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Die Drenai-Saga 2 - Der Schattenprinz

Die Drenai-Saga 2 - Der Schattenprinz

Titel: Die Drenai-Saga 2 - Der Schattenprinz
Autoren: David Gemmell
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war groß und hatte breite Schultern, schmale Hüften und lange Beine. Er war ganz in Schwarz gekleidet und trug einen Ebenholzstab mit Eisenspitze. Er hatte eine Kapuze auf, und sein Gesicht war unter einer Maske aus geformtem, schwarzem Leder verborgen. Er bewegte sich leichtfüßig, mit den gleichmäßigen, fließenden Bewegungen eines Athleten, doch er war wachsam, und seine hellblauen Augen prüften jeden Busch und jeden Schatten unter den Bäumen.
    Als er die Toten sah, umkreiste er sie langsam und las aus den Spuren den kurzen Kampf ab.
    Ein Mann gegen vier.
    Die ersten drei waren fast sofort gestorben, und das war ein Zeichen für Schnelligkeit. Der vierte war an dem einsamen Krieger vorbeigerannt. Der große Mann folgte der Spur und nickte.
    So. Hier lag ein Geheimnis. Der einsame Krieger war nicht einsam – er hatte einen Geführten, der am Kampf jedoch nicht teilgenommen hatte. Die Fußspuren waren klein, die Schrittweite jedoch groß. Eine Frau?
    Ja, eine Frau. Eine große Frau.
    Er warf einen Blick zurück auf die Toten.
    »Das war gute Arbeit«, sagte er laut. Seine Stimme klang gedämpft durch die Maske. »Sehr gute Arbeit.« Einer gegen vier. Nicht viele Männer würden einen solchen Kampf überleben – und dieser Mann hatte nicht nur überlebt, sondern gesiegt, ohne seine Fähigkeiten voll einzusetzen.
    Ringar? Er war ein blitzschneller Killer mit phantastischen Reflexen. Doch er wagte selten einen Nackenhieb, sondern wählte öfter den unteren Rumpf: den Bauchstich.
    Argonin? Nein, er war tot. Seltsam, wie schnell man so etwas vergessen konnte.
    Wer dann? Ein Unbekannter? Nein. In einer Welt, in der Waffenfertigkeit von höchster Wichtigkeit war, gab es nur wenige Unbekannte mit so erstaunlichen Gaben.
    Der Mann besah sich die Spuren noch einmal, malte sich den Kampf aus, und sah zuletzt den verwischten Abdruck in der Mitte. Der Krieger war in die Höhe gesprungen und hatte sich in der Luft gedreht wie ein Tänzer, ehe er den tödlichen Hieb anbrachte.
    Tenaka Khan!
    Die Erkenntnis traf den großen Mann wie ein Schlag. Seine Augen funkelten seltsam, und sein Atem ging stoßweise.
    Von allen Männern auf dieser Welt, die er haßte, nahm Tenaka Khan den ersten Platz ein.
    Entsprach das noch der Wahrheit? Er entspannte und erinnerte sich; seine Gedanken folgten den Spuren in seinem Gedächtnis, die sich wie Salz in eine schwärende Wunde gefressen hatten. »Ich hätte dich damals töten sollen«, sagte er. »Dann wäre mir nichts von alldem zugestoßen.«
    Er stellte sich vor, wie Tenaka starb, wie sein Blut in den Schnee rann. Es bereitete ihm keine Freude; dennoch hungerte er nach der Tat.
    »Dafür wirst du mir bezahlen«, sagte er. Und brach auf nach Süden.
     
    Tenaka und Renya kamen am zweiten Tag gut voran. Sie sahen niemanden, nicht einmal Anzeichen von Menschen. Der Wind hatte sich gelegt, und in der klaren Luft lag eine Verheißung des Frühlings. Tenaka schwieg zumeist, und Renya drang nicht in ihn.
    Gegen Abend, als sie einen steilen Hang hinabkletterten, rutschte sie aus und schoß vorwärts, rollte Hals über Kopf den Hügel hinab und schlug sich den Kopf an einer knorrigen Baumwurzel auf. Tenaka lief zu ihr, streifte ihr den Burnus ab und untersuchte die klaffende Wunde an der Schläfe. Sie funkelte ihn an.
    »Faß mich nicht an!« schrie sie und schlug nach seinen Händen.
    Er wich zurück und reichte ihr den Baumwollschal.
    »Ich mag es nicht, wenn man mich anfaßt«, entschuldigte sie sich.
    »Dann werde ich dich nicht anfassen«, antwortete er. »Aber du solltest die Wunde verbinden.«
    Sie versuchte aufzustehen, doch die Welt drehte sich, und sie stürzte. Tenaka machte keine Anstalten, ihr zu helfen. Er sah sich nach einem Lagerplatz um und entdeckte ein Fleckchen etwa dreißig Schritt zu ihrer Linken: ein natürlicher Schirm aus Bäumen, der den Wind abhielt, mit überhängenden Zweigen, die vor Schnee schützten. Er ging hinüber, wobei er Reisig aufsammelte. Renya beobachtete, wie er fortging und versuchte aufzustehen; doch ihr wurde übel, und sie begann heftig zu zittern. Ihr Kopf pochte. Der Schmerz war ein rhythmisches Hämmern, das Wellen der Übelkeit durch ihren Körper sandte. Sie versuchte zu kriechen.
    »Ich … brauche dich nicht«, flüsterte sie.
    Tenaka bereitete das Feuer vor, pustete auf den Zunder, bis kleine Flammen über dem Schnee tanzten. Dann legte er dickere Zweige und schließlich Äste darauf. Als das Feuer kräftig brannte, kehrte er zu dem Mädchen
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