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0530 - Land der Amazonen

0530 - Land der Amazonen

Titel: 0530 - Land der Amazonen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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El Paso, Texas:
    Aus dem obersten Stockwerk des Bürohochhauses, in dem die Tendyke Industries, Inc. gleich ein gutes Dutzend angemieteter Etagen belegte, hatte man einen prachtvollen Ausblick nach Süden über den Rio Grande nach Mexiko hinein, nur konnte Sam Dios heute mit diesem Panorama herzlich wenig anfangen. Vor dem Fenster seines Büros stehend, schloß er die Augen. Er fühlte sich krank.
    Es handelte sich wieder einmal um einen jener Schwächezustände, die ihn in unregelmäßigen Abständen heimsuchten, aber daß diese Abstände immer kürzer wurden, beunruhigte ihn. Vielleicht hatte er damals, als er sich vor Jahren für diesen Weg entschied, einen Fehler begangen.
    Aber wer hatte das damals ahnen können?
    LUZIFER selbst?
    Das wäre Verrat des höchsten Höllenherrschers an seinem treuesten Diener gewesen, der ihm zu einem solchen Verrat niemals einen Grund gegeben hatte. Im Gegenteil, er hatte Asmodis doch damals mit einem besonderen Auftrag betraut…
    Aber jetzt war er nicht mehr Asmodis. Er war Sid Amos. Oder auch Sam Dios, so wie jetzt in seiner Eigenschaft als Mitarbeiter der Tendyke Industries. Manchmal fragte er sich, was sein Sohn Robert Tendyke dazu sagen würde, daß er jetzt hier in einer äußerst wichtigen Funktion aktiv war.
    Robert lehnte seinen Vater ab. Robert war kein Dämon, auch wenn seines Vaters Blut in seinen Adern floß. Aber Asmodis war es… und zwei Welten, wie sie nicht gegensätzlicher sein konnten, prallten hier aufeinander.
    Als Sam Dios hatte er nicht dämonisch gehandelt. Er sorgte dafür, daß die weltweit operierende Firma seines Sohnes auf sanfte Weise von Mitarbeitern befreit wurde, die einer Sekte angehörten und versuchten, den viele Milliarden schweren Multikonzern dieser Sekte zuzuführen. Nicht einmal in seiner Zeit als Fürst der Finsternis hätte Asmodis es gutheißen können, daß die Parascience Society ein solches Bollwerk wirtschaftlicher Macht übernahm. Denn damit wäre sie zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten der Hölle geworden.
    Jetzt, da Sid Amos nicht mehr der Hölle zugehörte, war es ihm erst recht ein Anliegen, die Machenschaften dieser Sekte zu behindern.
    Aber im Moment hatte er ein Problem: Die Veränderung, die mit ihm vorging, seit er den Schwefelklüften den Rücken gekehrt hatte.
    Er wußte nicht, wohin sie ihn führte, was aus ihm wurde. Er wußte auch nicht, wie lange dieser Prozeß noch andauern würde, der nun schon mehrere Jahre währte. Er sah nur die Probleme, die er dadurch immer wieder bekam und die ihn schon mehrere Male in verhängnisvolle Situationen gebracht hatte. Nicht auszudenken, wenn ihn ein solcher Anfall erwischt hätte, als Sara Moon, Ted Ewigk und auch Professor Zamorra und andere aus seiner Crew versucht hatten, den ERHABENEN der DYNASTIE DER EWIGEN unschädlich zu machen. Auch so war es ein Fiasko geworden, denn Magnus Friedensreich Eysenbeiß, der Dybbuk im Körper des Ewigen Yared Salem, hatte seine Macht behaupten können und Sara Moon war auf der Strecke geblieben. Falls sie nicht tot war, mußte sie in den Tiefen von Raum und Zeit verschollen sein. Aber in welcher Epoche, in welchem Jahr, auf welcher Welt, das konnte selbst Sid Amos nicht mehr erkennen. Selbst seine Fähigkeiten hatten ihre Grenzen. Er konnte nichts für sie tun. [1]
    Er öffnete die Augen wieder, weil er die Bilder der Vernichtung nicht mehr sehen wollte, die seine Erinnerung ihm aufdrängte. Helles Sonnenlicht erreichte ihn wieder. Schmerzhaft grell. Er konnte sich nicht erinnern, damit jemals Probleme gehabt zu haben; er hatte direkt ins Sonnenfeuer schauen können. Jetzt aber tat es weh. Er verengte die Augen, und der gleißende Feuerball wurde zu einem Kreuz.
    Sam Dios flog zurück bis zu seinem Schreibtisch. Er stöhnte auf, riß die Arme hoch und preßte die Hände vor die Augen. »Nein«, keuchte er. »Nein, nicht… nicht schon wieder…«
    Hatte nicht gerade jemand angeklopft?
    »Draußenbleiben!« brüllte er, weil er gerade jetzt niemanden in seiner Nähe haben konnte und wollte. Er hörte, wie die Tür ins Schloß klickte; als hatte der Anklopfer den Raum bereits zu betreten versucht. Dios stöhnte auf. Er riß die schmerzenden Augen wieder auf und starrte seine Hände an.
    Die Hände eines uralten Mannes.
    Das war unmöglich! Er konnte nicht altern! Er war ein Unsterblicher, ein magisches Wesen, das nur durch Gewalteinwirkung sein Leben verlieren konnte. Außerdem war er ein Gestaltwandler, der nahezu jedes beliebige Aussehen
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