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Die Braut des Shawnee-Kriegers

Die Braut des Shawnee-Kriegers

Titel: Die Braut des Shawnee-Kriegers
Autoren: Elizabeth Lane
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Mitgift hast du zwar schon geschluckt, aber ich habe immer noch mein Land – Land, das mit jedem Tag im Wert steigt. Du kannst mir das Grundstück abkaufen, Junius. Dafür bezahlst du meine Reise und bist mich obendrein für immer los."
    Clarissa hörte ihn scharf einatmen. Natürlich war das ein umwerfendes Angebot. Das Land war bestimmt zehnmal so viel wert, wie die Reise kosten würde. Trotzdem zögerte Junius, und sein linker Mundwinkel zuckte nervös.
    "Also?" drängte sie und wartete gespannt auf seine Antwort.
    "Du wirst es mir vielleicht nicht glauben, aber ich habe auch ein Gewissen", sagte er. "Du bist meine Schwester, und ich will das Richtige für dich tun."
    "Dann lass dein Gewissen für mein Glück entscheiden." Sie ergriff seine mageren Hände und drückte sie fest. Das war etwas, das sie seit ihrer Kindheit nicht mehr getan hatte. "Nimm mein Angebot an, Junius. Nimm es, und lass mich gehen."
    "Clarissa …"
    Sie sah die Gemütsbewegung in seinen Augen, die Anspannung, unter der er durch seine selbst gewählte Isolierung litt. "Du verdienst selbst ein wenig Glück", sagte sie weich. "Such dir eine gute Frau, die sich um dich kümmert. Gründe eine Familie. Erfülle dieses düstere Haus mit Lachen, Musik und Liebe."
    Sie sah, wie er mühsam schluckte. "Ich lasse die Papiere für die Grundstücksübertragung ausstellen", sagte er. "Und ich sorge dafür, dass du sicher nach Fort Pitt und weiter den Ohio hinunter kommst. Es soll dir unterwegs an nichts fehlen."
    Einer spontanen Regung folgend, beugte sie sich über den Schreibtisch und küsste die trockene Wange ihres Bruders. "Sag mir Bescheid, wenn alles bereit ist", flüsterte sie. "Ich bin oben und packe meine Sachen."
     
    Als das Flachboot den Zusammenfluss von Kanawha und Ohio erreichte, hatte es angefangen zu schneien. Clarissa kauerte im Windschatten der Deckhütte und schaute zu, wie die weißen Flocken mit dem eisigen grün-braunen Wasser verschmolzen. Die feuchte, kalte Luft kroch durch ihren Wollmantel, und sie war völlig durchgefroren. Doch die Kälte war nichts im Vergleich zu den Ängsten, die sie bei Tage verfolgten, und den Bildern, die sich in ihre Träume stahlen. Was, wenn sie Wolf Heart am Ende ihrer Reise nicht fand? Wenn er am Fieber gestorben, im Kampf verwundet oder von einem Bären oder Puma getötet worden war?
    Was, wenn er eine andere Frau genommen hatte – eine Shawnee von Geburt – und sie, seine Dancing Fox, nicht mehr wollte?
    "Ma'am?" Die barsche Stimme des Bootsmanns unterbrach ihre Gedanken. "Heute Nachmittag setzen wir Euch an Land. Seid Ihr sicher, dass Ihr Euch hier auskennt?"
    "Ganz sicher."
    "Und Ihr seid auch ganz sicher, dass Ihr dies tun wollt?" Das verwitterte Gesicht des Mannes war tief besorgt. Junius hatte Wort gehalten und eine erfahrene und verantwortungsvolle Mannschaft angeheuert, um seine Schwester an ihr Reiseziel zu bringen. Es waren gute Männer, und sie hatten sie mit der Freundlichkeit und dem Respekt behandelt, wie es einer Frau in ihrem Zustand gebührte.
    Doch auch sie weigerten sich beharrlich, sich über das offene Ufer des Ohio hinaus ins Landesinnere zu wagen. Clarissa würde die letzten drei Meilen allein und zu Fuß gehen müssen. Der Weg führte an dem Nebenarm entlang, an dem das Shawnee-Dorf lag.
    "Ma'am?" Der Bootsmann wartete auf eine Antwort auf seine Frage.
    "Ich bin sicher." Sie nickte. "Ich bin nicht so weit gereist, um jetzt den Mut zu verlieren."
    "Wenn wir Euch erst mal am Ufer abgesetzt haben, seid Ihr ganz auf Euch allein gestellt. Wir können nicht bleiben und darauf warten, ob Ihr vielleicht Eure Meinung noch ändert. Die Männer würden sich weigern. Sie sind jetzt schon so unruhig wie aufgescheuchte Karnickel."
    So, wie die Dinge lagen, hätte Clarissa die Mannschaft des Flachboots gar nicht gebeten, auf sie zu warten. Ihre Anwesenheit so nah beim Dorf würde nur eine gefährliche Spannung auslösen. Um das Vertrauen der Shawnee nicht zu verlieren, musste sie allein zurückkehren.
    "Ich verstehe", sagte sie.
    "Dann möge Gott Euch beistehen, Ma'am", brummelte der Bootsmann, drehte sich um und ging.
    Das Schneetreiben wurde im Laufe des Tages immer dichter. Clarissa beobachtete das Ufer durch einen Wirbel weißer Flocken. Sie war froh, dass sie den dicken Mantel und die derben Stiefel angezogen hatte. Die warmen Sachen würde sie brauchen, um das Dorf heil und unbeschadet zu erreichen.
    Doch was sollte sie tun, wenn ihre schlimmsten Befürchtungen sich bewahrheiteten
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