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Die Chaos Queen

Die Chaos Queen

Titel: Die Chaos Queen
Autoren: Janet Evanovich
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wusste nicht mehr, ob es Tag oder Nacht war. Was ich jedoch genau wusste, war, dass Ranger mich suchte. Wenn er von Florida zurückkäme, täte er das, was er am besten konnte: auf die Jagd gehen. Ranger würde mich finden. Ich hoffte nur, dass er rechtzeitig käme.
    Ich hörte, wie eine Tür zuschlug und ein Motor angelassen wurde. Der Sarg bewegte sich. Ich war mir ziemlich sicher, in einem Auto gefahren zu werden. Hoffentlich nicht zum Friedhof. Ich lauschte angestrengt, ob ich Stimmen hörte. Wenn ich etwas vernahm, würde ich Krach schlagen. Luft schien ich zu haben, aber ich wollte nicht den ganzen Sauerstoff verbrauchen, solange ich niemanden sprechen hörte. Wir hielten, fuhren an, bogen um eine Kurve. Dann hielten wir wieder, eine Tür öffnete sich und wurde zugeschlagen, holpernd wurde ich transportiert. Ich war mit Grandma Mazur auf genügend Beerdigungen gewesen, um zu wissen, was gerade geschah: Ich wurde auf eine Sargbahre geschoben. Ich war nicht mehr im Leichenwagen, sondern wurde irgendwohin verfrachtet. Es ging um Kurven, dann blieben wir stehen. Es kam mir vor, als würde stundenlang nichts passieren, doch schließlich wurde der Deckel angehoben, und ich sah blinzelnd in Cons Gesicht.
    »Gut«, sagte er. »Du lebst noch. Nicht vor Angst gestorben, was?« Er musterte mich. »Alter Bestatter-Witz.«
    Mein erster Gedanke war:
Bloß nicht weinen.
Ich wollte versuchen, mein Köpfchen zu benutzen. Ich würde ihn reden lassen. Nach einer Gelegenheit suchen zu entkommen. Zeit schinden. Die Zeit war mein Freund. Wenn genug Zeit blieb, würde Ranger mich finden.
    »Ich muss aus dem Sarg raus«, sagte ich.
    »Das ist keine gute Idee, finde ich.«
    »Ich muss aufs Klo … ganz dringend.«
    Con war ein bisschen zu pingelig. Die Aussicht, dass eine Frau in einen seiner mit Seide ausgeschlagenen Särge pinkelte, schien ihm nicht zu gefallen. Er kurbelte das fahrbare Gestell herunter und half mir, aus dem Kasten zu steigen.
    »Wir machen das so«, erklärte er. »Ich will nicht, dass du hier alles schmutzig machst, deshalb lasse ich dich aufs Klo. Ich löse eine Handschelle, aber wenn du irgendwas Dummes versuchst, mache ich dich mit dem Schocker fertig.«
    Ich brauchte eine Weile, um mein Gleichgewicht zu finden, dann schlurfte ich ganz langsam ins Bad. Als ich wieder herauskam, ging es mir deutlich besser. Das Gefühl in den Händen war zurückgekehrt, die Krämpfe in den Beinen hatten nachgelassen. Wir waren in einem Haus, das wie eine kleine Ranch aus den Siebzigern aussah. Es war spärlich eingerichtet mit bunt zusammengewürfelten Secondhandmöbeln. Das Linoleum in der Küche war alt, die Farbe verblasst. Die Arbeitsfläche war aus rotem Resopal und voller Brandlöcher. Die weiße Keramikspüle hatte Rostflecke. Einige der Hängeschränke über der Arbeitsfläche waren offen: Es war nichts drin. Der Sarg stand in der Küche. Ich nahm an, dass er aus einem Garagenanbau hineingerollt worden war.
    »Ist das die Rache für Spiros Tod oder für den Brand im Beerdigungsinstitut?«, fragte ich.
    »Nur am Rande. Das ist eine kleine, nette Dreingabe. In diesem Spielchen gab es so einige nette Extras. Ich konnte Mama Macaroni umbringen! Wer hätte das nicht gerne getan? Und dann durfte ich sie bestatten! Was Besseres gibt’s eigentlich nicht. Die Macaronis haben den exklusivsten Sarg genommen.«
    Ich sah zu meinem hinüber.
    »Tut mir leid«, sagte Con. »Ist nur Kunststoff. Nicht von der besseren Sorte. Mit Acetat ausgelegt. Aber für Leute, die nichts für die Beerdigung zurückgelegt haben, reicht es. Deine Großmutter würde ich gerne in so ein Billigmodell legen. Wenn sie stirbt, müsste eigentlich ein Nationalfeiertag ausgerufen werden. Warum muss sie bloß die Toten immer anschauen? Wenn die Angehörigen nicht wollen, dass der Sarg offen ist, muss ich ihn zunageln, damit sie nicht reinguckt. Und die Plätzchen sind ihr auch nie gut genug. Immer will sie die mit dem Zuckerguss in der Mitte. Was glaubt sie eigentlich: dass die Plätzchen auf Bäumen wachsen?« Con grinste. »Vielleicht nagel ich deinen Deckel auch zu, nur um sie zu ärgern. Das wäre lustig.«
    »Das heißt wahrscheinlich, dass du nicht vorhast, mich lebendig zu begraben, oder?«
    »Nein. Wenn ich dich lebendig begraben würde, müsste ich dich wieder in den Sarg stecken. Aber mit dem habe ich was anderes vor. Mary Aleski liegt auf dem Tisch in der Leichenhalle, morgen wird sie in diesem Sarg aufgebahrt. Hast du eigentlich eine Ahnung, wie
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