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Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)

Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)

Titel: Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)
Autoren: Stuart MacBride
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Babysitterin.
    »Und jetzt ab mit Ihnen.«
    Logan war schon fast zur Tür hinaus, als Insch noch hinzufügte: »Und sehen Sie zu, dass Sie es sich mit Constable Watson nicht verderben. Man nennt sie nicht umsonst die ›eiserne Jungfrau‹.«
    Das Präsidium der Grampian Police war groß genug, um mit einem eigenen Leichenschauhaus aufwarten zu können. Dieses befand sich im Kellergeschoss, in sicherer Entfernung von der Kantine, um den Kollegen nicht den Appetit auf ihr Mittagssüppchen zu verderben. Eine Wand des großen, weißen, blitzsauberen Raumes wurde von Kühlfächern für die Leichen eingenommen. Die blank gewienerten Bodenfliesen quietschten unter Logans Sohlen, als er durch die Schwingtür eintrat. Ein durchdringender, antiseptischer Geruch erfüllte den kühlen Raum und überdeckte fast die Ausdünstungen des Todes. Es war eine merkwürdige Mischung von Gerüchen. Eine Mischung, die Logan immer mit der Frau in Verbindung bringen würde, die dort allein an einem der Autopsietische stand.
    Dr. Isobel MacAlister trug ihre übliche Arbeitskleidung: pastellgrüner OP-Anzug, darüber eine rote Gummischürze, das kurze Haar von einer OP-Haube bedeckt. Und im Gesicht keinen Krümel Make-up, um Verunreinigungen der Leiche oder des Beweismaterials zu vermeiden. Als sie den Kopf hob, um zu sehen, wer da auf quietschenden Sohlen in ihren schönen keimfreien Autopsiesaal gelatscht kam, sah Logan, wie ihre Augen sich weiteten.
    Er blieb stehen und riskierte ein Lächeln. »Hallo.«
    Sie hob die Hand und hätte beinahe gewinkt. »Hallo …« Rasch senkte sie den Blick wieder auf den kleinen nackten Körper, der ausgestreckt auf dem Autopsietisch lag. Den dreijährigen David Reid. »Wir haben noch nicht angefangen. Wirst du zuschauen?«
    Logan nickte und räusperte sich. »Ich wollte dich eigentlich letzte Nacht schon fragen«, sagte er. »Wie geht’s dir denn so?«
    Sie wich seinem Blick aus und tat so, als richtete sie die Reihe glänzender Instrumente auf dem Tablett neu aus. Der Edelstahl blitzte im Schein der OP-Leuchten. »Ach …«, seufzte sie und zuckte mit den Achseln. »Wie’s halt so geht.« Ihre Hand blieb auf einem Skalpell liegen. Das glänzende Metall hob sich auffällig vom matten Weiß ihrer Latexhandschuhe ab. »Und bei dir?«
    Auch Logan hob nur die Schultern. »Eigentlich wie immer.«
    Die Stille war quälend.
    »Isobel, ich …«
    Die Doppeltür wurde erneut aufgestoßen, und Isobels Assistent Brian stürmte herein, mit dem stellvertretenden Gerichtsmediziner und dem Staatsanwalt im Schlepptau. »Entschuldige bitte die Verspätung. Wir mussten noch diesen tödlichen Unfall fertig machen – du kennst das ja, ein elender Papierkram ist das immer!«, sagte Brian und strich sich eine Strähne seiner wallenden Haarpracht aus dem Gesicht. Er ließ Logan ein zuckersüßes Lächeln zukommen. »Hallo, Sergeant, schön, Sie wiederzusehen!« Er blieb stehen, um Logan die Hand zu schütteln, und eilte dann weiter, um sich ebenfalls eine rote Gummischürze umzubinden. Der stellvertretende Gerichtsmediziner und der Staatsanwalt begrüßten Logan mit einem Nicken, entschuldigten sich ebenfalls bei Isobel und nahmen am Seziertisch Aufstellung, um ihr bei der Arbeit zuzusehen. Isobel würde allein das Skalpell schwingen; der andere Pathologe, ein übergewichtiger Mann von Anfang fünfzig mit Glatze und Haaren in den Ohren, war nur zugegen, um sich zu vergewissern, dass Isobels Ergebnisse korrekt waren. So schrieb es das schottische Recht nun einmal vor. Nicht, dass er es gewagt hätte, sie offen zu kritisieren. Und außerdem hatte sie sowieso immer Recht.
    »Also«, sagte Isobel, »dann sollten wir vielleicht mal anfangen.« Sie setzte ihr Headset auf, machte einen Mikrofontest und ratterte die einleitenden Angaben herunter.
    Logan sah zu, wie sie David Reids sterbliche Überreste langsam und sorgfältig nach Spuren absuchte. Drei Monate in einem Graben, bedeckt mit einer alten Spanplatte, hatten die Haut fast schwarz werden lassen. Sein ganzer Körper war durch das wundersame Wirken der Verwesung aufgeblasen wie ein Ballon. Die aufgeschwemmte Haut war mit kleinen weißen Flecken gesprenkelt, wie Sommersprossen; hier hatten sich Pilze angesiedelt. Der Gestank war jetzt schon übel, aber Logan wusste, dass er noch viel schlimmer werden würde.
    Neben dem kleinen Leichnam stand eine Edelstahlschüssel, in der Isobel nun alles sammelte, was sie fand. Grashalme, Moosstücke, Papierfetzen. Alles, was seit dem
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