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Die dunkle Quelle

Die dunkle Quelle

Titel: Die dunkle Quelle
Autoren: Tobias O. Meißner
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Heer entgegenwerfen würden – wie sie es vor
Galliko und jenseits der Festung Carlyr immer getan hatten, seit Jahrhunderten
schon. Alles wäre kein Problem gewesen, hätten die Theoretiker nur Recht
behalten. Dieses Heer war das größte, das der Kontinent seit König Rinwes
Kriegszeiten gesehen hatte, es bestand aus zweitausend gut ausgebildeten
Männern und Frauen und war zusätzlich mit dieser einzigartigen Ansammlung
verschiedenartiger Magier verstärkt. Wie ein Spaziergang mit einem großen
Wischbesen sollte es werden – so hatte man es ihnen zumindest versprochen.
    Doch die Affenmenschen
dachten gar nicht daran, den Vorhersagen zu entsprechen. Sie griffen nicht auf
breiter Front an, sondern nur mit kurzen Überfällen, und überließen das
königliche Heer im gefährlichen Gelände sich selbst. Wenn sie doch angriffen,
dann schnell, aus dem Hinterhalt, aus dem Dunkel heraus und aus möglichst
großer Entfernung. Den Rest der Arbeit überließen sie ihrem Land.
    Jetzt aber sollte sich
das Blatt wenden. Die Kundschafter hatten eine Siedlung der Affenmenschen
ausgemacht. Höhlen und lehmige Wohnhügel, fünfhundert bis tausend Bewohner.
Kein kleines Dorf, eher schon ein wichtiger Anlaufpunkt für die Affenkrieger,
die dem Heer bislang gefolgt waren. Ein Kundschafter aus Galliko nannte die
löchrige Hügelgruppe, in der die Lagerfeuer rauchten, den ›Skorpionhaufen‹,
weil etliche kleine, gelbliche Skorpione hier herumwimmelten.
    Dieser ›Skorpionhaufen‹
bot endlich die Gelegenheit zum Gegenschlag. Dem General schwebte kein Angriff
vor, kein unerfreuliches Gemetzel auch an Affenweibchen und Affenkindern.
Vielmehr wollte er ein Zeichen setzen, das Furcht in die Herzen aller übrigen Affenmenschen
trieb. Er wollte diese Siedlung ausradieren, als hätte sie nie existiert.
Alles, was zurückbleiben sollte, war eine in den Boden gerammte königliche
Fahne. Neu erobertes Land, mitten im Herzen des gegnerischen Territoriums.
    Die Magier hatten die
gesamte Nacht gebraucht, um alle Vorkehrungen zu treffen, aber jetzt schien es
endlich vollbracht zu sein. Ein Senchak-Priester in zeremonieller Rüstung, der
als Sprecher der Magier fungierte, kam dem General auf dem verschneiten Weg zu
den vorgelagerten Posten entgegen.
    Â»Es ist schon hell,
Senchak-Bruder«, keuchte der General, der sich auf den jungen Hauptmann stützen
mußte, um zügig voranzukommen. »Seid ihr dennoch unbemerkt geblieben?«
    Â»Das sind wir, General.
Die Affen sind ruhig und mit ihrem Alltag beschäftigt. Niemand hat sie vor uns
gewarnt.«
    Â»Was äußerst
unglaubwürdig ist, findet Ihr nicht auch? Seit vierzehn Tagen werden wir immer
wieder attackiert und von Feinden in die Irre geführt, und da sollte keiner der
Affen auf die Idee gekommen sein, dieses Dorf, das auf unserem Weg liegt, zu
warnen? Äußerst unglaubwürdig.« Er hustete und spuckte aus. »Nein, es ist so,
wie ich gestern vermutet habe. Eine Falle. Dieser Skorpionhaufen ist eine
Falle.«
    Der Priester nickte.
»Ihr könntet recht haben. Diese Hügel sind mit Sicherheit von einem
weitläufigen Geflecht aus Gängen und Höhlen durchzogen. Dort kann man bequem
ganze Armeen verstecken.«
    Â»Ja. Wenn wir mit
Fackel und Schwert angreifen, sollen wir eine böse Überraschung erleben. Ich
könnte mir gut vorstellen, daß der Feind glaubt, unseren Feldzug hier auf einen
Streich beenden zu können.«
    Der Priester lachte
rauh, so daß sein Atem nebelig vor seinem Gesicht tanzte. »Aber wir werden
nicht angreifen.«
    Â»Richtig. Wir werden
nicht angreifen. Mit Eurer Magie werden wir die Hügel der Skorpione in Staub
verwandeln, und je mehr Krieger die Affen dort verborgen haben, desto besser
für uns und unser weiteres Vorankommen.«
    Â»Ruhm und Ehre dem
wilden Gott Senchak und der weisen Königin Thada.«
    Â»Ruhm und Ehre der
Königin Thada und allen Göttern, die ihr gewogen sind.«
    Der General und der
Zauberer maßen sich mit Blicken und grinsten beide dabei. Sie würden sich nie
vollkommen verstehen, der Kriegshandwerker und der Glaubenskrieger, aber
Senchak war der Gott der Waffen und der Schlachten, und das ermöglichte es
ihnen, zusammenzustehen gegen die Bestien des Nordostens.
    Sie erreichten die
Beobachtungslinie. Ein ›Weitauge‹, eine der neuesten Erfindungen aus den
Rüstkammern Aldavas,
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