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Die eingeborene Tochter

Die eingeborene Tochter

Titel: Die eingeborene Tochter
Autoren: James Morrow
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als ersten verdächtigen? Nur gut, daß sein Zellhaufen zu jung war, um die nackten Weiber rundherum zu sehen. Die vielen Brüste würden das Baby nur aufregen. Quietschend öffnete sich die Tür. Murray sprang erschrocken auf. Sein Herz raste.
    Ein großer Schwarzer mit verwegenem Schnurrbart. »Oh, Entschuldigung«, sagte er und zog ein Heringsglas aus dem Sportjackett. »Dachte, hier ist frei.«
    »Macht nichts.«
    Murray unternahm einen schwächlichen Versuch, seine Untat zu verbergen; er stellte sich in lässiger Pose vor die gestohlene Gebärmutter und hoffte, den Apparat ausreichend abzudecken. »Ich bin fertig.«
    »Bei all den Zuschüssen, die sie kriegen«, sagte der Spender mit schlauem Grinsen, »könnten sie wirklich auch ein paar schwarze Häschen aufhängen.« Er zeigte auf den Apparat.
    »Die Luxusausrüstung ist wohl nur für Weiße? Ich hab nur ein Heringsglas gekriegt…«
    »Das ist eine Ektogenese…«
    »Einssiebenundvierzig.«
    »Wie…?«
    »Donor einssiebenundvierzig.« Der Schwarze griff Murrays Hand und schüttelte sie kräftig. »Mich gibt’s hier gewissermaßen zweimal. Vom dritten Stock aufwärts bin ich Markus Bass.«
    Einssiebenundvierzig. Murray hatte den Namen schon gehört. »Sie sind Meeresbiologe, nicht wahr?«
    »Im Westen der Spitzenmann bei Mollusken, heißt es.«
    »Ich hab eine ihrer Empfängerinnen getroffen. Sie entschloß sich für Sie, nachdem…«
    »Nein, Kumpel, nein – erzählen Sie mir nichts über sie«, sagte Dr. Bass. Er machte eine Bewegung, als wolle er eine Fliege verscheuchen.
    »Wenn ein Mann solche Dinge weiß, kann er sich selber nicht mehr trauen. Sie fangen an, das Kind zu suchen – nur um zu sehen, wie es aussieht, nicht wahr? –, und am Schluß machen Sie allen Leuten nur Kummer.«
    Murray war enttäuscht und erleichtert. Er seufzte tief. Das Spiel war aus: er hätte den Embryo an einem gewöhnlichen Spender vorbei schmuggeln können, aber nicht an diesem Profi. Es war wirklich besser so. Vaterschaft bedeutete Arbeit, sonst nichts. »Dann wissen Sie, daß das da eine…«
    »… Ektogenesemaschine ist. Der Prototyp.« Dr. Bass zwinkerte vieldeutig. »Frostig würde sich furchtbar aufregen, wenn sie wegkäme.«
    »Ich wollte halt eine Zeitlang Vater sein. Da drin ist momentan ein menschlicher Embryo. Woher das Ei stammt, ist ein Rätsel, aber der Samen stammt jedenfalls von mir. Inverse Parthe… Partheno… Sie wissen schon.«
    »Sie sind Katz, stimmt’s?« Wieder dieses schadenfrohe, subversive Zwinkern, dann freundliches Schulterklopfen. »Schöne Zwickmühle, nicht? Nun passen Sie mal auf, was ich an Ihrer Stelle täte, Katz: Ich würde mir diese Gebärmutter unter den Arm klemmen und vorne bei der Tür rausgehen.«
    »Sie meinen… mit nach Hause nehmen?«
    »Es ist nicht deren inverse Parthogenese… Es ist Ihre!«
    Murray schüttelte trübsinnig den Kopf. »Sie würden doch gleich dahinterkommen, wer sie gestohlen hat.«
    »Gestohlen? Was ist das für ein Ausdruck, Mann! Sie leihen sich das Ding. Für neun Monate. Keine Angst, niemand wird es Ihnen wegnehmen.« Murray zeichnete Buchstaben in die Luft – riesengroß wie auf einem Plakat. »Samenbank reißt sich Dads Embryo unter den Nagel! – Frostig würde morden, um die Art von Publicity zu vermeiden. Morden, sag ich!«
    Murray fühlte heißes Brennen im Brustkorb. Samenbank reißt sich Dads Embryo unter den Nagel: damit könnte er tatsächlich durchkommen. Angenommen, er wollte…
    »Die Sache ist die, Dr. Bass, ich bin mir nicht sicher…«
    »… ob Sie ein Pop sein wollen?«
    Hätte Marcus Katz ein anderes Wort verwendet – Vater oder Dad – Murray hätte es nicht betroffen. Aber Pop…
    »Bei inverser Parthogenese gibt es keine Mutter«, sagte Murray. Pop – das war Phil Katz. Bis zu seinem Todestag. »Ich müßte alles selber machen.«
    »Ich will Ihnen meine persönlichen Erfahrungen schildern: Pop-Sein ist genau das, was Sie schon immer wollten. Aber darauf kommen Sie nicht, bevor es nicht wirklich passiert.«
    Marcus Bass zog seine Brieftasche und entfaltete zusammengelegte Fotografien. Vier kleine, grinsende Gesichter kamen zum Vorschein. »Ein kleiner Junge ist das Größte auf der Welt. Alex, Henry, Ray und Marcus junior. Können alle schwimmen.«
    »Diese Ektogenesemaschinen – sind die schwer zu bedienen?«
    Marcus Bass kniete sich vor die Maschine und fuhr liebkosend darüber. »Sehen Sie die Kardiovascularvorrichtung hier? Brauchen Sie nur an die Batterie
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