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Die Diagnose: Thriller (German Edition)

Die Diagnose: Thriller (German Edition)

Titel: Die Diagnose: Thriller (German Edition)
Autoren: John Gapper
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erzählt«, sagte er.
    Er grinste, als verstünde er es, was auch immer er von Anna hielt, von Mann zu Mann durchaus, dass ich mich in sie verliebt hatte. Es war das erste Mal, dass er überhaupt irgendwelches Interesse für mein Leben zeigte, und ich fand es liebenswert.
    »Wie geht es Ihnen?«, fragte ich, als wir zum Strand kamen und am Meer entlanggingen.
    »Mir geht’s gut. Aber um Nora mache ich mir Sorgen.«
    Bei der Erwähnung seiner Frau blieb ich stehen. Wir waren knapp zweihundert Meter durch den Sand nach Westen gegangen – denselben Weg, den Nora am Abend des Mordes eingeschlagen hatte und den auch Anna genommen hatte. In der Ferne sah ich eine einsame Gestalt zum Strand hinuntergehen. Der Wind wehte vom Meer, und Harry beschirmte die Augen mit der Hand und sah mich an.
    »Ich werde mich nicht für das entschuldigen, was ich getan habe, Mr Shapiro, denn dann müsste ich lügen. Aber es tut mir leid, dass Sie von Ihrer Frau getrennt sind.«
    »Sie hatten jedes Recht, sich zu wehren«, sagte er traurig.
    Zwei Minuten lang gingen wir schweigend weiter, bevor Harry wieder das Wort ergriff.
    »Sie wissen von Lauren, nicht wahr? Sie hat mich in Riverhead besucht, und ich habe ihr gesagt, wir könnten uns nicht mehr sehen. Ich mache ihr keinen Vorwurf, dass sie weggelaufen ist, aber Nora hat zu mir gehalten. Sie ist eine erstaunliche Frau, was?«
    »Bemerkenswert«, erwiderte ich.

30
    Im Gegensatz zu Duncan fiel es mir schwer, das, was passiert war, als Erfahrung abzuschreiben, als Vorfall, der den Charakter stärkt und an den man sich im Alter fröhlich erinnert und sich dabei über die eigene Einfalt wundert. Ich erwog, im Episcopal zu bleiben. Sobald Jim Whitehead seinen Friedenswillen bekundet hatte, wäre es leicht gewesen, doch ich konnte mich nicht dazu durchringen.
    Die Vergangenheit bedeutet Psychiatern etwas – wir können sie nicht einfach abtun, wie Duncan es gern gesehen hätte. Ich war der Strafe entgangen, und mein Ruf war wiederhergestellt, trotzdem fühlte ich mich schuldig. Harry war mein Patient gewesen, und ich hatte ihn im Stich gelassen. Wenn ich ihn ein wenig länger dabehalten hätte, wäre Noras Plan nicht aufgegangen. Felix war mein Gefährte in der Not gewesen, ich hätte ihn retten sollen. Ich hatte keinen Spaß mehr an meinem Leben in New York, seit Harry in die psychiatrische Notaufnahme gekommen war, und daran würde sich auch nichts ändern.
    Das Klima hier ist anders: feuchter, weicher und weniger dreist als in New York. Es hat seine Vorzüge, auch wenn sie subtil sind. Ich vermisse den klaren Himmel, die monsunartigen Regengüsse – sie sind so unverblümt wie die ganze Stadt. Ich habe meine Wohnung in der Nähe des Gramercy Park gegen ein Haus in Kew getauscht, ein Cottage neben dem Treidelpfad, versteckt neben einem Betonwall, der gebaut wurde, damit der Fluss nicht mehr über die Ufer tritt. »Früher wurde es oft ganz schön feucht«, erklärte mir ein alter Mann, der hier schon ewig lebt, als ich herzog. Manchmal höre ich nachts das Ächzen des Flusses auf seinem Weg zur Mündung.
    Anna liebt es, und ich hoffe, das bleibt so. Ich habe ihr eine wasserdichte Jacke gekauft und Gummistiefel, um sie für englischen Schlamm und Regen zu wappnen, und sie sieht ganz süß darin aus, wenn sie am Flussufer entlangstapft. Eine verrückte Idee, so eine Beziehung anzufangen, aber niemand ist durch und durch vernünftig. Wenn dem so wäre, wäre ich arbeitslos. Sie war zweimal hier, und wir sind immer noch vorsichtig – wir möchten den Bogen nicht überspannen.
    In London gibt es für einen Psychiater genug zu tun, wo alle in Berührung mit ihren Gefühlen kommen, die so lange versteckt gehalten wurden. Es gibt auch genauso viele Verrückte, auch wenn ich mich in diesem Krankenhaus noch nicht so eingewöhnt habe wie im Episcopal. Es gibt mehr Regeln, und die Plackerei ist größer. Es ist nicht leicht, die Privatpraxis mit der Stelle unter einen Hut zu bringen. Ich höre einen unausgesprochenen Anflug von Missbilligung, sehe die hochgezogenen Augenbrauen darüber, dass ich beides tue.
    Am besten würde ich den staatlichen Gesundheitsdienst einfach vergessen und mich ganz meiner Privatpraxis widmen. In London gibt es genauso viele Finanzfachleute und Überflieger, die ihre Neurosen in beruflichen Erfolg verwandelt haben und jetzt gegen hohe Honorare darüber reden wollen, wie in New York. Doch etwas hält mich zurück. Vielleicht bleibe ich aus Idealismus dem Dienst an der
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