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Die Brücke am Kwai

Die Brücke am Kwai

Titel: Die Brücke am Kwai
Autoren: Pierre Boulle
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Ungeduld an, was dem Obersten ein sehr günstiges Vorzeichen zu sein dünkte. Dann entließ er ihn mit den Worten, daß er darüber nachdenken werde. Oberst Nicholson kehrte voller Zuversicht in die elende Bambushütte zurück, die er mit Clipton und zwei anderen Offizieren bewohnte. Dort wiederholte er zu seiner persönlichen Genugtuung einige der Argumente, die er verwendet hatte, um den Japaner umzustimmen. Ein jedes erschien ihm unwiderlegbar, aber das Wesentlichste war für ihn folgendes: die zusätzliche körperliche Arbeit, die von einigen dafür schlecht ausgebildeten Männern geleistet werden konnte, war bedeutungslos, während der Antrieb, der von dem Stab befähigter Vorgesetzter ausging, von unschätzbarem Wert war. Im Interesse der Japaner selbst und im Interesse der guten Durchführung der Arbeit war es also vorzuziehen, diesen Vorgesetzten ihr gesamtes Prestige und ihre ganze Autorität zu belassen, was unmöglich war, wenn sie zu der gleichen Arbeit wie die Soldaten genötigt würden. Er erhitzte sich, indem er von neuem diese These vor seinen eigenen Offizieren verteidigte.
    »Also, habe ich recht, ja oder nein?« fragte er den Major Hughes. »Können Sie als Industrieller sich ein gutgeleitetes Unternehmen wie dieses hier vorstellen, ohne daß eine Rangordnung eines verantwortlichen Stammpersonals existiert?«
    Nach den Verlusten des tragisch verlaufenen Feldzugs bestand sein Stab aus nicht mehr als zwei Offizieren; außerdem gehörte noch der Arzt Clipton dazu. Es war ihm gelungen, sie seit Singapur bei sich zu behalten, denn er schätzte ihre Ratschläge und mußte bei jeder Gelegenheit seine Einfälle der Kritik einer gemeinsamen Besprechung unterwerfen.
    Sie waren beide Reserveoffiziere. Der eine, Major Hughes, war im Zivilleben Direktor einer Bergwerksgesellschaft in Malakka. Er war dem Regiment des Obersten Nicholson zugeteilt worden, und dieser hatte sofort seine organisatorischen Fähigkeiten erkannt. Der andere, Hauptmann Reeves, war vor dem Kriege Ingenieur beim Staatlichen Bauamt in Indien gewesen. Zu einer Pioniertruppe eingezogen, war er nach den ersten Kämpfen von seiner Truppe getrennt und von dem Obersten aufgenommen worden, der ihn sich ebenfalls als Berater zugelegt hatte.
    Der Oberst liebte es, sich mit Fachleuten zu umgeben. Er war kein sturer Soldat. Er anerkannte freimütig, daß gewisse zivile Unternehmungen manchmal über Verfahren verfügen, von denen sich die Armee mit Gewinn inspirieren lassen kann, und er versäumte keine Gelegenheit, sich belehren zu lassen. Er schätzte in gleicher Weise die Techniker wie die Organisatoren.
    »Sie haben gewiß recht, Sir«, antwortete Hughes.
    »Das ist auch meine Ansicht«, sagte Reeves. »Der Bau einer Eisenbahnstrecke und einer Brücke (ich glaube, es handelt sich darum, eine Brücke über den Kwai-Fluß zu bauen) läßt keine überstürzten Improvisationen zu.«
    »Ja, richtig, Sie sind ja Fachmann auf diesem Gebiet«, sagte der Oberst laut denkend… »Sie sehen also wohl«, so schloß er, »daß ich hoffe, etwas Verstand in den Schädel dieses unverständigen Burschen gebracht zu haben.«
    »Und außerdem«, setzte Clipton hinzu und sah seinen Chef an, »wenn dieses Argument des gesunden Menschenverstandes nicht genügt, dann gibt es immer noch das »manual of military law« und die internationalen Konventionen.«
    »Ja, es gibt noch die internationalen Konventionen«, bemerkte Oberst Nicholson beifällig. »Ich habe mir das, falls es nötig sein sollte, für eine neue Besprechung aufgehoben.«
    Clipton sprach so, mit einem leichten Anflug pessimistischer Ironie, weil er die starke Befürchtung hegte, daß der Appell an den gesunden Menschenverstand nicht ausreichend sein werde. Ihm waren in dem Auffanglager, das den Marsch in den Dschungel unterbrochen hatte, einige Gerüchte über Saitos Charakter zu Ohren gekommen. Es hieß, daß dieser der Vernunft im Zustande der Nüchternheit gelegentlich zugängliche japanische Offizier sich zu einem der scheußlichsten Rohlinge entwickle, sobald er maßlos getrunken hatte.
    Oberst Nicholson hatte seinen Schritt am Morgen dieses ersten Tages unternommen, den man den Gefangenen zugestanden hatte, damit sie sich in den Baracken des halb verrotteten Lagers einrichten konnten. Wie er es versprochen hatte, dachte Saito nach. Er fing damit an, daß er die Einwände verdächtig fand, und machte sich ans Trinken, um seinen Verstand zu erleuchten. Nach und nach redete er sich ein, daß der Oberst
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