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Die Braut des Nil

Die Braut des Nil

Titel: Die Braut des Nil
Autoren: Christian Jacq
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fühlte er eine seltsame Kälte in der
rechten Hand, mit der er das Schwert hielt. Das Schwert hatte sich in eine
Kobra verwandelt. Der Mann war überzeugt, eine Halluzination zu haben, und
wollte es nicht loslassen. Die Schlange schoss auf ihn zu, griff an und schlug
ihm ihre Zähne in die Brust. Tödlich verletzt brach der Usurpator zusammen.
    Der Offizier erhob sich. Der
Faustschlag hatte ihn betäubt, und so hatte er die Szene nicht miterlebt. Vor
Kamose und Nofret, die sich umschlungen hielten, lag die Leiche des falschen
Setek, der sich mit seinem Schwert selbst die Brust durchbohrt hatte.

 
    24
     
     
     
    Der Bürgermeister des Dorfes
war verhaftet und ins Gefängnis gebracht worden. In Anbetracht der Schwere der
begangenen Taten würde er in Theben vor Gericht kommen. Richter Rensi würde als
Ankläger im Namen des Pharao die höchste Strafe fordern.
    Zum
Nachfolger des Bürgermeisters war Geru bestimmt worden. Geru hatte neue Kraft
geschöpft und hörte nicht auf, Lobeshymnen auf seinen Sohn Kamose zu singen,
der in Gesellschaft von Nofret an der Seite seiner Mutter geblieben war. Er
wollte sie bis zu ihrer vollständigen Genesung nicht verlassen. Nedjemet war
überglücklich und brauchte nicht lange, um wieder gesund zu werden. Die Sonne
erhob sich erneut über glücklichen Tagen.
    Nofret hatte
die einfachen Freuden des Landlebens entdeckt. Sie hatte die Kleidung einer
Adligentochter abgelegt und trug nun den Schurz der Bäuerinnen. Kamose hatte
ihr das Land gezeigt und sie Felder, Mittagsschläfe im Schatten der Akazien,
Spaziergänge am Nil und die Jagd im Schilfrohr entdecken lassen. Jeder Tag
erschien ihnen zu kurz.
    Der alte Hund des Hauses
hatte Zuneigung zu Nofret gefasst. Sobald er sie sah, wedelte er mit dem
Schwanz und kam angerannt, um ihr die Beine zu lecken.
    Weder Kamose
noch Nofret wagten es, das Thema anzusprechen, das sie doch so sehr
beschäftigte. Sie zogen es vor, die Gegenwart zu genießen und nicht über die
Zukunft zu reden.
    Als Richter Rensi und sein
Gefolge ins Dorf kamen, war Nofret nicht sonderlich überrascht. Sie wusste,
dass ihr Vater gezwungen war, sich mit dem Fall zu befassen.
    Bürgermeister
Geru und seine Gattin Nedjemet bereiteten der mächtigen Persönlichkeit inmitten
eines Palmenhains am Rande der Felder ein überaus schönes Festmahl. Junge
Bäuerinnen legten dem Richter Blumensträuße zu Füßen.
    Als die
Festlichkeiten beendet waren, blieb Rensi allein mit seiner Tochter.
    Nofret
wartete, dass ihr Vater das Wort ergriff.
    »Dieser Ort ist entzückend«,
sagte er.
    »Es ist der
schönste, den ich kenne.«
    »Hast du
vergessen, dass du Hathor-Priesterin bist, Nofret?«
    »Nicht weit
von hier gibt es einen kleinen Tempel. Dort werde ich mich hinbegeben, um meine
rituellen Dienste zu absolvieren. Dann komme ich wieder hierher zurück, um mit
Kamose zu leben.«
    »Du weißt
genau, dass das unmöglich ist, Nofret. Ich habe mich in diesem jungen Mann
getäuscht, das gebe ich zu. Er ist ehrenwert und begeistert. Aber seine
Qualitäten werden nicht ausreichen, dich glücklich zu machen. Das Landleben
wird dich eine Zeit lang unterhalten. Dann kommt die Langeweile. Und auf sie
folgen Auflehnung und Zerwürfnis. Und du wirst deine Entscheidung bitter
bereuen.«
    »Nein, mein
Vater.«
    »Doch, meine
Tochter. Du weißt, dass ich Recht habe. Dein Schicksal liegt anderswo.«
    »Ich liebe
Kamose.«
    »Daran
zweifle ich nicht, Nofret. Aber Leidenschaft ist keine Quelle für Freude. Du
musst über den Augenblick hinaussehen. Du gehörst zum geschlossenen Tempel und
wünschst dir, auf dem Weg der Erkenntnis voranzuschreiten. Du musst nach Theben
zurückkehren und dein wirkliches Schicksal erfüllen. Ich habe gerade lange mit
der obersten der Priesterinnen gesprochen. Sie hat dich dazu bestimmt, erneut
den Ritus der Braut des Nil zu vollziehen. Wenn du diese Aufgabe ablehnen
würdest, würdest du die Türen schließen, die sich dir geöffnet haben.«
    Nofret hatte
ihrem Vater kein Argument entgegenzusetzen. Er kannte sie gut.
    »Ich könnte
dich zwingen, mit mir nach Theben zurückzukehren, meine Tochter. Das werde ich
nicht tun. Du hast noch ein paar Tage zum Nachdenken. Wenn Kamose dich wirklich
liebt, wird er sich einsichtig zeigen. Er wird dich nicht zwingen, ein Leben zu
teilen, dass dich verknöchern lassen würde.«
    Vom
Dorfeingang kamen Freudenschreie. Kinder rannten neben einer Sänfte her, auf
der ein Greis saß. Ein Sonnenschirm schützte seinen Kopf vor
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