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Die drei Lichter der kleinen Veronika

Die drei Lichter der kleinen Veronika

Titel: Die drei Lichter der kleinen Veronika
Autoren: Manfred Kyber
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getigert, und dazu hatte er eine feierliche weiße Weste und weiße Handschuhe an den Vorderpfoten. Immer wieder aufs neue wurde Veronika davon durchdrungen, welch ein außergewöhnlicher und großartiger Herr der Kater Mutzeputz war, und ihre Hände streichelten ihn zärtlich.
    »Du hast ja nette Bekanntschaften, Veronika«, schrie die Amsel aus ihrem Nest und klappte aufgeregt mit dem Schnabel, »pfui – das hätte ich nicht von dir gedacht, daß du solch eine Person bist!«
    »Halte den Schnabel!« sagte Mutzeputz.
    »Mutzeputz«, sagte Veronika, »der Käfer hier möchte mir gerne sein Landhaus zeigen. Glaubst du, daß ich es mir ansehen darf?«
    Mutzeputz blickte geringschätzig auf den Käfer herab.
    »Es ist ein harmloses und ganz belangloses Geschöpf«, meinte er, »ich glaube zwar nicht, daß es sich lohnt, sein Landhaus zu besichtigen. Aber wenn es dich zerstreut, so magst du es ruhig tun. Ich habe eben auch keine Zeit, dich zu beschäftigen, denn ich muß sehen, ob alles in Ordnung ist.«
    Der Kater Mutzeputz verschwand unter den Radieschen. Er hob eines mit der Kralle heraus und beschnupperte es, um zu prüfen, ob sich alles hier richtig entwickle.
    Der Käfer war etwas zur Seite gegangen, als Mutzeputz erschien. Jetzt näherte er sich wieder.
    »Ich hatte mich ein wenig zurückgezogen«, erklärte er, »ich liebe es nicht besonders, Mutzeputz zu begegnen.«
    »Mutzeputz tut dir nichts«, sagte Veronika beleidigt.
    »Nein, nein, gewiß nicht«, meinte der Käfer, »ich will auch nichts gegen Mutzeputz sagen, weil er dir nahesteht und deine Vertrauensperson ist. Aber er hat so leicht einmal etwas Spielerisches an sich, und ich schätze es nicht, auch nur zum Spaß hin und her geschoben zu werden. Wer liebt das übrigens? Außerdem habe ich sehr gebrechliche Beine.«
    »Ja, sie sind gebrechlich«, sagte Veronika, »ich verstehe das.«
    »Möchtest du dir nun mein Landhaus betrachten?« fragte der Käfer.
    »Ja«, sagte Veronika, »Mutzeputz erlaubt es.«
    »Hier unten an diesem Baumstamm ist es«, erklärte der Käfer, »es ist ein sehr schönes Landhaus. Ein wenig leicht gebaut ist es allerdings, aber es ist ja auch nur für den Sommer. Nicht wahr, es ist dir nicht zu weit gewesen? Ich sagte es schon, der Weg ist nicht sehr anstrengend.«
    Die kleine Veronika brauchte nur einen Schritt zu gehen, dann war sie schon da. »Aber da ist doch gar kein Weg«, lachte sie, »das ist ja bloß nebenan.«
    »Tu nicht so großartig«, sagte der Käfer, »ich bin einige hundert Schritte gewandert, du brauchst also nicht zu übertreiben. Hier ist der Eingang«, erläuterte er, »dann kommt ein kleiner Vorraum, bloß so, dann mein Speisezimmer, in dem ich auch meine Vorräte verwahre, und hier an der Seite liegt mein Schlafgemach. Dieses ist besonders sorgfältig gebaut, und das Bett darin ist aus dem allerbesten Moos hergestellt, du wirst so leicht nicht etwas Ähnliches sehen. Dies kunstreiche Loch in der Decke ist dazu da, um die Sonne hindurchzulassen. Ich pflege mich nachmittags gerne auszuruhen, und ich liebe es überaus, wenn mir die Sonne dabei auf den Rücken scheint. Das erfolgt durch dieses Loch, ohne daß mich irgend jemand dabei sehen oder stören kann. Es ist eine außergewöhnliche Einrichtung, und soviel ich weiß, ist es das erste Mal, daß ein Landhaus damit ausgestattet wurde. Du hast so etwas gewiß nicht zu Hause?«
    »Nein«, sagte Veronika, »wenn ich im Bett liege, kann mir die Sonne nicht auf den Rücken scheinen. Aber das ist einerlei, denn ich liege auch nicht auf dem Magen.«
    »Du wirst mir doch nicht weismachen wollen, daß du auf dem Rücken liegst? Wenn man das tut, zappelt man mit den Beinen und kann nicht mehr aufstehen. Besieh dir lieber einmal das Schlafzimmer genauer und gehe richtig hinein. Aber sei vorsichtig und wirf mir die hohle Eichel nicht um, die darin steht. Ich fange den Tau in ihr auf und wasche mir damit des Morgens Gesicht und Fühler.«
    »Ich kann ganz gut mit meinen Augen hineingucken«, sagte Veronika, »aber durch den Eingang kann ich nicht kriechen, das ist doch alles viel zu klein für mich.«
    »Tu nicht so dick«, meinte der Käfer, »man sollte meinen, dir wäre die Welt viel zu klein, aber die Welt ist recht groß, kleine Veronika.«
    »Ja, gewiß, das ist sie«, sagte Veronika.
    »Sie geht sogar bis an die große Mauer, wo so viel Moos daran ist«, erklärte der Käfer, »aber so weit bist du wohl noch niemals gewesen?«
    »Ich bin schon viel weiter
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