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Die drei ??? und die singende Schlange

Die drei ??? und die singende Schlange

Titel: Die drei ??? und die singende Schlange
Autoren: M. V. Carey
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grelle Rot biß sich mit dem Orange ihres Kleides.
    Das Gegenüber der rothaarigen Frau war eine Blondine, die aus einem blaßgrünen langen Kleid förmlich herausquoll. Und neben ihr stand der fünfte Partygast. Er wirkte hier fehl am Platze. Die anderen standen aufrecht da und warteten gespannt. Er ließ die Schultern nach vorn hängen. Die anderen hatten sich, wie man sah, zur Party sorgfältig gekleidet. Er hingegen nicht – sein Jackett war abgetragen und saß schlecht, und der Fingerbreit Unterhemd, der im offenen Kragen seines Sporthemdes hervor-lugte, war entschieden waschreif. Sein spärliches graues Haar hatte einen neuen Schnitt nötig.
    Allie winkte die Jungen zu sich her, und sie gingen den Gartenweg entlang. Als sie sich ein Stück von der Terrasse entfernt hatten, blieb sie stehen. »Gemütliche Gesellschaft, wie?«
    »Stehen die jetzt einfach so herum?« fragte Peter.
    »Keine Ahnung«, sagte Allie. »Ich wanderte zwischen den Gästen umher, bis mir Asmodi seinen gewissen dämonischen Blick verpaßte. Der Kerl mit dem schmuddeligen Anzug hat ein Lebensmittelgeschäft und heißt Noxworth. Die dürre Ziege in dem orangefarbenen Kleid ist Madelyn Enderby, Tante Patricias Friseuse. Sie sagt, sie kann in Orange besonders gut mitschwin-gen. Wird schon stimmen. Auf alle Fälle hampelt sie dauernd herum. Die Blonde besitzt ein Reformhaus.«
    Von der Terrasse drang gedämpft Händeklatschen herüber.
    »Da ist ja was los«, flüsterte Allie. »Gehen wir hin!«
    Die drei ??? und Allie schlichen zur Terrasse zurück und spähten durch die Glyzinien. Gerade reichte Miss Osborne Asmodi einen kristallenen Kelch mit einer fast farblosen Flüssigkeit. Asmodi nahm ihr den Kelch ab, ohne sie anzublicken, und streckte ihn den brennenden Kerzen entgegen. Sein Gesicht war wie eine Maske, kalkweiß und ausdruckslos. Nur seine Augen bewegten sich und glommen düster im Kerzenschein.
    »Wir können beginnen«, sagte Asmodi.
    Die um den Tisch versammelten Gäste regten sich leicht, und Justus glaubte einen Seufzer zu hören.
    »Heute abend ist unser Kreis nicht vollzählig«, sagte Asmodi. »Es mag sein, daß wir nichts ausrichten können, doch es mag auch sein, daß uns Dr. Shaitan seine Geister schickt. Dann mag die Stimme der Schlange über viele Meilen zu uns sprechen. Wir wollen es versuchen.«
    Er führte den Kelch an die Lippen und reichte dann das Gebräu an die Frau in Orange weiter.
    »Der Kult wird seine Macht beweisen!« krächzte die Frau in Orange. Sie nippte an dem Kelch. »Denn damals, als ich mit meiner Hauswirtin Streit hatte, da –«
    »Schweigen Sie!« gebot Asmodi. »Sie stören das Ritual.«
    Sie gehorchte und streckte den Kelch Miss Osborne hin, die ebenfalls nippte und ihn an den schmuddeligen Mr. Noxworth weiterreichte. Er kostete und gab ihn der Blondine in Grün, und von ihr ging der Kelch wieder zu Mr. Asmodi zurück.
    »Wir wollen unsere Plätze einnehmen«, sagte Asmodi.
    Jeder Anwesende nahm sich einen Stuhl.
    »Miss Osborne, geben Sie Ihr Streben bekannt«, befahl Asmodi.
    Tante Patricia senkte den Kopf. »Meine Wünsche richten sich auf die Kristallkugel. Und ich wünsche, daß Margaret Compton abberufen wird, damit sie die Kugel nicht erlangt.«
    »Sollen wir Belial und seine Macht beschwören?«
    »So geschehe es«, sagte Tante Patricia.
    Asmodi blickte über die Tischrunde hin. »Was meint der Kreis?« fragte er die anderen.
    »Ich habe meine eigenen Sorgen«, sagte Noxworth.
    »Die Sorgen des einzelnen sind die Sorgen der vereinten Kultgemeinschaft«, gemahnte ihn Asmodi.
    »Wir wollen Belial bitten, diese Compton auf eine schöne lange Reise zu schicken«, piepste die Frau in Orange. »Eine Reise beginnend am . . . wann war es noch, Liebste?«
    »Die Woche vor dem Einundzwanzigsten«, sagte Tante Patricia.
    Asmodis dunkle Augen schweiften von Tante Patricia zu der blonden Frau und dann zu Noxworth. »Dann sind wir uns einig«, entschied er.
    Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und schloß die Augen. Die anderen saßen da und starrten in die zuckenden Kerzenflammen.
    Einige Minuten lang geschah gar nichts. Die Gestalten im Speisezimmer hätten Figuren auf einem Gemälde sein können, so reglos saßen sie.
    Dann hörten Allie und die Jungen es. Im Abenddunkel, aus nunmehr fast völliger Finsternis, vernahmen sie den Ton. Es war zuerst nur schwach, ein sanftes Vibrieren. Es war wie ein Schwingen, das die Luft erzittern ließ. Es war ein singender Ton, und doch war es alles andere als
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