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Die blutige Arena

Titel: Die blutige Arena
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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großen Wandspiegel und bückte sich dann, um glättend über die Waden zu streifen. Über die weißen Strümpfe kam ein zweites Paar aus rosa Seide, dann wählte Garabato unter den Schuhen, welche auf dem Koffer standen, ein Paar noch ungebrauchter, mit weißer Sohle aus. Nun begann erst die eigentliche Arbeit des Ankleidens. Der Diener reichte ihm die Hose aus brauner Seide, deren Nähte mit breiten Goldstreifen besetzt waren. Gallardo schlüpfte hinein und ließ die starken, mit Goldquasten durchwirkten Bänder, welche das Beinkleid unterhalb des Knies zusammenzogen, herabhängen. Diese Bänder, welche die Beine mit festem Druck umschlossen, hießen in der Torerosprache »Schrauben«. Gallardo sagte nun seinem Diener, ihn fest unterhalb der Knie zu drücken, während er gleichzeitig die Muskeln seiner Beine anspannte. Diese Probe war unerläßlich notwendig, denn ein Stierkämpfer muß die »Schrauben« straff anliegen haben. Garabato drehte die eingerollten Schnüre, welche unter der Hose verborgen blieben, geschickt und flink in engen Windungen um das Bein seines Herrn. Dieser nahm dann ein feines schmiegsames Hemd, das auf der Brust mit Spitzen besetzt war, entgegen. Nun schlang Garabato denKnoten der breiten Krawatte, die wie eine rote Schlange über die Brust lief, sie in zwei Hälften teilte und sich dann in dem Gürtel verlor. Jetzt kam das Schwerste der ganzen Toilette: die Schärpe, ein Seidenband von mehr als vier Meter Länge, welches die ganze Breite des Zimmers auszufüllen schien und das Garabato mit gewohnter Kunstfertigkeit durch seine Hände gleiten ließ.
    Der Stierkämpfer trat nun wieder zu seinen Freunden und steckte einen seiner Finger in den Gürtel. »Aufgepaßt!« sagte er zu seinem Helfer. Dann drehte er sich langsam um seine Achse und brachte so die Schärpe in regelmäßigen Windungen um die Hüften, während Garabato mit geschickten Handbewegungen nachhalf. Einmal legte sich die Schärpe doppelt auf, ein andermal war sie wieder offen und trotzdem schmiegte sie sich flüssig, wie aus einem Stück, ohne Falten an den Körper des Stierkämpfers. Während seiner Drehungen hielt Gallardo, der mit allem, was seine Person betraf, äußerst genau und schwer zu befriedigen war, manchmal inne, um zwei oder drei Windungen wieder aufzurollen und die Arbeit besser zu machen. »Es paßt mir nicht gut«, sagte er unwillig, »verdammt, gib doch acht!«
    Nach mehreren Unterbrechungen kam Gallardo endlich zum Ziel und trug das ganze Stück Seide um seine Hüften gerollt. Der Diener hatte überall Sicherheitsnadeln und Stecknadeln angebracht und so den Anschein erweckt, als ob die Kleidung seines Herrn nur aus einem Stück bestünde. Um sich ihrer zu entledigen, hätte der Stierkämpfer Scheren und die Hilfe fremder Hände gebraucht. Er mußte in seinen Hosen bleiben, bis er in das Hotel zurückkehrte,außer einer der Stiere riß sie ihm in der Arena herunter oder man zog sie ihm im Spital aus. Gallardo setzte sich wieder nieder und Garabato beschäftigte sich mit dem Haarzopf. Er machte die Haarnadeln los und flocht nun eine Schleife aus schwarzen Kokarden, welche an das alte Netz der früheren Stierkämpfer erinnerte, durch das Haar.
    Wie um den Augenblick zu verzögern, die letzte Hand an seine Toilette zu legen, dehnte und streckte sich der Torero, bat Garabato um die Zigarre, welche er auf das Nachttischchen gelegt hatte, fragte wie spät es sei, weil er behauptete, daß alle Uhren vorgingen. »Es ist noch immer Zeit, die anderen sind ja auch noch nicht zur Stelle. Ich will nicht so früh auf dem Platze sein, man wird ja nur von allen Seiten gestoßen, wenn man dort wartet.« Ein Kellner meldete, daß unten der Wagen mit der Cuadrilla, dem Gefolge des Stierkämpfers, warte. Nun war es Zeit, er hatte keine Ausrede mehr, den Aufbruch hinauszuschieben. Er legte die Weste über die Schärpe und schlüpfte in ein helles Jäckchen mit schwerer Stickerei, die wie der Schein der roten Glut leuchtete. Die braune Seide war nur auf der inneren Seite der Ärmel und dem Dreieck des Degengehänges sichtbar. Das ganze verschwand fast vollständig unter dem großen Mantel und der Goldstickerei, welche Blumen mit farbigen Steinen in ihren Kelchen vorstellte. Die Achselstücke waren aus schwerem Golde und trugen Troddeln aus gleichem Metall. Das Gold lief in Fransen aus, welche bei jedem Schritte zitterten. In der vergoldeten Öffnung der Tasche sah man das Seidenfutter im gleichen Rot der Schärpe und der Krawatte
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