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Die Braut des Shawnee-Kriegers

Die Braut des Shawnee-Kriegers

Titel: Die Braut des Shawnee-Kriegers
Autoren: Elizabeth Lane
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konnte. Wolf Hearts Tochter würde niemals über Swan Feathers geliebte Wiese laufen. Sie würde nie Kräuter sammeln, um die Menschen zu heilen, die sie verehrten und ihr vertrauten. Und sie würde nie nackt und frei in das tiefe, kühle Wasser des Felsenteichs tauchen oder fröhlich zum Rhythmus der Trommeln tanzen.
    Und was sie selbst betraf … Clarissa berührte ihre Wange, wo eine Träne ihre kalte, nasse Spur hinterlassen hatte. Sie würde nie wieder vom Duft des Hickoryrauchs geweckt werden. Nie wieder würde sie sehen, wie die Sonnenstrahlen durch die Ritzen im Dach ihrer Rindenhütte fielen. Sie würde White Moons gütiges Lächeln nie mehr sehen und Cat Followers freches Lachen nie mehr hören. Nie wieder würde sie auf einem Bett aus weichen Fellen in Wolf Hearts Armen liegen, wenn sie beide noch warm und feucht von der wilden Leidenschaft ihrer Umarmung waren.
    Was für eine unbelehrbare, jämmerliche Närrin sie doch gewesen war! In den ersten Wochen hier in Baltimore, als sie noch zu den Shawnee zurückkehren konnte, hatte ihr Stolz sie davon abgehalten. Jetzt war dieser dumme Stolz zerbröckelt und hatte sich in Sehnsucht verwandelt, doch ihre Einsicht kam zu spät. Der Winter stand vor der Tür, und ihre Schwangerschaft näherte sich dem letzten Drittel. Jetzt würde es äußerst schwierig sein, die anstrengende Reise nach Fort Pitt und von dort den Ohio hinab zu machen.
    Anstrengend, ja. Und gefährlich.
    Sie schloss die Augen, und ihr war, als könnte sie Wolf Heart sehen, wie er auf der Felskuppe stand und auf den Fluss hinabsah. Sie spürte die Einsamkeit in seinem Herzen, spürte, wie er die Arme nach ihr und seinem Kind ausstreckte, und plötzlich wusste sie, dass sie zu ihm musste. Wie schlecht die Chancen auch stehen mochten, sie musste zu ihm, oder sie würde es bis ans Ende ihres Lebens bereuen.
    Voll Ungeduld drehte sie sich um, hastete zur Zimmertür und riss sie auf. Als sie die steile Treppe hinunterging, eine Hand auf dem Geländer, um das Gleichgewicht zu halten, kam ihr zu Bewusstsein, dass sie bereits eine von Junius' Regeln brach. Die Regel, in ihrem Zimmer im ersten Stock zu bleiben, es sei denn, sie hätte die ausdrückliche Erlaubnis herunterzukommen. Um den Hausfrieden zu erhalten, hatte sie sich seinen Forderungen gefügt. Heute jedoch pfiff sie darauf!
    Mrs. Pimm bedachte sie mit einem empörten Blick, als sie an der Küche vorbeikam, doch Clarissa machte sich nicht einmal die Mühe, sich zu entschuldigen oder eine Erklärung abzugeben. Sie durchquerte das Esszimmer und ging mit langen Schritten durch die Diele direkt in Junius' Privatbüro. Sie hatte sich in letzter Zeit so oft entschuldigt, dass es für ein ganzes Leben ausreichte.
    Sie fand ihren Bruder am Schreibtisch über sein großes Hauptbuch gebeugt. Stirnrunzelnd sah er auf, als Clarissa ins Zimmer platzte. Seine dünnen Augenbrauen trafen sich fast über dem Rahmen seiner Brille. "Was ist denn jetzt schon wieder?" fragte er gereizt, als hätte sie ihn an diesem Tag schon unzählige Male belästigt.
    Clarissa beschloss, gleich auf den Punkt zu kommen. "Ich will nach Haus, Junius", verkündete sie.
    "Aber du bist zu Haus." Seine mit Tintenflecken verzierten Finger verhielten über einer langen Zahlenkolonne. Junius Rogers hätte ein recht gut aussehender Mann sein können, wäre da nicht dieser verkniffene, sauertöpfische Ausdruck auf seinem Gesicht gewesen. "Du wurdest in diesem Haus geboren, und ob es dir nun gefällt oder nicht …"
    "Das meine ich nicht." Sie fixierte ihn über den Schreibtisch hinweg, herausfordernd und zum Kampf entschlossen. "Ich sagte, ich will nach Haus. Zurück den Ohio hinunter zu meinem Mann. Ich will, dass mein Kind als Shawnee geboren wird."
    Junius sog hörbar die Luft ein und starrte sie ungläubig an. "Bist du verrückt geworden?" bellte er. "Ich habe dich in den letzten Monaten immer in Schutz genommen, aber allmählich beginne ich zu glauben, dass alles, was die Leute über dich sagen, der Wahrheit entspricht."
    Clarissa erlaubte sich ein bitteres Lächeln. "Wenn das so ist, gehöre ich nicht hierher nach Baltimore, wo ich von deinem Geld lebe und dir nichts als Schwierigkeiten mache, oder?"
    Junius sprang auf. "Aber das ist doch absurd! Was werden die Leute sagen!"
    "Das schert mich einen feuchten Kehricht."
    "Ich erlaube es nicht, Clarissa."
    "Und warum nicht?" Sie trat näher an den Schreibtisch und stellte sich auf die Zehenspitzen, um auf Augenhöhe mit ihm zu sein. "Meine
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