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Die deutsche Götterlehre

Die deutsche Götterlehre

Titel: Die deutsche Götterlehre
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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die Gabe der Weissagung mit der priesterlichen Würde verbunden an ein bestimmtes Geschlecht geknüpft, oder sie wird von einem dieses Geschlechtes auf einen andern, der demselben fremd ist, übertragen, oder sie wird einem durch der Götter Güte bei der Geburt verliehen. Zeichen des Letztern ist der Glückshelm, mit welchem manche Kinder auf die Welt kommen; sie sehen Geister, d. h. sie pflegen vertrauten Umgang mit den Göttern und gewinnen dadurch den Blick in die Zukunft. Die Uebertragung geschieht in der Weise, dass man dem, welcher die Gabe besitzt, auf den rechten Fuss tritt und über die linke Schulter schaut, denn der rechte Fuss ist der glückliche Fuss, so dass man gleichsam des Begnadeten glücklichen Wandel annimmt und unter der linken Schulter schlägt das Herz, der Sitz seiner vorschauenden Seele, mit der man nun die Gabe gleichsam theilt, mit deren Auge man schaut.
    Zur Entdeckung in Dunkel gehüllter Ereignisse der Vergangenheit gab es verschiedene Mittel. So das Siebdrehen , welches weise Frauen, Zauberer u. a. übten. Man fasste ein Erbsieb zwischen beide Mittelfinger, sprach eine Formel aus und nannte nun die Namen der Verdächtigen her: bei dem des Thäters fing das Sieb an, sich zu schwingen und umzutreiben. Ebenso wurde ein in eine Kugel gestecktes Beil zu diesem Zweck benutzt.
    Die ehrwürdigste und gerechteste Art aller Weissagungen war das Loos . Entweder warf es der Priester oder der Hausvater und deutete es, oder er hielt es der Parthei zum ziehen hin; jenes bezog sich auf das Künftige, dieses tut Schlichtung des Gegenwärtigen. Man nahm dazu eine Ruthe eines fruchttragenden Baums und schnitt Zweige davon, welche mit besondern Zeichen unterschieden wurden ; diese warf man durcheinander auf ein weisses Tuch und der Priester oder Hausvater, je nachdem die Angelegenheit, worüber man sich Raths erholte, eine öffentliche, allgemeine oder private war, zog nachdem er zu den Göttern gefleht hatte, den Blick gen Himmel gewandt, drei Zweige heraus, nach deren Zeichen er alsdann die Weissagung sprach. Bei vielen deutschen Stämmen finden wir die Weide zu diesem Gebrauch benutzt, die Zeichen, welche jene Zweige tragen, waren höchstwahrscheinlich Runen. Dieses Loosziehen dauerte unter verschiedenen Formen noch lange nach dem Untergang des Heidenthums fort. Wie die Sachsen dadurch ihre Führer in der Schlacht wählten, so wählten später die Christen sich einen der Apostel, dem sie besonders fromme Verehrung zutragen wollten. Man stellte zwölf Kerzen auf den Altar und hing jeder eines Apostels Namen an; dann zog man blindlings eine Kerze und verehrte den Apostel dessen Namen sie trug als besondern Patron. Anderemal entzündete man die Kerzen und erkannte den Apostel, dessen Kerze am längsten brannte, als Patron.
    Eine ganze Reihe von Weissagungen beruht auf dem Ablauschen, Abhorchen und Absehn. Man deutete Sieg oder Niederlage aus dem Schlachtgesang d. h. daraus ob er in vollen kräftigen oder eher zagenden Tönen erscholl. Ebenso war es ein siegbringendes Zeichen, wenn die Rosse beim Beginn der Schlacht hellauf wieherten. Zu heiligen Zeiten horchte man an heiligen Orten und deutete die Zukunft nach dem, was man gehört: wie Pferdegewieher dem lauschenden Krieger Schlacht und Kampf ankündigte, so Hundegebell der lauschenden Magd, von welcher Seite der Bräutigam nahen werde. Das Brustbein der Gans diente zu Wetterprophezeiungen: war es um Martini roth, dann folgte strenger, war es weiss und klar, ein mässiger Winter. Niesen und Ohrenklingen gilt noch heut für vorbedeutsam.
    Die im Mittelalter verbreitetste Art von Aberglauben betraf die Vorbedeutungen, welche man unter dem Namen Angang , Widergang, Widerlauf verstand. Man achtete auf Thiere, Menschen oder Sachen, denen man frühmorgens beim ersten Ausgang zuerst begegnete und schloss daraus auf Heil oder Unheil. So galt die Begegnung eines Wolfes für guten Angang, denn er war Wuotans heiliges Thier, dagegen die des furchtsamen Hasen für ungünstig. Ebenso hielt man den Angang des Priesters und einer alten Frau für bös, besonders wenn diese mit fliegenden Haaren, d. i. von der Nachtfahrt heimkehrend oder spinnend begegnet, d. h. wenn man sie in ihrem Walten störte, unberufen sich in ihren Weg drängte. Mit dem Wolf theilen guten Angang Hirsch, Eber und Bär, alle drei heilige Thiere; dem Hasen steht der Fuchs und das Schwein zur Seite, welches uns heut noch eben so unwillkommen unter Wegs ist, wie das Schaf willkommen.
    Den Vögeln wohnt
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