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Die Brücke am Kwai

Die Brücke am Kwai

Titel: Die Brücke am Kwai
Autoren: Pierre Boulle
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gerunzelt, ohne sich dazu zu äußern. Er hatte keine Befehlsgewalt über dieses Lager, in dem er sich ein wenig wie ein Gespenst vorkam. Dem englischen Oberstleutnant, der unter dem japanischen Kommando die Verantwortung dafür trug, hatte er nur ein einziges Mal seine Empörung zum Ausdruck gebracht, nämlich, als er bemerkt hatte, daß sämtliche Offiziere bis zum Major hinauf unter genau den gleichen Bedingungen wie die Mannschaften an den Arbeiten teilnahmen, das heißt: Gräben aushoben und Erde wegkarrten. Der Oberstleutnant hatte die Augen gesenkt. Er erklärte, daß er sein möglichstes getan habe, um diese Demütigung abzuwenden, und daß er sich nur dem brutalen Zwang gebeugt habe, um Repressalien zu vermeiden, unter denen sie alle zu leiden gehabt hätten. Oberst Nicholson hatte mit einem wenig überzeugten Gesichtsausdruck den Kopf geschüttelt und sich dann in ein hochmütiges Schweigen gehüllt.
    Sie waren an dieser Sammelstelle zwei Tage geblieben, um von den Japanern einigen jämmerlichen Reiseproviant und ebenso ein Dreieck groben Stoffs in Empfang zu nehmen, das mit einer Schnur um die Hüfte gebunden wurde und von ihnen den Namen »Arbeitsuniform« erhielt. In der gleichen Zeit hatten sie sich auch den auf einer schnell errichteten Bühne thronenden General Yamashita anhören müssen, der mit umgeschnalltem Säbel und hellgrau behandschuhten Händen ihnen in schlechtem Englisch auseinandersetzte, daß sie auf Wunsch Seiner Majestät des Kaisers seinem Kommando unterstellt seien und was er von ihnen erwarte.
    Die Ansprache hatte mehr als zwei Stunden gedauert, war qualvoll anzuhören gewesen und schlug dem Nationalstolz mindestens ebenso blutige Wunden wie die Flüche und die Schläge. Er hatte gesagt, daß die Söhne Nippons ihnen gegenüber, die sie durch die Lügen ihrer Regierung irregeleitet worden seien, keinerlei Rachsucht hegten; man werde sie so lange menschlich behandeln, wie sie sich als »gentlemen« aufführten, das heißt: ohne Hintergedanken und mit allen ihren Kräften an der Idee des gemeinsamen südasiatischen Aufbaus mitarbeiteten. Sie müßten Seiner Majestät dem Kaiser dankbar sein, der ihnen die Gelegenheit gebe, ihre Irrtümer wiedergutzumachen, indem er sie an dem gemeinsamen Werk durch den Bau der Eisenbahnlinie teilnehmen lasse. Yamashita hatte weiterhin ausgeführt, daß er im allgemeinen Interesse gezwungen sei, eine strikte Disziplin durchzuführen und keinerlei Ungehorsam zu dulden. Faulheit und Nachlässigkeit würden als Vergehen betrachtet, jeder Ausbruchsversuch mit dem Tode bestraft werden. Die englischen Offiziere seien den Japanern für das Verhalten und den Arbeitseifer ihrer Mannschaften verantwortlich.
    »Krankheiten werden kein Entschuldigungsgrund sein«, hatte der General Yamashita hinzugefügt. »Eine vernünftige Arbeit ist ein ausgezeichnetes Mittel, um die Mannschaften in guter körperlicher Verfassung zu halten, und die Ruhr wagt sich nicht an denjenigen heran, der eine tägliche Arbeitsleistung im Rahmen seiner Pflicht dem Kaiser gegenüber erfüllt.«
    Er hatte seine Rede mit einer optimistischen Bemerkung geschlossen, die seine Zuhörer in Wut versetzte.
    »Arbeitet freudig und mit Eifer. Das ist meine Devise. Das muß vom heutigen Tage an eure Devise sein. Diejenigen, die so handeln, werden von mir nichts zu fürchten haben und ebensowenig von den Offizieren der großen japanischen Armee, unter deren Schutz ihr euch befindet.« Daraufhin waren die Einheiten abgerückt, wobei sich jede zu dem Abschnitt in Marsch setzte, der ihr zugeteilt war.
    Oberst Nicholson und sein Regiment waren in Richtung auf das Lager am Kwai-Fluß abgerückt. Dieses lag ziemlich weit ab, nur wenige Meilen von der burmesischen Grenze entfernt. Es wurde von Oberst Saito befehligt.

3
    Ärgerliche Zwischenfälle kennzeichneten die ersten Tage am Kwai-Fluß, wo sich die Atmosphäre von Anfang an als feindlich und elektrisch geladen erwies.
    Die Bekanntmachung des Obersten Saito, daß die Offiziere mit ihren Mannschaften und unter denselben Bedingungen zu arbeiten hätten, rief die ersten Mißhelligkeiten hervor.
    Sie führte zu einem höflichen, aber energischen Einspruch des Obersten Nicholson, der seinen Standpunkt mit ernsthafter Sachlichkeit auseinandersetzte und damit schloß, daß es Aufgabe der britischen Offiziere sei, ihren Soldaten Befehle zu erteilen, und nicht, mit Schaufel und Hacke in der Hand zu arbeiten.
    Saito hörte sich seinen Protest ohne ein Zeichen von
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