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Die blutige Arena

Titel: Die blutige Arena
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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sagte mir, daß der Preis ...«
    In diesem Augenblick unterbrach der junge Mann, der zu Besuch gekommen war und mit Nachrichten dienen wollte, den Redeschwall des Doktors, um von einem schwarzbraunen Bullen zu sprechen, der ihm aufgefallen war und der sich, wie er hoffte, wacker halten würde. Die beiden Männer standen sich jetzt gegenüber, so daß es Gallardo für angezeigt hielt, sie einander vorzustellen. Doch wie hieß nur der Freund, den er duzte? Er zerbrach sich den Kopf und runzelte die Stirne, als er so vergeblich nachdachte. Allein sein Schwanken dauerte nicht lange.
    »Du, sag' mal, wie heißt du denn? Du weißt, bei soviel Leuten ...«
    Der junge Mann verbarg seine Enttäuschung, sich von dem Meister vergessen zu sehen, unter einer lächelndenZustimmung und nannte seinen Namen. Als Gallardo ihn hörte, da fühlte er die Vergangenheit vor seinen Blicken aufsteigen und er machte die Vergeßlichkeit dadurch gut, daß er hinzufügte: »Der reiche Bergwerksbesitzer aus Bilbao«. Hierauf stellte er den Doktor vor und die beiden Männer begannen, als ob sie sich schon ihr ganzes Leben kannten, in ihrer gemeinsamen Begeisterung von den Aussichten des heutigen Tages zu sprechen.
    »Setzen Sie sich doch!« sagte Gallardo und wies auf ein Sofa. »Lassen Sie sich in Ihrem Gespräch nicht stören, ich ziehe mich jetzt an. Ich glaube, unter Männern ...« Und er entledigte sich seines Anzuges und blieb in der Unterkleidung. Er setzte sich auf einen Sessel unter dem Bogen, der den Salon vom Schlafzimmer trennte, und überließ sich den Händen Garabatos, der einen Lederkoffer geöffnet hatte und ein Necessaire herauszog, das eher für eine Frau als für einen Stierkämpfer paßte. Da dieser immer sorgfältig rasiert war, ging der Diener mit der Geschicklichkeit eines Mannes, der ein solches Geschäft täglich vollführt, daran, ihm das Gesicht einzuseifen und das Messer über seine Wange zu führen. Sogleich nach dem Waschen setzte sich Gallardo wieder nieder. Der Diener befeuchtete sein Haar mit Brillantin und Essenzen und zog dann die Haarlocken über die Stirne und Schläfen. Dann kam das traditionelle Zeichen seines Berufes an die Reihe: der alte, ehrwürdige Zopf, den jeder Stierkämpfer trägt. Garabato kämmte mit einer gewissen Ehrfurcht die breite Haarflechte auf dem Hinterhaupt seines Herrn und befestigte sie mit zwei Haarnadeln am Kopf, wobei er sie mehr nach vorne legte. Nun bückte er sich zu den FüßenGallardos, zog dem Torero die Socken aus, so daß dieser in seinem Hemde und den seidenen Beinkleidern dasaß. Die starke Muskulatur des Stierfechters trat unter diesen dünnen Hüllen in kräftiger Schwellung hervor. Eine Vertiefung in einem Schenkel verriet die Narbe eines Hornstoßes. Unter der braunen Haut der Arme schimmerten weiße Flecken, es waren die Spuren überstandener Stöße. Die breite, unbehaarte Brust war von zwei unregelmäßigen, violetten Linien durchzogen, gleichfalls eine Erinnerung an blutige Ereignisse. Dieser Organismus des Kampfes und der Kraft hauchte den Geruch reinen und wilden Fleisches in einer seltsamen Vermischung mit Frauenparfüms aus. Garabato hatte inzwischen Watte und weiße Binden geholt und bückte sich zu den Füßen des Toreros nieder.
    »Genau so, wie bei den alten Gladiatoren«, sagte der Doktor Ruiz, der sein Gespräch mit dem Besuche Gallardos unterbrach. »Du bist ein ganzer Römer, Juan!«
    »Schon recht, alter Doktor«, erwiderte der Stierkämpfer mit einer gewissen Melancholie. »Man wird alt. Als ich außer mit Stieren noch mit dem Hunger kämpfte, da brauchte ich all das nicht und stand wie Eisen in der Arena.«
    Garabato steckte kleine Watteflocken zwischen die Zehen des Toreros. Dann bedeckte er die Sohlen und den Oberteil des Fußes mit der weißen Binde, zog sie zusammen und begann, sie in Spiralen aufzuwickeln, als ob er einen Verband anlegen wollte. Dann zog er Nähnadeln aus einem Kissen und vernähte sorgfältig die Enden der Rolle. Gallardo stampfte mit den Füßen, welche durch ihre weißen Binden stärker geworden zu sein schienen, aufden Boden. Er fühlte, wie sie trotz des Druckes der Umhüllung stark und beweglich waren. Der Diener legte ihm dann lange Strümpfe an, welche bis zur Mitte der Lenden reichten und stark und schmiegsam wie Gamaschen waren. Sie bildeten unter dem dünnen Galakleid aus Seide den einzigen Schutz für das Bein. »Paß auf die Falten auf, Garabato!« Bei diesen Worten warf der Torero einen prüfenden Blick in den
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