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Die Brueder

Die Brueder

Titel: Die Brueder
Autoren: Jan Guillou
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mit einem zufriedenen Seufzer. »Dann wären nur noch ein paar praktische Fragen zu klären. Sie haben vermutlich ein Konto bei der Bank of England, Mr. Lauritzen. Nennen Sie uns die Kontonummer, dann werden wir Ihnen tausend Pfund überweisen, sobald Sie dieses Dokument unterzeichnet haben.«
    Er schob einen anderthalbseitigen Vertrag und einen Federhalter zu ihm hinüber, und Sverre unterschrieb, ohne zu lesen.
    »Dann kommen wir zur Frage des Wohnrechts«, fuhr der rangniedrigere Anwalt fort. »Lady Elizabeth scheint de facto bereits bei ihrem Schwiegersohn eingezogen zu sein. Was ihren persönlichen Besitz betrifft, der sich noch auf Manningham House befindet, Ziergegenstände, geerbte Möbel, Kleidung oder was auch immer, ist es ihr Recht, jederzeit und wann Ihre Gnaden es praktisch findet, diese Habe zu requirieren. Was Sie betrifft, Lady Margrete, sollten Sie in der Lage sein, mit Ihrem Legat von fünftausend Pfund die Londoner Wohnung, in die Sie bereits einge­zogen zu sein scheinen, weiter zu unterhalten. Sind wir uns so weit einig? Seine Gnaden möchte so rasch wie möglich mit seiner Familie über Manningham House verfügen. Sind wir uns in diesen Punkten einig?«
    Margie und Sverre nickten ergeben.
    »Excellent!«, rief Sir Travers Humphrey. »Dann ist ­alles geklärt. Diese Besprechung lief ja wirklich wie am Schnürchen. Unglücklicherweise ist dem nicht immer so. Wir wären also fertig, ich gehe davon aus, dass die Herrschaften zum Bahnhof in Salisbury gebracht werden möchten?«
    »Wir sind noch nicht ganz fertig, sofern nicht alle Gemälde bereits transportfähig verpackt worden sind«, wandte Margie unwirsch ein.
    »Gemälde? Verpackt? Ich fürchte, ich verstehe nicht recht, wovon Sie sprechen Mylady?«, heuchelte der ältere Anwalt.
    »Sie verstehen nur allzu gut«, fauchte Margie. »Mein Bruder hat alle Gemälde, die nach 1901 gekauft wurden, meinem Verlobten hinterlassen. Nicht wahr? Sollen wir die einfach unter den Arm klemmen?«
    Die Anwälte seufzten tief und theatralisch und blätterten in den Papierstapeln auf dem Tisch, bis sie das Gesuchte gefunden hatten.
    »Well, hier ist das Inventarverzeichnis«, begann Sir Travers Humphrey, räusperte sich und klemmte sich einen Zwicker auf die Nase. Dann las er schleppend vor: »Fünf Dutzend pornografische Männerbilder, zehn skandalöse, pornografische Frauenbilder, vier Dutzend ge­schmack­lose Negerbilder … Die Beurteilung stammt weder von Lord Horace Fitzgerald noch von mir. Wir haben einen Kunstexperten aus London angefordert, um in Erfahrung zu bringen, was wir vor uns hatten. Erlauben Sie mir, fortzufahren. Etwa zwei Dutzend französische Gemälde, ­außerordentlich degenerierte Kunst, jedenfalls Kunst französischen Zuschnitts, Namen wie Ganginn, Ruiss, Vangogg, Manett, Monett, Degass und Sesanni …«
    »Gauguin, Picasso, van Gogh, Manet, Monet, Degas und Cézanne«, berichtigte Margie ihn wütend.
    »Sehr gut möglich, dass die Namen dieser Schlawiner so ausgesprochen werden, ich bitte sehr darum, mein mangelhaftes Französisch zu entschuldigen, Mylady. Wenn ich jetzt zum letzten, etwas komplizierteren Punkt kommen dürfte. Es gab auch ein knappes Dutzend größerer Gemälde, die das Arbeitsleben auf Manningham darstellten, die von den Kunstexperten der Times und des Telegraph regelrecht gelobt wurden, woraufhin Seine Gnaden beschloss, auch diese Gemälde, aber aus anderen als, sagen wir mal, ästhetischen oder moralischen Gründen zu konfiszieren.«
    »Ich finde auch, dass diese Gemälde nach Manningham gehören«, räumte Sverre mit leiser Stimme ein.
    »Entschuldigen Sie bitte, aber auf den Gemälden mit der angeblich so skandalösen Pornografie bin ich abgebildet. Gestatten Sie mir also die Frage, worin das Skandalöse besteht?«, fragte Margie mit kühler, beherrschter Stimme.
    Der ältere Anwalt seufzte tief.
    »Ich befürchte, dass Sie die Frage bereits selbst beantwortet haben, Mylady. Gerade der Umstand, dass es sich auf den Bildern zweifellos um Sie handelt und nicht um eine Tänzerin oder eine Vertreterin der leichtlebigen Londoner Garde, falls Sie den Vergleich entschuldigen wollen, ist das Entrüstende. Eben das ist der Skandal. Es wäre unerträglich peinlich, wenn diese Gemälde auf Abwege gerieten, und Seine Gnaden hat sie demgemäß konfiszieren lassen, weil er um den guten Namen und den Ruf der Familie fürchtet.«
    Sverre und Margie tauschten einen raschen Blick. Einige Wochen zuvor, in einer anderen Welt, wären
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