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Die Braut des Normannen

Die Braut des Normannen

Titel: Die Braut des Normannen
Autoren: Julie Garwood
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Gefolgsmännern forderte ihn auf, mit ihm zu kommen. »Bleibt bei ihr«, befahl Royce Ingelram.
    Der Befehlshaber war bereits auf dem Korridor, als er die Antwort seines Untergebenen vernahm. »Ich beschütze sie mit meinem Leben, Baron, Gott sei mein Zeuge. Niemand wird es wagen, sie anzurühren.«
    Royce seufzte laut. Gott bewahre mich in Zukunft vor diesen eifrigen Rittern, dachte er. Wenn er nicht von Natur aus mit einer solchen Langmut gesegnet gewesen wäre, hätte er spätestens jetzt Ingelrams hohlen Schädel gegen die Wand geschleudert. In der vergangenen Stunde war er des öfteren versucht gewesen, genau das zu tun.
    Ein anderer jugendlicher Ritter erwartete Royce am Treppenabsatz. »Im Süden der Festung tobt eine Schlacht, Baron. Wir haben vom Wehrgang aus gesehen, daß die angelsächsischen Hunde unsere normannischen Soldaten umzingelt haben. Die Angegriffenen tragen das Banner von Baron Hugh. Sollen wir zu ihnen reiten, um ihnen Beistand zu leisten?«
    Royce verließ den Turm und kletterte auf den Wehrgang, um sich selbst ein Bild von der Lage zu machen. Der Soldat, der ihm Meldung gemacht hatte, blieb ihm dicht auf den Fersen. Unglücklicherweise war er mindestens ebenso unerfahren und ebenso diensteifrig wie Ingelram – diese Kombination war äußerst gefährlich.
    »Seht Ihr, wie die Angelsachsen unsere Männer bedrohen, Baron?«
    Royce schüttelte den Kopf. »Ihr habt zwar die Szene beobachtet, aber nichts gesehen«, murmelte er. »Hughs Männer wenden die gleiche Strategie an wie damals in der Schlacht bei Hastings. Unsere Soldaten treiben die Sachsen in eine Falle.«
    »Aber die Angelsachsen sind in der Überzahl, es sind mindestens dreimal so viele ...«
    »Es ist vollkommen bedeutungslos, wie viele es sind«, versetzte Royce stöhnend, aber er erinnerte sich rechtzeitig daran, daß er im Grunde seines Herzens ein geduldiger Mensch war, und musterte den dunkelhaarigen jungen Mann an seiner Seite eingehend. »Wie lange seid Ihr schon bei meiner Truppe?«
    »Seit knapp acht Wochen.«
    Royces Verärgerung verflog augenblicklich. Dieser Junge hatte gar keine Zeit gehabt, ordentlich zu lernen, und war sicherlich nicht ausreichend auf den Einmarsch in England vorbereitet. »Dieser Umstand entschuldigt Eure Unwissenheit«, meinte Royce, bevor er zu der Treppe ging. »Wir werden Hughs Männer unterstützen, aber nur weil wir gern kämpfen, und nicht, weil sie Verstärkung brauchen. Normannische Krieger sind ihren Feinden bei jedem Kampf haushoch überlegen, und Hughs Männer verlassen das Schlachtfeld ganz sicher als Sieger, ob wir ihnen nun helfen oder nicht.«
    Der junge Soldat nickte, dann bat er um die Erlaubnis, an der Seite des Barons ins Schlachtgetümmel reiten zu dürfen. Royce gewährte ihm die Bitte. Er ließ zwanzig Männer auf der Festung zurück und ritt mit dem Rest seiner Truppe in den Kampf. Da sich nur Frauen, Diener und Kinder in der Burg befanden, würde Ingelram nicht viel Schaden anrichten können, wenn er das Kommando übernahm, bis er selbst zurückkam.
    Der Kampf tobte erbittert, aber nach Royces Ansicht war er viel zu rasch zu Ende. Da er ein zynischer Mann war, kam es ihm reichlich sonderbar vor, daß die Angelsachsen, sobald er und seine Männer ins Geschehen eingriffen, wie Wölfe in die Hügel sprengten, obwohl sie den Normannen weit überlegen waren. War diese Schlacht nur inszeniert worden, um ihn aus der Festung zu locken? In seiner Erschöpfung, die der Schlafmangel der letzten Tage verursacht hatte, kam er zu der Ansicht, daß er die Gefahr, die von den Angelsachsen ausgehen könnte, bei weitem überschätzte. Er und seine Männer nahmen die Verfolgung der Flüchtigen auf, aber nach ungefähr einer Stunde brach er die wenig sinnvolle Jagd ab.
    Royce war erstaunt, daß Hugh, ein Freund, der unter Williams Oberbefehl denselben Rang einnahm wie er selbst, diese Truppe anführte. Royce hatte eigentlich angenommen, daß Hugh an der Seite ihres obersten Dienstherrn in London einreiten würde. Hugh beantwortete seine Frage mit der Erklärung, daß er nach Norden geschickt worden war, um die letzten Aufständischen zu unterwerfen. Als die Angelsachsen ihn angegriffen hatten, war er bereits auf dem Rückweg nach London gewesen.
    Hugh war gute zehn Jahre älter als Royce, und neben dem grauhaarigen Mann mit dem verwitterten Gesicht sah Royce beinah gut aus.
    »Mir hat man für diesen Marsch fast nur unausgebildete Männer zugeteilt«, gestand Hugh grimmig. »Die kampferprobten
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