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Die dunkle Prophezeiung des Pan

Die dunkle Prophezeiung des Pan

Titel: Die dunkle Prophezeiung des Pan
Autoren: Sandra Regnier
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nach Ausreden.
    »Ist
das wieder so ein Elfending?«, flüsterte ich in den Hörer.
    »Ja.
Genau. So ein Elfending.«
    Weshalb
klang das gelogen?
    »Bitte,
Fay, denk doch an das Geld, das du im Museum verdienen kannst. Du
kannst nicht zu einer Kugel Eis mitgehen und willst dich nicht
einladen lassen. Möchtest du nicht manchmal unabhängig
sein?« Jetzt flehte er beinahe.
    Er
hatte ja Recht. Ich konnte und wollte meinen Freunden nicht auf der
Tasche liegen.
    »Felicity?«
Mum öffnete meine Zimmertür einen Spalt.
    »Fay
…«, hörte ich Lees Stimme am Telefon.
    »Ich
muss jetzt gehen«, sagte Mum und ihr Blick war so
hoffnungsvoll.
    »Ich
komme dich gleich abholen. Dann bringe ich dich zum Trafalgar
Square.«
    Innerlich
zerrissen. Mit einem Mal verstand ich den Spruch.
    »Felicity?«
    Ich
dachte an Mums müdes Gesicht abends. Ich dachte an ihren
schweren Stand hier in London. Und dann dachte ich an diesen dunklen,
ungemütlichen Pub und die drei Stooges, die allabendlich an der
Theke saßen. An meinen Traum zu studieren, und dass ich es
wahrscheinlich sowieso nicht konnte, weil ich keinen Penny besaß.
    »Ich
muss auf Lee warten«, sagte ich leise. Wie erwartet verzog sich
Mums Gesicht. Der Glanz in ihren Augen erlosch und sie schloss die
Tür.
    »Fay,
ich bin schon unten«, hörte ich Lee. Ich legte auf und
begann zu weinen.
    Ich
weiß nicht, wie er ins Haus kam – wahrscheinlich wieder
so ein Elfending –, aber zwei Minuten später fühlte
ich Lees Arme um mich. Trotz des leichten Stromschlags zuckte er
nicht zurück, sondern zog mich auf seinen Schoß.
    Er
sagte nichts, hielt mich einfach nur fest. Eine kleine Ewigkeit saßen
wir so engumschlungen da. Irgendwann nahm ich wieder seinen zarten
Duft wahr und seine elfenhafte Temperatur. Außerdem noch etwas
anderes. Ich spürte seine Muskeln und seinen festen Körper.
Sein männliches Kinn und die feingeschwungenen Lippen waren ganz
dicht vor meinen Augen. Lippen, die Felicity Stratton so geküsst
hatten, dass die ihm seither verfallen war. Lippen, um deren
Mundwinkel manchmal niedliche kleine Lachfältchen lagen, ähnlich
zarten Narben. Um die Augen hatte Lee keine Falten. Nicht einmal,
wenn er lachte. Nur die Stelle zwischen seinen Augen kräuselte
sich dann. Und sein Kinn wirkte den ganzen Tag über, als wäre
er frisch rasiert.
    »Musst
du dich eigentlich nicht rasieren?«, fragte ich ohne
nachzudenken. Da waren sie: diese süßen Lachfalten um
seine Mundwinkel.
    »Nur,
wenn ich mir einen Bart wachsen lasse und ihn dann nicht mehr will.«
    »Habe
ich das tatsächlich laut gesagt?«, stöhnte ich und
schloss für einen Moment die Augen.
    »Ist
auch so ein Elfending.« Lees Hände strichen weiter über
meinen Rücken.
    »Dumme
Äußerungen seiner Mitmenschen hervorlocken?«
    Lees
Brust bebte vor Lachen. »Nein. Bartwuchs. Ich finde, so ein
Drei-Tage-Bart steht mir. Und die Frauen finden’s auch gut.«
    Ich
knuffte ihn. Da war er wieder, der arrogante Macho. Aber sein
süffisantes Grinsen verblich zu einem aufrichtigen Lächeln.
»Es gehört auch dazu: Ich kann den Bartwuchs aussetzen
lassen, wann ich möchte.«
    Ich
dachte an den Bruder meines Großvaters, Onkel Edward, dessen
Nasenhaare richtige Büsche waren. Im Winter verlängerte
Eiszapfen. Dem hätte so eine Fähigkeit auch gut getan.
    Lees
Lippen kräuselten sich wieder. Er sah mir noch immer in die
Augen. Und ich ihm. Diese unglaublichen Augen mit dem dunklen
Außenring um die zartblaue Iris. Sein Gesicht kam noch näher.
Sein Kopf veränderte den Winkel. Ich wusste, er wollte mich
küssen. Mein Herz begann schneller zu schlagen. Ich fühlte
seinen Atem auf meiner Wange, erkannte jede einzelne Bartstoppel und
mir schoss durch den Kopf, dass er sie allein wachsen ließ, um
Frauen zu verführen. Er war über dreihundert Jahre alt! Wie
viele Frauen hatte er wohl verführt? Ich wäre bestimmt
Nummer sechshundertvierzig. Falls das reichte. Zwei Frauen pro Jahr
waren für einen Mann wie Lee bestimmt noch zu wenig. Im letzten
Moment machte ich einen Rückzieher.
    Also
legte ich meinen Kopf wieder an seine Schulter, aber ich wagte es,
eine Hand auf seine Brust zu legen. Sie war fest und lauwarm. Ich
fühlte die Muskelstränge durch sein Shirt. Er roch zudem
wieder nach Moos und etwas leicht Blumigem. Etwas, das an Frühling
erinnerte. Irgendwann würde ich schon draufkommen. Ich atmete
tief ein, um diesen Duft festzuhalten.
    »Na,
komm schon, Fay. Ich bringe dich zur National Gallery.« Lees
Stimme hörte sich
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