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Die Braut des Nil

Die Braut des Nil

Titel: Die Braut des Nil
Autoren: Christian Jacq
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über Ägypten.
Nur der Alte war wegen seines hohen Alters in der Haltung der Schreiber rechts
neben dem Thron sitzen geblieben.
    Die neun
Ratgeber des Königs waren seit langer Zeit seine Freunde. Sie vereinten die
unterschiedlichsten Sachkenntnisse. Ramses traf keine wichtige Entscheidung,
ohne sie um Rat zu fragen, auch wenn er sich bisweilen über sie hinwegsetzte
und allein die letzte Verantwortung übernahm.
    Nachdem der
große Rat die Allmächtigkeit des einzigen Gottes zelebriert hatte, der sich den
Menschen in vielfältigen Formen offenbart, machte er sich an die Arbeit. Im
Mittelpunkt seiner Zusammenkunft stand die Verschönerung des Tempels von Karnak
und die Fertigstellung des gewaltigsten Säulensaals, der je in Ägypten gebaut
worden war.
    Der
Protokollschreiber brachte dem König einen Skarabäus.
    Ramses
erkannte ihn sofort.
    »Ich habe dem
großen Rat einen außergewöhnlichen Fall vorzubringen«, sagte der König.
    Auf Befehl
des Pharao führte der Protokollschreiber Nofret in den Saal des großen Rats.
Aber die junge Frau war nicht allein. Sie wurde begleitet von dem
Schreiberlehrling Kamose.
    Sie
verneigten sich vor dem König.
     
     
    Verblüfft und
glücklich entdeckte Kamose den Alten. Dessen Anwesenheit unter den Mitgliedern
des großen Rats beruhigte ihn. Aber der Alte äußerte ihm gegenüber nicht das
geringste Zeichen von Sympathie.
    »Wer ist
dieser junge Mann?«, fragte der König.
    »Kamose, Sohn
von Geru und Nedjemet, Eure Majestät«, antwortete Nofret. »Seine Eltern wurden
schwer in ihren Rechten beeinträchtigt. Ihr Fall ist berechtigt. Davon lege ich
als Hathor-Priesterin Zeugnis ab.«
    »Du kennst
die große Bedeutung des Zeugnisablegens«, sagte der König.
    Nofret neigte
den Kopf.
    »Sprich,
Kamose«, befahl der Pharao.
    »Eure
Majestät«, stammelte der junge Mann, »ich weiß nicht, wie…«
    »Wenn dein
Fall berechtigt ist«, unterbrach ihn der König, »so kannst du dich sicher klar
ausdrücken.«
    Anstatt
Kamose zu entmutigen, verlieh ihm diese harsche Bemerkung einen entscheidenden
Impuls. Er hatte nichts mehr zu verlieren.
    »Vor über
drei Jahren ist ein Soldat namens Setek in unser Dorf gekommen. Er hat meine
Eltern ihres Hauses und ihres Landes beraubt. Jeder betrachtet ihn als Helden,
der sich alles erlauben darf. Für mich ist er ein Dieb.«
    Nofret hatte
gehofft, Kamose wäre gemäßigter in seinen Äußerungen. Aber das Unglück war
bereits geschehen.
    »Ich kenne
diesen Setek gut«, sagte der König. »Er ist einer meiner Veteranen. In Asien
hat er an meiner Seite gegen die Hethiter gekämpft. Er ist ein wahrer Held. Du
erhebst schwere Anschuldigungen gegen ihn. Ich habe ihn tatsächlich dem
Katasteramt empfohlen, damit dieses ihm Grund und Boden zuweist.«
    »Mein Vater,
Richter Rensi, hat das Katasteramt konsultiert«, gestand Nofret, die sich immer
größere Sorgen machte.
    »Hat es
womöglich einen Fehler begangen?«
    »Nein, Eure
Majestät.«
    Im Saal erhob
sich Murmeln.
    Zwei
Mitglieder des großen Rates erbaten vom König das Wort.
    »Den Fall
gibt es gar nicht«, erklärte der erste. »Ich halte das Vorgehen dieser jungen
Leute für grotesk. Ich habe den Eindruck, dass sie den Pharao nur von nahem
sehen wollten.«
    »Diese
Unverschämtheit muss bestraft werden«, befand der zweite. »Die junge Priesterin
soll als Einsiedlerin in eine ferne Provinz entsandt werden! Und der junge
Schreiber soll in den Süden zu Frondiensten geschickt werden!«
    Kamose
erbleichte. Er war gescheitert. Endgültig gescheitert.
    »Ihr habt
kein Recht, so zu sprechen!«, rief er wütend aus. »Alles, was Ihr sagt, ist
falsch. Meine Eltern sind reine, rechtschaffene Menschen. Ihr ganzes Leben lang
haben sie ihr Land bestellt. Der Pharao hatte versprochen, es ihnen zu
schenken. Und der Pharao hat sein Wort gebrochen, indem er es wieder an sich
nahm und es einem Barbaren schenkte, der meine Eltern wie Sklaven behandelt. So
sieht die Wahrheit aus! Eine Wahrheit, die Euch Schande machen sollte. Bestraft
mich, wenn Ihr wollt. Eure ungerechten Taten werdet Ihr damit nicht
auslöschen.«
    Nofret
schloss die Augen.
    Diesmal hatte
er den Pharao direkt angegriffen und sich selbst zum Tode verurteilt.
    Die
Mitglieder des großen Rates waren verstummt. Noch nie hatten sie derartige
Beleidigungen gegen den Herrscher vernommen. Die Entscheidung, die dieser nun
treffen musste, konnten sie nur gutheißen.
    Nur der Alte
schien dem sich vor seinen Augen abspielenden Drama gegenüber
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