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Die Braut des Normannen

Die Braut des Normannen

Titel: Die Braut des Normannen
Autoren: Julie Garwood
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verunsichert, daß seine Stimme immer schriller wurde, während er fortfuhr: »Die Verletzungen ihres Bruders sind lebensbedrohlich, Baron, und sie möchte während der Nacht an seiner Seite sitzen. Sie hat mir versprochen, am Morgen wieder herzukommen. Sicherlich ist sie dann bereit, all Eure Fragen zu beantworten.«
    Royce atmete tief durch, um sich zu beruhigen, ehe er das Wort ergriff. »Und wenn sie morgen nicht zurückkommt?« fragte er leise und gelassen.
    Ingelram, der offensichtlich an eine solche Möglichkeit überhaupt nicht gedacht hatte, starrte ihn mit offenem Mund an. »Sie hat mir ihr Ehrenwort gegeben, Baron – sie würde mich doch nicht hintergehen. Das könnte sie gar nicht. Sie hat ihr Leben der Kirche geweiht und würde eine Todsünde begehen, wenn sie jemanden betrügt. Falls sie aus irgendeinem Grund nicht kommen kann, würde ich mich glücklich schätzen, ins Kloster zu gehen und sie zu holen.«
    Royce hatte jahrelange Übung darin, seine Beherrschung nicht zu verlieren, und das kam ihm jetzt zugute, obwohl er den Tölpel am liebsten angebrüllt hätte. Der Umstand, daß sich der angelsächsische Spion in der Halle aufhielt, zügelte sein Temperament ein wenig. Royce würde nie einen seiner Männer in Gegenwart eines Fremden abkanzeln, das wäre eine zu große Demütigung. Er behandelte seine Männer immer so, wie er selbst behandelt werden wollte – Respekt mußte man sich verdienen, man konnte ihn nicht fordern, aber würdevolles Benehmen konnte man jungen Leuten beibringen, indem man ein gutes Beispiel abgab.
    Hugh räusperte sich, um Royces Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Der alte Krieger bedachte seinen Freund mit einem mitfühlenden Blick und drehte sich dann Ingelram zu. »Mein Junge, Ihr könnt nicht in die geheiligten Mauern eines Klosters eindringen. Gott würde uns alle dafür bestrafen, wenn wir es wagen würden, das heiligste seiner Gesetze zu brechen.«»Das heilige Gesetz?« stammelte Ingelram verständnislos.
    Hugh verdrehte die Augen zum Himmel. »Sie steht unter dem Schutz der Kirche. Mein Junge, Ihr habt es ihr möglich gemacht, dort Zuflucht zu suchen.«
    Allmählich dämmerte es Ingelram, welche Folgen seine Tat haben konnte, und er war über sich selbst und über seine Unfähigkeit, Verantwortung zu übernehmen, entsetzt. In seiner Verzweiflung suchte er fieberhaft nach einer Möglichkeit, seine unbedachte Entscheidung wiedergutzumachen und sich seinem Herrn als zuverlässigen
    Stellvertreter zu präsentieren. »Aber sie hat mir doch versprochen ...«
    »Schweigt!«
    Royce hatte nicht einmal die Stimme erhoben, aber der angelsächsische Spion wich erschrocken ein paar Schritte zurück, als er einen kurzen Blick in die zornfunkelnden grauen Augen des normannischen Kriegers riskierte. Auf keinen Fall wollte er in Reichweite dieses Riesen bleiben, wenn er die Beherrschung verlor.
    Royce grinste über den feigen Rückzug des Verräters. Der kleine Mann zitterte wie Espenlaub. »Ihr habt die beiden Brüder erwähnt, James«, nahm Royce die Unterhaltung mit ihm wieder auf. »Jetzt möchte ich mehr über die Zwillingsschwestern erfahren. Man hat uns schon berichtet, daß die eine Nonne ist und die andere ...«
    Er verstummte, als der Angelsachse den Kopf schüttelte. »In dieser Familie gibt es keine Nonne«, brachte James mühsam hervor. »Da ist Lady Nichola«, fügte er eilig hinzu, als er sah, wie sehr diese Eröffnung den Normannen aufregte. Die gezackte Narbe im Gesicht des Ritters war schneeweiß geworden. »Lady Nichola ist...«
    »Wir wissen einiges über Lady Nichola«, fiel Royce ihm ins Wort. »Sie ist diejenige, die diese Burg gegen unsere Angriffe verteidigt hat, stimmt das?«
    »Ja, Mylord«, erwiderte James. »Das stimmt.«
    »Ich möchte sofort alles, was Ihr über die andere Zwillingsschwester wißt, hören. Wenn sie keine Nonne ist, dann muß ...«
    Der Angelsachse brachte so viel Mut auf, erneut vehement den Kopf zu schütteln, und machte jetzt einen eher verwirrten als ängstlichen Eindruck. »Aber Mylord«, flüsterte er niedergeschlagen. »Es gibt nur eine Tochter. Lady Nichola hat gar keine Zwillingsschwester.«

 
2
     
    Royces Reaktion auf diese Sensation kam rasch und völlig unerwartet. Er warf den Kopf in den Nachen und lachte schallend, bis ihm die Tränen in die Augen traten. Lady Nicholas schlaue List, durch die ihr die Flucht gelungen war, versetzte ihn in Erstaunen. Diese Frau hatte sich als äußerst erfinderisch erwiesen, und das war ein
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