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Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle

Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle

Titel: Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle
Autoren: Bianka Minte-König
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Kräften und der Skrupellosigkeit der dunklen Zunft. Er wird viel Blut getrunken haben, seit er zum Vampir wurde, während du noch immer nicht deine erste Blutmahlzeit genossen hast.«
    »Da irrst du, Estelle«, sagte Amadeus leise, »da irrst du sehr.«
    Dann erzählte er weiter. Utz hatte ihn völlig in die Engegedrängt und mit der Kraft der Verzweiflung schwang er sich über die Brüstung des Turmes und stürzte sich in die Tiefe.
    »Doch ein Wunder geschah. Mir war plötzlich, als hätte ich Flügel, jedenfalls verfügte ich über eine übermenschliche Sprungkraft und landete am Fuße der Burgmauer unversehrt auf meinen beiden Beinen. Als sich mir dort einer von Utz’ Schergen in den Weg stellen wollte, ergriff ich ihn mit letzter Anstrengung, biss ihm in den Hals und trank in hastigen Zügen sein Blut. Erst später merkte ich, dass es der Radke war. Augenblicklich ließen meine Schmerzen nach, die Wunden begannen sich zu schließen und meine Lunge konnte wieder atmen.«
    Er sah mich mit einem verzweifelten Ausdruck in seinen dunklen Augen an.
    »Estelle, es war wie ein Rausch, ich schämte mich es zu tun, aber zugleich durchströmte mich ein solches Wohlbehagen, wie ich es nur noch in deinen Armen finde. Es war, als hätte ich kurz vor dem Verdursten gestanden, und jemand hätte mich endlich mit einem labenden Trank erquickt.«
    Er zog mich an sich und versenkte sein Gesicht in meinem Haar.
    »Verzeih mir, Estelle, bitte verzeih mir!«
    Ich strich ihm über den Kopf. So hatte ich doch recht gehabt, als ich eine gewisse Veränderung an ihm festgestellt hatte.
    »Es gibt nichts zu verzeihen, Amadeus, und gerade um den Radke ist es nicht schade.«
    Aber er fuhr fort, sich in Selbstzweifeln zu zerfleischen, etwas, wovor ich mich gefürchtet hatte, seit ich ihn unter den Schmerzen der Geburt zum Vampir gemacht hatte.Denn in seinen Worten schwang unterschwellig eine Anklage gegen mich mit.
    »Estelle, was ist denn nur mit mir geschehen? Ich begreife es bis heute nicht. Die Episode erscheint mir wie ein böser Traum. Es kann nicht sein, was ich dort erlebte, denn es ist widernatürlich. Untote – Vampire – ich selbst einem triebhaften Blutrausch verfallen!« Er sah mich verzweifelt an, griff nach meinen Schultern und schüttelte mich.
    »Estelle! Bin ich noch der, der ich einmal war? Ist wirklich alles wahr, was in der Nacht von Amandas Geburt geschah und was ich bisher als ein Hirngespinst abgetan hatte? Hast du mich tatsächlich zu einem Monster gemacht? Bin ich ein – Vampir?«
    Um mein Herz legte sich eine eiserne Klammer. Nun also war der Moment gekommen, an dem er mich anklagte, so wie ich es befürchtet hatte. Jetzt, da er begriff, dass ihm mein Kuss seinerzeit zwar sein Leben wiedergegeben hatte, welches er mir zum Opfer dargebracht hatte, dieses Leben aber kein menschliches mehr war, weil es unter einer schwarzen Sonne und im kalten Licht des Mondes vollzogen werden würde und als unverzichtbare Energiequelle das Blut der Menschen brauchte.
    Wie konnte ich ihm helfen, dieses Schicksal anzunehmen, statt mit ihm zu hadern und über den Gedanken, zum Bluttrinker geworden zu sein, wahnsinnig zu werden?
    Ich zog ihn sanft an mich und streichelte ihn beruhigend, als er in stilles Schluchzen ausbrach. Wir saßen lange schweigend, bis ich endlich versuchte zu erklären, was nicht erklärbar war.
    »Es ist wahr, Amadeus, und du erkennst es nun. Wir sind Vampire, du und ich, und um uns zu erhalten, brauchen wir Blut. Menschenblut. Es gibt uns Kraft und Jugend, esist unser Lebenselixier. Wenn wir es haben, sind wir gesund und stark und können ewig leben; fehlt es uns, altern wir und werden schwach. Du hast es selbst erfahren.« Und um ihn aus seinem dumpfen Hadern zu reißen und das Positive an seiner Verwandlung hervorzuheben, fragte ich ablenkend: »Warst du nach der Blutmahlzeit stark genug, um Utz zu besiegen?«
    Amadeus schüttelte den Kopf.
    »Kurz nach meinem Angriff auf Radke gingen seltsame Dinge mit mir vor. Krämpfe schüttelten mich und eine eisige Kälte floss durch meinen Körper und ergriff mein Herz. Ich sah, wie meine Haut erbleichte und die Adern auf meinen Händen sich dunkelblau färbten. Mein Kiefer schmerzte und nach der Eiseskälte durchströmte mich plötzlich eine höllische Glut, sodass ich mich in den Schnee warf, um Abkühlung zu erlangen. Es waren nur wenige Augenblicke heftigster Qual, dann ging es mir besser und ich fühlte, wie mir eine ungeahnte Kraft und Stärke zuwuchs, und
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