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Die Braut des Nil

Die Braut des Nil

Titel: Die Braut des Nil
Autoren: Christian Jacq
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Er dämmerte eine ganze Weile vor sich
hin, bevor er zu sprechen anfing.
    »Ich glaube,
ich bin durchgefallen«, sagte er schließlich.
    »Dann wirst
du von neuem beginnen«, erwiderte der Alte. »Willst du dich an die Themen
erinnern, oder schläfst du lieber ein paar Stunden?«
    »Ich würde ebenso gern gleich
Bilanz ziehen. Eure Meinung wird meine Illusionen zerstören.«
    Kamose nutzte
sein außergewöhnliches Gedächtnis und durchlebte die Prüfung noch einmal in
Begleitung seines Lehrers. Er nannte ihm die Antworten, die er gegeben hatte.
    »Das ist
nicht gerade gut«, urteilte der Alte. »Zu viele dumme Fehler und zu viele
Lücken. Wenn du nicht vor der Jury brilliert hast, fürchte ich, dass es
schlecht ausgeht.«
    Kamose
blickte wie ein geprügelter Hund.
    »Ich fürchte, das Mündliche
war noch weniger gut als das Schriftliche.«
    »In diesem
Fall wirst du dich ohne Verzug an die Arbeit machen. Ich gewähre dir ein paar
Tage Ruhe für das schöne Talfest. Dann werde ich darüber wachen, dass du deine
Kenntnisse verbesserst. Ich war nicht streng genug mit dir.«
     
     
    Über eine
Woche würde die Bevölkerung nun feiern. Jeder freute sich über die lange
erwartete freie Zeit, denn das schöne Talfest gehörte zu den beliebtesten
Festlichkeiten.
    Das Fest
begann mit dem Heraustragen der heiligen Barke des Gottes Amun aus seinem
Heiligtum in Karnak. Ramses der Große leitete das Ritual. Wie gebannt schaute
ihm die Menge zu.
    In heiterer
Atmosphäre erfolgte die Nilüberquerung. Dann wandte sich der königliche Zug in
Richtung des Tempels von Deir el-Bahari, in dem der Pharao sich für die Dauer
des Festes aufhalten würde. Nach dem öffentlichen und fröhlichen Teil des
schönen Talfests folgte nun der Teil des Rituals, der von den Priester und
Priesterinnen hinter den Tempelmauern vollzogen wurde, verborgen vor den Augen
der Menschenmassen. Die Dienerinnen der Göttin Hathor waren besonders
glücklich, Ramses dem Großen Gastfreundschaft gewähren zu dürfen.
    Am letzten Tag
des Festes legte der Pharao einen weiß-goldenen Schurz an. Er schmückte sich
mit einer prachtvollen Krone, die die Hörner der Kuh, das Symbol der Göttin
Hathor, aufgerichtete Kobras, die ihn vor seinen Feinden schützen sollten, und
die aufgehende Sonne, die den Sieg des Lichts über die Dunkelheit bezeugte,
vereinte.
    Der Pharao
wurde von zwei Dienern begleitet, die einen Fächer und einen Sonnenschirm
trugen. Im Zentrum des Zuges, der hinter ihm schritt, erinnerte eine auf einer
Sänfte getragene Statue an die Vorfahren, die der Pharao nun ehren würde.
    Ramses der
Große besuchte alle Tempel der Millionen Jahre des Westufers. Er verweilte an
dem Ort, an dem sich den Annalen nach der Urhügel befand, der im Augenblick der
Erschaffung der Welt aus den Wassern aufgetaucht war.
    Als die Nacht
hereingebrochen war, fand die Prozession der Hathor-Priesterinnen statt. Hinter
der obersten Priesterin lief Nofret, die die heilige Flamme trug, an der die
Teilnehmer des nächtlichen Festes ihre Fackeln entzünden würden.
    Die Prozession
begab sich in das Gebiet der Gräber, dorthin, wo Könige und Königinnen, Adlige
und auch einfache Leute für alle Ewigkeit ruhten. Die Schönheit der
sternenklaren Nacht konnte Nofrets Angst nicht vertreiben. Ihr Vater hatte sie
mehrfach nach ihren neuen Vorsätzen gefragt. Nofret hatte ihr demütiges
Verhalten beibehalten und nur von ihren religiösen Bestrebungen gesprochen.
     
     
    Der Versuch,
den sie und Kamose wagen wollten, war riskant. Begingen sie nicht eine
Majestätsbeleidigung, wenn es ihnen nicht gelänge, den Pharao von der
Richtigkeit ihrer Sache zu überzeugen? Nofret hatte Angst, schaffte es aber,
die Selbstbeherrschung zu bewahren. Alle bewunderten ihr gewandtes Auftreten
und ihre Haltung.
    Am Eingang zu
dem wüstenartigen Tal, in dem die Adligen ruhten, warteten die Angehörigen
ihrer Familien mit Lampen in der Hand auf das Vorbeiziehen der Prozession.
Unter dem aufmerksamen Blick des Pharao entzündete Nofret die Lampen, die ins
Innere der Gräber gestellt wurden. Das Festmahl mit den Seelen der Verstorbenen
konnte nun beginnen.
    Einen solchen
Halt machte die Prozession vor jedem der wichtigsten Viertel der riesigen
Totenstadt. Dann begab sich der Pharao, nur noch begleitet von der
Lichtträgerin, zum Tal der Könige, wo die Leichname seiner ruhmreichen
Vorgänger residierten. Nachdem sie den Aufseher passiert hatten, der den Zugang
zu dem heiligen Ort überwachte, der ganz der Stille
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