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Die Brueder

Die Brueder

Titel: Die Brueder
Autoren: Jan Guillou
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schwarzen Trauerflor an ihrem Ärmel.
    Unbewusst verlangsamte er seine Schritte, er wollte es nicht wissen. Als er nur wenige Schritte von ihr entfernt war, entdeckte sie ihn. Sie erhob sich sofort, eilte auf ihn zu und umarmte ihn. Die Tränen liefen ihr über die Wangen.
    »Geliebter Sverri!«, schluchzte sie. »Es tut mir so furchtbar, so furchtbar leid. Es geht um Albie. Er war einer der Letzten, die in Afrika gefallen sind. Er starb sofort, er musste nicht leiden. Es war ein Kopfschuss.«
    Die Welt blieb stehen. Beide schwiegen. Eine Ewigkeit verharrten sie, einander sachte wiegend, in ihrer Umarmung.

XII – Und die Barbaren verbrannten fast alles
    Manningham, 1. Dezember 1919
    Margie saß dicht neben Sverre. Sie spielten wieder das verlobte Paar. Sverre hatte behauptet, nicht ohne Margie nach Manningham zurückkehren zu können, und seine Freunde glaubten ihm.
    Gewisse Dinge mussten einfach getan werden, zumindest um der Kunst willen, und zwar in vielerlei Hinsicht.
    Jetzt saßen sie also in der Küche der Ingenieursvilla an dem modernen, einfachen Küchentisch, der in einen Konferenztisch verwandelt worden war. Ihnen gegenüber saßen die Anwälte des 14. Earl of Manningham, Mr. Clarke und Sir Travers Humphrey, die beide wie Bestattungsunternehmer gekleidet waren und eine ihrem Beruf gemäße Miene aufgesetzt hatten. Lord Horace Fitzgerald hatte sich nicht die Mühe gemacht, persönlich zu erscheinen. Die Anwälte richteten aus, wichtige Geschäfte erforderten seine Anwesenheit in Bristol. Offenbar stammte seine Familie von dort. Natürlich hatte er vor dem Umzug nach Manningham House alle Hände voll zu tun.
    »Um mit dem Einfachsten zu beginnen«, begann der ältere der beiden Anwälte, Sir Travers Humphrey, »so erhebt Seine Gnaden keine Einwände gegen das Legat, das sein Vorgänger seiner Schwester Lady Margrete zukommen lässt, obwohl ihm die Summe von fünftausend Pfund recht großzügig bemessen scheint. Andererseits sind Sie ja noch unverheiratet, Mylady.«
    Die beabsichtigte Unverschämtheit verfehlte ihre Wirkung. Margie verzog keine Miene. Ihr bedeuteten fünftausend Pfund kaum mehr als Twopence, aber für die Omega Workshops und vielleicht auch für Roger Fry und seine unermüdlichen Anstrengungen, die französische Kunst in England durchzusetzen, sah das sicher anders aus.
    Weder Margie noch Sverre äußerten sich. Sie warteten schweigend auf die Fortsetzung.
    »Hingegen«, fuhr derselbe Anwalt mit einem gedehnten Seufzer und nach einer übertrieben dramatischen Kunstpause fort, »erachtet Seine Gnaden ein Legat in derselben Höhe an Mr. Lauritzen als ungebührlich, da dessen einzige Verbindung mit der Familie aus einer zweifelhaften Verlobung mit Lady Margrete zu bestehen scheint. Einem Außenstehenden eine derart große Summe zukommen zu lassen grenze schon fast an Nachlassraub. Wer den Titel erbt, erbt auch das Gut und den gesamten Besitz, der daher nicht beliebig anderen Personen vererbt werden kann.«
    Der Anwalt verstummte und rechnete mit Einwänden.
    »Es handelt sich trotz allem um den Letzten Willen meines Bruders«, sagte Margie laut und deutlich in normalem Konversationston.
    »Das ist kein ganz unbegründeter Einwand«, erwiderte der zweite, vermutlich nachgeordnete Anwalt Mr. Edward Clarke. »Die Sache ist, das geben wir bereitwillig zu, juristisch nicht ganz unkompliziert. Daher bietet Seine Gnaden tausend Pfund, was meiner Meinung nach als großzügig zu erachten ist. Wie stellen Sie sich zu diesem Angebot, Mr. Lauritzen?«
    »Was geschieht, wenn Mr. Lauritzen das Angebot ablehnt und Klage einreicht? Schließlich kann er sich auf den Letzten Willen meines Bruders berufen?«, fragte Margie, da Sverre kein Wort über die Lippen brachte.
    »Ich gestatte mir, diese Frage vollkommen aufrichtig zu beantworten, Mylady«, ergriff der ältere Anwalt das Wort, lehnte sich zurück und faltete zufrieden die Hände auf dem Bauch. »Ein Prozess würde sich über Jahre hinziehen. Der Ausgang wäre offen gestanden vollkommen ungewiss. Eines ist jedoch sicher. Ein Prozess kostet viel Geld. Daher gewinnt in der Regel, wer sich die teuersten Anwälte leisten kann. Also, Mr. Lauritzen, sind Sie bereit, den groß­zügigen Vergleich Seiner Gnaden anzunehmen?«
    »Natürlich«, erwiderte Sverre heiser. Auch ihm bedeutete dieses Geld nichts, alles war bedeutungslos geworden.
    »Ich muss sagen, ich weiß Ihr Verständnis für den Sachverhalt zu schätzen, Mr. Lauritzen«, erwiderte der ältere Anwalt
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