie verstand ihr Handwerk.
    Dies alles ging mir durch den Kopf. Ich wusste aber auch, selbst wenn Freydis vorgesorgt hatte, würde nicht
genug Futter da sein, um die Herde über den Winter zu bringen, und der versprach hart zu werden. Und für uns beide würden die Vorräte wahrscheinlich auch nicht reichen.
    Ich sagte es ihm, doch Gudleif zuckte die Schultern. Ich sagte auch, dass Gunnar Raudi für diese Aufgabe vielleicht besser geeignet war, denn das war meine ehrliche Meinung. Gudleif zuckte wieder nur die Schultern, und als ich Gunnar Raudi ansah, schien der da am Feuer viel zu sehr mit seinem Lederriemen beschäftigt, um auch nur aufzusehen.
    Also hatte ich meine Sachen gepackt und mir das kräftigste Pony genommen. Ich überlegte noch, was ich für Freydis mitnehmen sollte, als Gunnar Raudi in den Stall kam. Und dort, in der dämmrigen Wärme, machte er mir mit einem kurzen Satz alles klar.
    »Er hat nach seinen Söhnen gesandt.«
    Das war es also. Gudleif würde sterben. Seine Söhne, Björn und Steinkel, würden von ihren Pflegeeltern zurückkommen, um ihr Erbe anzutreten, und ich war … überflüssig. Wahrscheinlich hoffte er, dass ich es nicht schaffen würde, damit wären alle seine Probleme gelöst.
    Gunnar Raudi sah mir ins Gesicht, in dem sich mein Entsetzen spiegelte. Er schwieg, stand nur da in der Dunkelheit des Stalls. Ein Pferd schnaubte und stampfte, das Stroh raschelte und mir fiel nichts weiter ein, als zu sagen: »Also deshalb ist das Faering nicht da. Ich hatte mich schon gewundert.«
    Gunnar Raudi lächelte grimmig. »Nein. Er hat die Nachricht durchs Tal geschickt. Das Faering ist nicht da, weil ich Krel und Einauge damit nach Laugarsfjel rudern ließ, um Rurik eine Nachricht zu schicken.«

    Besorgt sah ich ihn an. »Weiß Gudleif davon?«
    Er schüttelte den Kopf und zuckte die Schultern. »Er bekommt schon lange nicht mehr alles mit. Und selbst wenn er es erfährt, was kann er machen? Vielleicht hätte er es selbst getan, wenn jemand es erwähnt hätte.« Im
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