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Die Diagnose: Thriller (German Edition)

Die Diagnose: Thriller (German Edition)

Titel: Die Diagnose: Thriller (German Edition)
Autoren: John Gapper
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erinnere ich mich«, sagte ich und dachte daran, wie verändert Annas Verhalten gewesen war, als ich mich im Le Pain Quotidien mit ihr getroffen hatte.
    »Sie hat mich hier rausgeschickt, quasi ins Exil, und da hatte ich viel Zeit zum Nachdenken. Ich fragte mich, ob ich Nora falsch eingeschätzt hatte – in dem Punkt, dass wir beste Freundinnen wären. Je länger ich grübelte, desto mehr Angst bekam ich. Mir ging auf, dass die ganze Geschichte einige Ungereimtheiten aufwies.«
    Anna war nicht die Einzige, die Noras andere Seite kennengelernt hatte. Als ich mit Nathan auf der Lichtung gesessen hatte, hatte er sich daran erinnert, wie sie sich seine Eifersucht auf mich zunutze gemacht hatte. Nachdem ich ihr erzählt hatte, dass ich nicht länger zu Harry stehen würde, hatte sie Nathan noch einmal angerufen. Er war wieder mit deiner Freundin zusammen, und er kommt mit einem Mord durch. Ohne deine Hilfe kann ich ihn nicht aufhalten , hatte sie zu ihm gesagt. Er hatte sich leicht von ihr manipulieren lassen – voller Verzweiflung über den Tod seines Vaters und wütend auf mich. Er war nie stabil gewesen, das hatte Anna schon gesagt. Anna hatte sowohl Nora als auch ihrem Therapeuten erzählt, dass er mal unglaublich charmant und mal abgrundtief grausam sein konnte, genau wie sein toter Vater.
    Nora hatte Nathan geschickt, um mich loszuwerden; sie hatte darauf gezählt, dass er so ausrastete, dass er mich in Fetzen reißen würde − wie Rebeccas Kleid. Doch Nathan war emotionaler als sein Vater und nicht so geschliffen. Es mangelte ihm an Konzentration. Er war hinter mir hergejagt, bevor er wusste, was er mit mir machen würde, wenn er mich kriegte. Statt mich mit einem Messer oder einer Schusswaffe zu verfolgen, wie sie gehofft hatte, hatte er die Hände benutzt. Nathans Fehler hatte sie nicht so ausbügeln können wie Harrys. So hatte ich überlebt.
    Ich nahm Annas Hand. »Du Arme«, sagte ich.
    »Dann hast du mich gerettet.«
    »Du hast mich gerettet.«
    Sie lehnte den Kopf an meine Schulter, und wir blieben noch fünf Minuten neben der reglosen Nora sitzen, bis wir Sirenen die schmale Straße hochkommen hörten und rote und blaue Blitze sich in den Scheiben des Wintergartens spiegelten.

29
    Pagonis platzte als Erste zur Tür herein, Hodge dicht auf ihren Fersen. Sie hatte die Waffe gezogen, doch als sie uns zusammen auf dem Sofa sitzen sah, Nora reglos am Boden, steckte sie sie zurück in das Holster.
    Die Tatsache, dass niemand auf sie schoss, schien sie nicht glücklicher zu machen. Mit finsterer Miene sah sie mich an. Sie ging zu Nora und bückte sich, um ihren Puls zu überprüfen, als würde sie der Geschichte, die ich ihr am Telefon erzählt hatte, nicht recht trauen. Schließlich rief sie ihre uniformierten Kollegen herein. Sie kamen mit einem ganzen Aufgebot: die örtliche Polizei, mehrere Sanitäter und weitere Beamte, die ich nicht zuordnen konnte.
    Pagonis trat zu uns und richtete das Wort an mich, Anna behandelte sie wie Luft – als wäre sie ein Geist.
    »Ziehen Sie ihm Tüten über die Hände«, sagte sie zu Hodge.
    »Wie bitte?«, fragte ich empört.
    »Hier ist geschossen worden, und eine Frau liegt am Boden. Ich will wissen, wer geschossen hat. Ich muss Sie auf Schmauchspuren untersuchen«, sagte sie.
    »Vielleicht hätten Sie sie gleich beim ersten Mal auf Schmauchspuren untersuchen sollen. Damit hätten Sie uns allen sehr viel Ärger erspart«, versetzte ich und zeigte auf Nora.
    Das saß. Trotz ihres ganzen Gepolters hatte sie Greenes Mörder von Anfang an übersehen, ja, sie hatte Nora nicht einmal einer Untersuchung unterzogen, als sie spät in der Nacht am Tatort angekommen war. Da der naheliegende Verdächtige bereits gestanden hatte, war das zwar nachvollziehbar, machte aber keinen guten Eindruck. Aus einer Kiste holte Hodge zwei Plastiktüten, streifte sie mir feierlich über die Hände und fixierte sie an den Handgelenken mit Klebeband. Anna streckte ihm schweigend die Hände hin, doch Hodge beachtete sie gar nicht.
    »Sie hat auf mich geschossen. Die Kugel steckt wahrscheinlich da drüben in der Holzvertäfelung«, sagte ich. »Sie vergeuden Ihre Zeit.«
    Pagonis seufzte schwer, als spürte sie das Gewicht sämtlicher Enttäuschungen und Irreführungen, die ihr während der Ermittlungen widerfahren waren. Allmählich dämmerte ihr wohl, dass die einzige Anklage, die sie gegen mich vorbringen konnte, die war, dass ich Greenes Mörderin niedergestreckt hatte. Die Sanitäter hatten Nora
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