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Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen

Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen

Titel: Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen
Autoren: Jan Barbara u Heidtmann Nolte
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das Investmentbanking als ein Begleitaspekt der Globalisierung auch an der Generierung von Wohlfahrtsgewinnen beteiligt gewesen. Trotzdem wollen wir uns bei Goldman Sachs nicht aus der Verantwortung stehlen, sondern versuchen, Vorschläge zur Verbesserung des Systems zu machen. Im Übrigen besitzen wir bei Goldman Sachs keine Firmenjets.
    Der frühere, legendäre Goldman Sachs-Chef, Gus Levy, sagte: Ihre Bank unterscheide sich von anderen Investmentbanken, indem die Bank nicht auf kurzfristige Gier setze, sondern auf langfristige. Das zentrale Wort bleibt: Gier …
    … eine der Todsünden.
    Ist Gier der Motor Ihrer Branche?
    Gier ist etwas ziemlich Menschliches und somit grundsätzlich uns allen zu eigen. Sie können Gier negativ oder positiv besetzen. Sie können sie beispielsweise Neugier nennen oder sie können Habgier meinen, was eine negative Konnotation hat.
    Mit Gier ist in diesem Fall purer Egoismus gemeint.
    Das ist Ihre Interpretation. Wir müssten schon Gus fragen, was er gemeint hat. Sicher hat er jedoch auf die langfristige Orientierung unseres Handelns hinweisen wollen.
    Worin sehen Sie denn die Rolle einer Investmentbank, außer darin, Profite zu machen?
    Ich bin auch nach zwanzig Jahren in diesem Geschäft und nach dem Durchleben vieler Krisen davon überzeugt, dass das, was wir tun, der gesamten Gesellschaft nutzt. Würde unsere Aufgabe darin bestehen, lediglich uns selbst zu bereichern, dann wäre unser Geschäftsmodell, einem Schneeballsystem gleich, äußerst kurzlebig. Vielleicht nicht der schlagendste Beweis, aber das gierige Raubtier stirbt relativ schnell aus, wenn es seinen Beutetieren keine Entwicklungschance gibt und seinerseits nicht ebenso in einen ökologischen Kreislauf einbezogen ist. In den rund 140 Jahren unseres Bestehens haben wir es immer als unsere Aufgabe verstanden, Märkte zu kreieren. Eine freiheitlich organisierte und gleichzeitig komplexe Wirtschaftsordnung lebt von der Existenz von Märkten. Es muss jemanden geben, der Angebot und Nachfrage zusammenbringt oder besser gesagt, Liquidität auf Märkte bringt und somit Märkte macht. Darin sehen wir eine unserer wesentlichen Aufgaben. Denn eines steht doch außer Zweifel: Ohne Märkte wäre auch unsere freiheitliche, pluralistische und demokratische Grundordnung undenkbar. Wenn es für die Bedeutung von Märkten in diesem Kontext in der Gesellschaft ein breiteres Bewusstsein und Verständnis gäbe, würden diejenigen, die im Geldgewerbe arbeiten, vielleicht etwas positiver wahrgenommen und Märkte und ihre manchmal unberechenbare Entwicklung nicht so verteufelt werden. Natürlich gehören dazu auch Spielregeln, die die Existenz und Funktionsfähigkeit dieser Märkte schützen. Erst auf dieser Basis ist es möglich, mit dem auf diesen Märkten Erwirtschafteten auch sozial ausgleichend zu wirken. Das muss doch das Verständnis der sozialen Marktwirtschaft sein. Ohne Regeln geht es nicht, aber wir können auch nicht mit der sozialen Umverteilung anfangen, solange nichts erwirtschaftet wurde.
    Dann ist Ihrer Ansicht nach das Imageproblem Ihrer Branche ein bloßes Aufklärungsproblem.
    Nicht bloß, sondern auch. Es gibt keinen grundsätzlichen Disput darüber, dass unsere Branche, unser Institut, aber auch das Individuum, also jeder, der in Finanzmärkten agiert, eine Mitverantwortung für die Stabilität dieses Systems und damit logischerweise im Umkehrschluss auch für die Krise trägt. Es mag sein, dass ungesunde Entwicklungen auf dem US -Immobilienmarkt und in den Märkten für daraus abgeleitete Finanzprodukte übersehen beziehungsweise vielleicht auch bewusst übergangen wurden, frei nach dem Motto: Solange die Musik spielt, tanzen wir. Allerdings haben sich unterschiedliche Marktteilnehmer unterschiedlich verhalten, genauso wie diese auch in unterschiedlichem Ausmaß von der Krise betroffen waren und sind.
    Goldman Sachs ist bisher besser durch die Krise gekommen, als die meisten anderen Banken. Wie erklären Sie sich das?
    Wir beanspruchen nicht für uns, alles besser zu machen. Wir sind auch nicht viel schlauer als die anderen. Wir sind bloß, unserer Firmenkultur entsprechend, besonders vorsichtig. Was die Einschätzung und den Umgang mit Risiken angeht, ist das Teil unserer Unternehmenskultur. In einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung muss man Menschen das Recht zu Entscheidungen lassen, selbst wenn man sie für einen Irrtum halten mag. Auch wenn man dem Immobilienboom skeptisch gegenüber gestanden hat, hatte man zu
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