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Die dunkle Quelle

Die dunkle Quelle

Titel: Die dunkle Quelle
Autoren: Tobias O. Meißner
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nicht besonders
gemütlich, aber es gab wenigstens mehrere Sessel, die man um Tische herum
beliebig anordnen konnte. Die wirklich behaglichen Räume waren dem
Bürgermeister und seinen handverlesenen Gästen vorbehalten und nachts
selbstverständlich abgeschlossen.
    Als Rodraeg ihr
einschenkte, fiel sein Blick auf die Eingangstür.
    Â»Sie war offen«, sagte
Naenn, wie um seine Gedanken zu beantworten, und schaute ihn prüfend an.
    Â»Schon möglich«, sagte
er, und konzentrierte sich darauf, zwei Sessel so zu verschieben, daß sie sich
bequem gegenübersetzen konnten. Natürlich war das nicht möglich. Er hatte erst
wenige Sandstriche vorher kontrolliert, daß die Tür abgeschlossen war. Aber
dies hier war ein Schmetterlingsmädchen, sie konnte auf Sonnenstrahlen wandeln
und gewiß auch auf denen des Mondes durch ein Schlüsselloch.
    Er fühlte sich
gewöhnlich und unzulänglich, als sie seinen Tee kostete und auf höfliche Art
und Weise anerkennend nickte.
    Dann stellte sie die
Tasse ab und kam mit großem Ernst zur Sache.
    Â»Ich bin schon seit
einiger Zeit auf der Suche, Herr Delbane. Ich habe den Auftrag erhalten, einen
Mann oder eine Frau zu finden, der oder die in der Lage ist, eine schwierige
und gefährliche Mission zum Wohle des gesamten Kontinents zu leiten. Eine
Mission, die wahrscheinlich mehrere Jahre dauert und nicht besonders gut
entlohnt wird.«
    Â»Aha.«
    Â»Es geht darum, eine
Gruppe von Menschen zu bilden und anzuführen, die in verschiedenen Brennpunkten
kontinentaler Ereignisse eingreifen kann und versucht, eine Art Gleichgewicht
wiederherzustellen, das im Begriff ist, verlorenzugehen.« Sie stutzte. »Das
hört sich alles sehr geschwollen und undurchsichtig an, nicht wahr?«
    Â»Keine Ahnung«, gab
Rodraeg unumwunden zu. »Kann es sein, daß es noch einen anderen Rodraeg
Talavessa Delbane gibt, und Ihr hier vor dem Falschen sitzt?«
    Â»Wie kommt Ihr darauf?«
    Â»Durch alles, was Ihr
sagt. Ihr seid auf der Suche nach einem Helden mit unbegrenzter Zeit, der noch
dazu Menschen führen und von frischer Luft leben kann. Nichts von alledem
trifft auf mich zu. Ich bin kein Held, bin beruflich vollständig eingebunden,
bin lieber ein Gehilfe als ein großer Anführer und brauche einen Mindestlohn,
um mich über Wasser halten zu können. Ihr könnt unmöglich mich meinen, das
glaube ich nicht.«
    Das Schmetterlingsmädchen
schloß die Augen und atmete tief durch. »Aber Ihr seid der letzte, der noch
übrig ist.«
    Â»Der letzte, der noch
übrig ist? Wovon?«
    Â»Von den Personen auf
meiner Liste. Wenn Ihr es nicht seid, müßte ich wieder von vorne anfangen, und
dazu habe ich – ehrlich gesagt – die Kraft nicht mehr und auch nicht mehr die
Zeit.«
    Â»Das ergibt noch immer
keinen Sinn für mich.«
    Â»Ich weiß. Vergebt mir.
Ich bin müde und – hoffentlich – am Ende einer langen Reise. Ich falle mit der
Tür ins Haus und verschrecke Euch dadurch, Eure Reaktion ist sehr verständlich.
Vielleicht gestattet Ihr mir, langsam zu erzählen, Punkt für Punkt, um klarzustellen,
wie ich auf Euch gekommen bin.«
    Â»Ja, das wäre
hilfreich.«
    Sie holte erneut tief
Luft. Sie tat ihm leid jetzt, sah tatsächlich müde aus, wie ein Kind mit
Sorgenfalten auf der Stirn. Wer hatte sie bloß losgeschickt mit einer solchen
Bürde?
    Â»Ich wurde beauftragt«,
begann sie, »in der Hauptstadt, von einer geheimen Organisation, die sich
selbst Der Kreis nennt. Mein Auftrag lautete: Finde
eine Person, der wir die Leitung einer Einsatzgruppe anvertrauen können. Da ich
selbst aus der Abgeschiedenheit des Schmetterlingshains stamme, hatte ich
natürlich keinerlei Anhaltspunkte, wer da in Frage kommen würde oder an wen ich
mich hätte wenden können. Deshalb gab Der Kreis mir
eine Liste mit fünf Namen. Fünf Kandidaten, die Der Kreis für vielversprechend hielt. Ich erhielt genügend Taler und drei Monde Zeit, um
die fünf Personen auf dieser Liste aufsuchen und fragen zu können.
    Begonnen habe ich mit
den beiden Personen, die in der Hauptstadt wohnen. Die erste war ein in den
Ruhestand gegangener General der königlichen Armee, der sich in seiner aktiven
Zeit einen Namen gemacht hatte dadurch, daß er vermeidbare Kampfhandlungen
tatsächlich vermied und ein viel größeres Augenmerk auf Diplomatie
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