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Die Chroniken von Ninavel – Die Blutmagier

Die Chroniken von Ninavel – Die Blutmagier

Titel: Die Chroniken von Ninavel – Die Blutmagier
Autoren: Courtney Schafer
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Magierin, oder?«
    »Nur dritten Ranges«, sagte sie. Sie werden nur die stärksten unter uns einsetzen.«
    Kiran wirkte schrecklich klein und allein in der Saalmitte.
    »Sie werden ihm nicht wehtun, oder?«
    »Nein«, sagte sie, sah aber zur Seite, und da wusste ich, dass sie log.

VIERUNDZWANZIG
KIRAN
    Kirans Herz machte einen Satz, als die Saaltüren hallend zu- fielen. Er hatte schweißnasse Hände. Noch nie hatte er seine mentale Barriere vollständig aufgeben müssen. Die Alather würden in seine intimsten Gedanken eindringen. Dabei konnten sie seinen Willen zerstören, wie Simon es vorgehabt hatte. Dann wäre er gehorsam wie ein Schaf.
    Wenigstens würden sie ihn nicht für Zauber benutzen, bei denen unschuldige Menschen umkämen. Aber Vernichtung seines Geistes wäre wohl die gerechte Strafe, nachdem er Alisa ihrem Schicksal ausgeliefert und den Konvoiarbeitern das Leben genommen hatte.
    Mit den Bildern von Simons Dolch im Kopf machte er sich darauf gefasst, dass sich ihm ein Magier näherte. Stattdessen blieben Varellian und der andere Magier vom Ratstisch außerhalb des Kreises seiner Bewacher stehen. Oben auf den Galerien waren ungefähr zwanzig Magier geblieben, die gleichmäßig verteilt am Geländer standen.
    »Sprich kein Wort«, sagte Varellian. »Wenn das Ritual beginnt, lass deine Barriere fallen.«
    Verwirrt schaute Kiran sich um. Keine Rinnen im Boden. Ohne die würden die Alather doch Blut brauchen oder ihn zumindest anfassen müssen, um den Zauber zu wirken?
    Auf den Galerien setzte ein tiefes Summen ein. Der Gesang war zunächst einstimmig, dann teilten sich die Stimmen immer weiter auf und folgten einem komplexen tonalen Muster. Am Boden um Kiran strahlten die Sigilla einen sanften ätherischenSchein aus, ganz anders als das grelle Glühen der Lenkrinnen, das er kannte.
    Ganz allmählich, sodass er zunächst dachte, er bildete es sich nur ein, stieg Magie um ihn auf und hüllte ihn ein. Der Gesang ging weiter, wortlos, aber bezwingend.
    Kiran fing an zu begreifen. Die Alather wirkten den Zauber mit Klängen. Statt der Erdkräfte benutzten sie die eigene Ikilhia, und jeder trug sein Teil dazu bei, präzise abgestimmt auf die anderen. Die Technik war brillant, doch ihm war unbegreiflich, wie so viele Magier so reibungslos zusammenwirken konnten. Er hatte Jahre gebraucht, um das nur mit einem hinzubekommen.
    Ihre Magie drückte sanft aber unnachgiebig gegen seine Barriere. Erschrocken fuhr er aus den Gedanken hoch. Angst überstieg die Neugier. Seine Instinkte drängten ihn zur Flucht. Er raffte seinen Mut zusammen und ließ die Barriere fallen.
    Die Alather drangen in seinen Geist ein, durchsuchten und sichteten seine Erinnerungen. Die Bilderflut überwältigte ihn: Ruslan wütend am Grenzwall; Dev aus dem Mund blutend, aber mit strahlendem Gesicht; Simon höhnend, als er Kiran hilflos am Boden liegen sah; Pellos scharfer, kalter Blick, als Kiran den mit Hennanwurz versetzten Brei aß; Lizaveta mit blutiger Hand bei der Herzbindung; Mikail, der ihn anschrie, als er sich zur Wand drehte; Alisas liebender Blick, als sie sich küssten.
    Er hatte das Gefühl zu ertrinken, doch die Alather forschten noch tiefer in der Vergangenheit. Sie sahen Ruslan, wie er Kiran beiläufig übers Haar strich, als der ein Wirkmuster entwarf; Mikail, der ihn begeistert angrinste, als sie ihren ersten siebengradigen Zauber wirkten; Lizaveta, die ihn auf dem Schoß schaukelte. Sie gingen zurück bis zu seiner frühesten Erinnerung, als Ruslan sich vor ihn kniete, die Hände auf seine kleinen Schultern legte und ihm sagte, welches Glück er habe und dass er nun zu Ruslans Familie gehöre.
    Die Alather versuchten, noch weiter zurückzugehen, stießen aber gegen jene Wand, die Kiran seit jeher von allem Früheren abgeschnitten hatte. Sie wollten sie durchbrechen, stemmten dagegen, bis er vor Schmerzen schrie, doch die Wand hielt stand. Endlich gaben sie auf, und er glaubte, die Tortur sei vorbei. Doch der Gesang der Magier schwoll an und schuf einen starken, glänzenden Käfig um das Feuer seiner Ikilhia.
    Jetzt zerrte er mit aller Kraft an seiner Barriere, um sie wieder aufzurichten. Doch seine Anstrengung kam zu spät. Der Käfig zog sich zusammen und zwängte seine Ikilhia noch mehr ein. Vergeblich rang er nach Luft, während brennende Schmerzen ihn durchliefen. Sein letzter Gedanke, als sein Widerstand zusammenbrach, galt Alisa, die rittlings auf der äußeren Hofmauer des Altonturms saß, die Arme zur untergehenden
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