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Die deutsche Götterlehre

Die deutsche Götterlehre

Titel: Die deutsche Götterlehre
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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nahm und nimmt im Aberglauben eine Hauptstelle ein. Träume sind Boten der Götter, welche den Menschen aber nur zu bestimmter Zeit nahen: die vor Mitternacht verdienen nicht viel Glauben, am wahrhaftesten sind die nach Mitternacht.
    Auch bei den Träumen gibt es eine Art von Angang: so ist der erste Traum im neuen Haus, der Traum in der Nacht des ersten Tags des Jahrs, so wie der in der Nacht vor dem Geburtstag und in der Hochzeitsnacht besonders wichtig. Die Deutung beruht durchgängig auf mythischer Grundlage. So bedeutet Tod, wenn man von Fischen, abgepflückten Blumen oder Früchten träumt, wie Fische besonderer Art sich beim Tode eines Gliedes vornehmer Geschlechter zeigen, wie die Blume, der Baum Symbol des Lebens ist. In der Sage erscheinen die Geschenke gütiger göttlicher Wesen oft in unscheinbarer Gestalt, nicht selten als Kehricht, Schmutz und Koth, darum bedeutet von letzteren träumen Geld.

Krankheiten. 111
    Wir sahen bereits, wie das Volk Seuchen unter Menschen und Vieh für Zeichen des Zorns der Götter hielt, aber ihre Gnade offenbarte den Menschen auch wieder rettende Heilmittel, und zwar durch Priester und Priesterinnen, denen Zauberer und Zauberinnen zur Seite stehen; wie Beide die Gabe der Weissagung theilen, so theilen sie auch die der Heilkunde.
    Die meisten Krankheiten gelten als böse feindseelige Wesen, denen die Götter gleichsam Gewalt über den Menschen geben. So ist das Fieber ein den Menschen reitender, schüttelnder Elbe, die fliegende Gicht ein umfahrendes, laufendes elbisches Wesen; von ihnen rührt auch der Schlagfluss, der oft allein, oft mit Gefolge von Stechen, Krampf u. a. m. auftritt. Unter den Heilmitteln ist vorerst das Messen hervorzuheben: der Kranke wird entweder zweimal gemessen und man sieht zu, ob die Länge dieselbe bleibt; ist das der Fall, dann ist Hoffnung zur Herstellung, im Gegentheil keine. Oder man misst vom Scheitel zur Sohle und von einer Handspitze zur andern; ist die letztere Länge kürzer, als die erste, dann hat der Kranke die Auszehrung, findet man in der Folge bei wiederholtem Messen, dass sie wächst, dann kann er genesen, nimmt sie aber ab, dann stirbt er. Fieberkranke Kinder legte man auf den Ofen oder schob sie in den Backofen, man liess sie durch ausgehöhlte Erde, hohle Steine oder einen gespaltenen Baum gehen oder kriechen. Andere Krankheiten wurden in die Erde vergraben, oder auf Bäume und Thiere übertragen. Zum Schutz gegen Siechthum trug man Angebinde und Anhängsel, die aus Kräutern, Knochen u. a. bestanden. Wie das Wasser der Quellen in gewissen Krankheiten gebraucht wurde, ist früher bereits gesagt worden.
    Aller Krankheiten schrecklichste ist die schnell und massenweise hinraffende Pest . Sie erscheint bald als blauer Dunst, in Gestalt einer Wolke, bald als blaues Flämmchen, bald aber auch personificirt als weiss verschleierte oder weissgekleidete Frau oder Jungfrau, welche das Land durchzieht und deren Gegenwart überall den Tod hinbringt. Sie zu vertreiben, werden ihr Opfer dargebracht.

Kräuter und Steine. 112
    Wie die Menschen nicht alle gleichen Ranges sind, wie es reine, heilige und unreine Thiere gab, und die Bäume in ungleichem Ansehen standen, so auch die Kräuter. Von Göttern an einsamer heiliger Stelle geschaffene, von ihnen geliebte und bei den Opfern gebrauchte, von ihren Lieblingen oder Boten bevorzugte oder in anders einem Zusammenhang mit ihrem Wesen und Walten stehende Pflanzen wurden natürlich höher geschätzt als solche, die dieses Vorzugs entbehrten. Die Pflanze, deren Blüthe so weiss war, dass nur Baldrs Braue ihr verglichen werden konnte, die deren Stengel die Menschen an der Frouwa Haar mahnten, galten für heiliger als andere; der Gott oder die Göttin hatte sie gewissermassen nach dem Ebenbild dieser Theile seines Körpers gebildet. Anderer Heilkraft oder Heiligkeit kannten die Menschen nicht, bevor sie von den Göttern über dieselbe belehrt worden waren, und sie tragen daher ihre Namen von den Göttern.
    Das heilkräftige Wasser musste zu bestimmter heiliger Stunde geschöpft werden, eben so wurde die heilkräftige Pflanze auch nur zu bestimmter Zeit gebrochen, nur dann hatte sie ihre volle Wirkung. Der Strahl des anbrechenden Tages durfte sie noch nicht beschienen haben, der Mund des sie brechenden noch nicht durch profane Rede entweiht sein. Unbeschrieen zogen einst besonders am Morgen des Himmelfahrtsfestes Hunderte von Landleuten zum Gipfel des Melibocus, um dort Kräuter zu sammeln, deren
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