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Die Braut des Shawnee-Kriegers

Die Braut des Shawnee-Kriegers

Titel: Die Braut des Shawnee-Kriegers
Autoren: Elizabeth Lane
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Heart, hatte einmal erwähnt, dass die Shawnee im Winter ihre Dörfer verließen und sich in kleine Gruppen aufteilten. Das machte es leichter, während der langen, kalten Wintermonde genug Wild zu beschaffen.
    Wie hatte sie diesen lebenswichtigen Punkt einfach vergessen können? Das war mehr als ein dummes Versehen – es war ein verheerender, ein tödlicher Fehler! Und der Preis, den sie dafür zahlen musste, könnte womöglich ihr Leben und das ihres Kindes sein.
    Die Dunkelheit brach jetzt schnell herein. Der Wind verwandelte den Schnee in harte Kügelchen, die ihr in die Haut stachen. Clarissa raffte sich auf und taumelte zur Ratshütte, die trotz der offenen Fenster und Tür der einzige Ort im Dorf war, wo sie wenigstens ein bisschen Schutz finden konnte. Sie hatte einen Feuerstein, um Feuer zu machen, und genug Kekse, um es einen oder zwei Tage lang auszuhalten. Wie lange konnte sie hier wirklich überleben? Wie lange, bis sie verhungerte, erfror oder …
    Ein Geräusch aus der Ferne, das der Wind zu ihr herübertrug, ließ sie vor Schreck erstarren. Angestrengt lauschte sie, und das Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie es wieder hörte – ein geisterhaftes, klagendes Heulen, das ein paar Herzschläge lang anhielt und dann leiser wurde, bis es schließlich verstummte. Das Land versank wieder in winterlichem Schweigen.
    Clarissas Arme schoben sich schützend über die Wölbung ihres Leibes, die ihr ungeborenes Kind barg. Es bestand kein Zweifel darüber, was sie gehört hatte.
    Es war der Ruf eines jagenden Wolfs, der sich mit seinem Rudel verständigte.
     
    Wieder einmal hatte Wolf Heart vergebens auf eine Vision gewartet. Er war zu der Höhle über dem Steinschlag zurückgekehrt, um Einsichten zu gewinnen, die ihm die Führung seines Volkes erleichtern könnten. Doch selbst nachdem er vier Tage lang gefastet und gewartet hatte, war die Vision ausgeblieben. Es hatte sich nichts eingestellt außer den Erinnerungen an Clarissa, wie sie über die sonnenhelle Wiese lief, um das Feuer tanzte und goldene Lichter ihr Haar aufflammen ließen – wie sie in seinen Armen lag und ihr Gesicht vor Liebe glühte.
    Er war nur ein halber Mensch ohne sie. Das wusste er seit dem Tag ihrer Trennung. Nur konnte er die Zeit nicht zurückdrehen. Sie war jetzt in ihrer eigenen Welt, wo sie leben wollte und wohin sie gehörte. Er dagegen suchte verzweifelt nach einem Weg, um allein weiterzuleben. Noch immer wartete er darauf, dass der Geist des Wolfs ihm diesen Weg wies.
    Mit einem müden Seufzer schulterte er sein Bündel und die Muskete, die er in der schmalen Höhle am Fuß des Steinschlags zurückgelassen hatte. Er hätte die Zeit besser genutzt, wenn er auf die Jagd gegangen wäre, statt auf eine Vision zu warten. Als er das Lager verließ, hatten die Leute zwar genug Fleisch, allerdings dürfte der Vorrat inzwischen zusammengeschmolzen sein. Vielleicht konnte er auf dem Rückweg ein Reh erlegen, um seine Abwesenheit zu rechtfertigen.
    Es wäre vernünftig, auch in den anderen Lagern nach dem Rechten zu sehen, überlegte er, während er durch den Schnee hügelab stapfte. Als Friedenshäuptling fühlte er sich für sein ganzes Volk verantwortlich.
    Durch den Schleier der herabfallenden Schneeflocken konnte er den Vollmond über den kahlen Bäumen sehen. Sogar Kokomthena wirkte kalt in dieser frostigen Nacht. Es würde gut tun, ins Lager zurückzukehren und sich in seiner einsamen Hütte neben dem Feuer schlafen zu legen.
    Er überquerte gerade den Weg zum Fluss, als er ihn hörte – den lang anhaltenden, klagenden Ruf eines Wolfs, der sich hob und senkte und sich mit dem Heulen des Nachtwinds vermischte. Wolf Heart hob den Kopf und lauschte angespannt.
    Der Ruf war aus der Richtung des verlassenen Dorfs gekommen.
    Getrieben von einer Kraft, die er weder verleugnen noch verstehen konnte, hastete er durch den wirbelnden Schnee. Als er sich dem Dorf näherte, erkannten seine geschärften Sinne den Geruch von Rauch. Jemand war dort – jemand, der vielleicht in Schwierigkeiten war und Hilfe brauchte. Oder der ihm übel wollte. Auch das konnte er nicht ausschließen. Deshalb verlangsamte er seinen Schritt und schlich vorsichtig und geräuschlos näher.
    Jetzt konnte er durch die offenen Fenster der Ratshütte das Flackern eines Feuers sehen. Undeutlich sah er einen grauen Schatten draußen in der Dunkelheit – der riesige blasse Umriss eines Wolfs, der wie ein Geist zu verschwinden schien, als er näher kam.
    Plötzlich sah er im
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