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Die Braut des Normannen

Die Braut des Normannen

Titel: Die Braut des Normannen
Autoren: Julie Garwood
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Charakterzug, den er schon immer sehr geschätzt hatte.
    Nichola war keine Nonne – diese Neuigkeit verschaffte ihm außerdem eine merkwürdige Erleichterung, die er selbst nicht ganz verstand, und deshalb verdrängte er die verwirrende Empfindung, so rasch er konnte. Er brach erneut in donnerndes Gelächter aus. Guter Gott, es war gar keine Nonne gewesen, die seine Begierden geweckt hatte!
    Ingelram war konsterniert über das sonderbare Verhalten seines Herrn. In der kurzen Zeit, die er dem Kommando des Barons unterstand, hatte er ihn nicht ein einziges Mal lächeln gesehen, und plötzlich wurde dem jungen Mann bewußt, daß er auch nie erlebt hatte, daß sein Befehlshaber einen Rückschlag ohne Gegenwehr hingenommen hätte.
    »Versteht Ihr nicht, was das bedeutet, Baron?« sprudelte er hervor. »Ihr seid erniedrigt worden, und das nur meinetwegen. Ich habe ihre Lüge für bare Münze genommen und ihr sogar eine Eskorte zur Verfügung gestellt, damit sie unbeschadet das Kloster erreicht.«
    Ingelram trat tapfer vor, bis er seinem Lord von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand und flüsterte gequält: »Ich allein trage die Schuld.«
    Royce hob eine Augenbraue, als er diese dramatische Selbstanklage vernahm. »Darüber sprechen wir später«, versetzte Royce mit einem bedeutungsvollen Blick auf den Angelsachsen.
    Ingelram machte einen tiefen Bückling, und Royce wandte sich wieder an den ehemaligen Steuereintreiber: »Was wißt Ihr sonst noch über Nichola?« erkundigte er sich.
    James hob hilflos die Schultern. »Ich wurde vor zweieinhalb Jahren aus dieser Gegend verjagt, Mylord, und ein anderer hat das Amt des Steuereintreibers übernommen. Ich weiß nur, daß Nichola einen Hünen von einem Mann, der den Namen Rudolf trägt und große Ländereien im Süden besitzt, heiraten sollte. Sei war ihm seit ihrer Kindheit versprochen, und wenn die Hochzeit wie geplant stattgefunden hat, dann war sie zwei Jahre mit ihm verheiratet, ehe er in der Schlacht bei Hastings ums Leben kam. Sonst weiß ich gar nichts über Nichola, Mylord.«
    Royce gab keinen Kommentar zu diesem Bericht ab und entließ James. Er wartete, bis der Angelsachse gegangen war, dann drehte er sich zu Ingelram um. »In Zukunft werdet Ihr Euch in Gegenwart Fremder nicht mehr auf diese Weise mit Euren Vergehen brüsten. Habt Ihr verstanden?«
    Ingelram nickte betreten.
    Royce seufzte. »Wenn Ihr als mein Stellvertreter Entscheidungen fällt, sind Eure Fehler auch die meinen. Vielleicht stellt sich ja auch heraus, daß die Unannehmlichkeiten, die Ihr mir bereitet, auch ein Gutes haben.«
    Ingelram war erstaunt und wußte nicht, was er auf diese Bemerkung antworten sollte.
    »Lady Nichola hat bewiesen, daß sie sehr gerissen ist, meinst du nicht, Royce?« mischte sich Hugh ein. »Sie ist dir entwischt... fürs erste zumindest«, fügte er mit einer Kopfbewegung in Ingelrams Richtung hinzu.
    »Ja«, bestätigte Royce höhnisch. »Fürs erste.«
    »Die Wahrheit ist, daß ich ein Opfer ihrer Lügen geworden bin«, stammelte Ingelram.
    »Nein«, widersprach Royce. »Ihr habt Euch von ihrer Schönheit betören lassen. Macht Euch die Ursache Eures Fehlers klar, dann werdet Ihr ihn auch nicht wiederholen.«
    Der junge Ritter nickte nachdenklich. Er holte tief Luft, als er sein Schwert aus der Scheide zog. Seine Hand zitterte, während er Royce die juwelenbesetzte Waffe, die er von seinem Vater geschenkt bekommen hatte, darbot. »Ich habe versagt, Baron, und Schande über Euch gebracht.«
    Ingelram schloß in Erwartung eines Schlages die Augen. Eine lange quälende Minute verstrich, bevor er sie wieder öffnete. Weshalb zögerte sein Herr und Meister? »Wünscht Ihr nicht, Genugtuung von mir zu fordern, Baron?« fragte er, ohne seine Verwirrung zu verbergen.
    Royce funkelte seinen Gefolgsmann böse an, ehe er sich zu Hugh umdrehte. Sein Freund lächelte, und beinah hätte Royce dieses Lächeln erwidert. »Was ich wünsche und was ich tatsächlich tun werde, sind zwei völlig verschiedene Dinge, Ingelram«, sagte er. »Das werdet Ihr später vielleicht verstehen. Warum bietet Ihr mir Euer Schwert an?«
    Diese Frage traf Ingelram gänzlich unerwartet – der Baron hatte in einem so milden Tonfall gesprochen, daß er sich ernsthaft fragte, ob er wegen seines sträflichen Vergehens möglicherweise doch nicht in Ungnade gefallen war. »Ich biete Euch mein Schwert an, damit Ihres nach Belieben gegen mich verwenden könnt, Baron. Ich begreife nicht, warum Ihr ... Ich habe
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