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Die dunkle Quelle

Die dunkle Quelle

Titel: Die dunkle Quelle
Autoren: Tobias O. Meißner
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Kommando übernehmt Ihr auch die Verantwortung für das weitere Vorgehen
und das Überleben unserer Männer, sollte das Fieber mich fertigmachen.«
    Â»Das ist mir klar,
General. Aber so weit wird es nicht kommen.«
    Der junge Hauptmann
stapfte durch den Schnee davon.
    Der General betrachtete
den gelbhaarigen Magier. »Und Ihr, mein honigfarbener Freund? Wollt Ihr Euch
lieber mit Hauptmann Gayo zurückziehen oder Euch weiterhin in meiner Nähe der
Gefahr einer Ansteckung aussetzen?«
    Â»Ich fürchte, mir
bleibt keine Wahl, General. Meine Magie ist ein wichtiger Bestandteil unseres
Plans.«
    Â»Dann macht es Euch
hier vorne gemütlich. Wir fangen bald an.«
    Es verging noch fast
eine halbe Stunde. Dem General war ein Schemel gebracht worden, auf den er sich
setzen konnte. Ein Soldat tupfte ihm Schweiß aus dem Gesicht, ein anderer
reichte ihm heiße klare Suppe, die er aus einem Krug schlürfte.
    Die Magier meldeten
ihre Vorbereitungen als abgeschlossen. Ein Feldläufer von Hauptmann Gayos
Abteilung meldete, daß Gayos Männer die angewiesene Rückzugslinie erreicht
hatten. Die restlichen Soldaten, noch beinahe sechshundert, verbargen sich
links und rechts des Generals unter schneebeladenen Bäumen und Buschwerk.
    Der Senchak-Priester
kam handschuhreibend von seinem letzten Rundgang zurück. »Die Magier warten nur
noch auf Euer Kommando, General. Einige sind schon regelrecht in verzückter
Entrücktheit begriffen. Die Macht, die wir ausgießen werden über diese
Brutstätte des Unglaubens, wird ohne Beispiel sein.«
    Der General nickte und
nahm einen weiteren Schluck Suppe. »Das bedeutet, ich kann auf das ›Weitauge‹
verzichten und dennoch etwas sehen?«
    Â»Ihr werdet das nicht
übersehen können, General.«
    Â»Na, dann los.
Entfesselt, meine Magier, was ihr alles zu entfesseln habt.«
    Der Senchak-Priester
verbeugte sich, kreuzte die Arme vor der Brust und schloß die Augen, das
Gesicht dem ›Skorpionhaufen‹ zugewandt.
    Die Soldaten, und mit
ihnen auch der General, hielten den Atem an.
    Dann detonierten vor
ihnen die Hügel in einer weißen, aufwärts fließenden Kaskade aus Licht, die
brüllend anschwoll und sich kreisförmig ausdehnte. Der General sah Felsen
zerplatzen wie überreifes Obst. Sah Schnee schmelzen, aufkochen und als Dampf
zerstieben innerhalb eines einzigen Augenblicks. Sah Bäume sich biegen wie
Grashalme, dann zu Flammen werden, zu Asche und schließlich zu einer Erinnerung
an Rauch. Sah das grellweiße Tosen auf sich und seine Männer zurasen wie eine
Flutwelle, die jedes Begreifen überstieg. Er sah das Entsetzen im Gesicht des
Senchak-Priesters, dann, wie dieses sich in winzige Fetzen auflöste, die ein
unzähmbarer Sturmwind vor sich herpeitschte.
    Der letzte Gedanke des
Generals, bevor ihm das Fleisch von den Knochen gerissen wurde und diese
Knochen dann verglühten, war: Dies ist ein angemessenes Ende.
    Ein schneeweißes
Blenden, so vollkommen wie das Dunkel, das es bringt.

1

Nicht von hier
    Der Sturm treibt den
Schnee fast waagerecht über die weiße Gletscherebene.
    Zwischen den großen,
zusammengesunkenen Leibern der Mammuts regt sich nur noch ein Jungtier, das
verzweifelt die Stirn gegen die Flanke der Mutter drückt, um diese wieder
aufzurichten. Da ist kein Licht mehr in den dunklen Augen der Mutter.
Schneeflocken verkleben die Wimpern. Speere ragen aus dem Leib wie Stacheln.
    Die Jäger kommen näher,
vier zottelige Schemen im Schnee, Speere und Stangen und Steinschleudern
schwenkend. Es sind Zweibeiner, die die Felle von Mammuts tragen.
    Einer der Jäger
entdeckt das Jungtier zwischen den liegenden Mammuts, ruft und winkt und wirft
mit Steinen. Das Mammut läßt von seiner Mutter ab und schnaubt mit drohend
erhobenem Rüssel. Es hat noch nicht die majestätischen, zum Kreis gebogenen
Stoßzähne der Großen, aber als es jetzt losläuft, stampfend im Neuschnee,
weicht der Jäger zurück, ohne den Kampf zu suchen.
    Das kleine Mammut
blickt sich um, sieht das verzierte Rohr, das der vorderste der Jäger in den
Händen hält. Bis auf eine letzte sind jetzt alle Richtungen verwehrt. Das
Mammut trompetet und rennt dorthin, wo das Feld noch frei ist. Tief sinkt es
ein in den knarzenden Schnee, kämpft sich mit der Brust voran, aber auch die
Verfolger sind nicht schneller.
    Die Verfolgung währt
nur kurz, denn dort
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